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Die 500 (German Edition)

Die 500 (German Edition)

Titel: Die 500 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Quirk
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Polizei rufen konnte. Ich hatte schließlich schon selbst miterlebt, wie ein paar Streifenpolizisten nach Henrys und Marcus’ Pfeife getanzt hatten. Was könnte ich denen schon sagen, ohne mich zum Volltrottel zu machen?
    Nein. Es ging ausschließlich um Schadensbegrenzung: Ich musste irgendwie zu verhindern versuchen, dass Irin an Haskins herankam, ohne dass ich meinen eigenen Kopf dafür hinhalten musste.
    Ich konnte nur hoffen, dass mir das gelang, ohne die ganze Sache noch schlimmer zu machen. Alles Mögliche konnte schiefgehen. Meine Bosse konnten hineingezogen werden, die Presse, die Justiz. Das Ausmaß der Katastrophen konnte ich mir gar nicht vorstellen.
    Irins Wagen hatte auf halber Strecke zwischen Upperville und Paris angehalten. Das Fadenkreuz verharrte mitten auf der Straße. Als ich mich dem Punkt näherte, sah ich nichts: keine Autos, keine Häuser, nur Wald und ein Schlagloch, das fast so groß wie mein Jeep war. Vielleicht hatte es das GPS-Gerät von Irins Wagen gerissen. Oder ich fuhr wieder in einen Hinterhalt. Egal, ich raste weiter Richtung Paris.
    Die Bezeichnung Stadt war etwas hoch gegriffen. Es handelte sich lediglich um ein gutes Dutzend Kolonialhäuser in einem flachen, auf die Blue Ridge Mountains zulaufenden Tal – was meine Chancen erhöhte, Irin und Haskins zu finden. Ich fuhr in der Stadt herum und suchte nach Irins Porsche. Ohne Erfolg. Nach einer halben Stunde hielt ich vor dem Red Barn Country Store. Ich war am Verhungern. Die Spezialität des Abends war eine Tasse bitterer Kaffee und ein Snickers. Nicht gerade das Inn. Ich wurde ein bisschen unleidlich, ärgerte mich über mich selbst und versuchte, meine Zweifel zu verscheuchen. Was zum Teufel wollte ich hier? Vielleicht war ich vor lauter Paranoia schon nicht mehr ganz richtig im Kopf.
    Das Quietschen der langen Spiralfeder unterbrach meine Selbstvorwürfe, die Fliegengittertür schwang auf, fiel wieder zu, und Malcolm Haskins stand im Laden. Er trug eine bequeme Jeans und ein Sweatshirt mit der Aufschrift Yale Law . Ich beobachtete sein Spiegelbild in den Glastüren der Kühlschränke, während er seine Einkäufe erledigte: eine Schachtel Schrotpatronen, Müllsäcke und eine Klappsäge, die man zum Stutzen von Bäumen benutzte. Die Frühjahrsjagd auf Truthähne war eröffnet, möglich, dass er sich für ein traditionelles Wochenende auf dem Land eindeckte. Trotzdem wirkte seine Einkaufsliste alles andere als beruhigend auf mich.
    Als er nach seiner Brieftasche griff, spannte sich an der Hüfte sein Sweatshirt. Im Hosenbund zeichneten sich die Umrisse eines Pistolenhalfters ab. Die Größe sah nach einer ziemlich schweren Waffe aus, Kaliber .40 vielleicht.
    Schlechte Nachrichten.
    Es war kein Problem, ihm zu folgen. Außerhalb des Ortes waren die Straßen schlecht beleuchtet und fast leer. Ich parkte gut hundert Meter von seinem Haus entfernt in einer Brandschneise, die von der Hauptstraße aus nicht zu sehen war. Keine Spur von Irin oder dem Porsche. Haskins’ Cottage lag auf einer Wiese am Fuß der Hügel.
    Ich ging parallel zur Hauptstraße durch den lichten Wald hinter seinem Haus. Hin und wieder konnte ich hineinsehen und etwas von der Inneneinrichtung erkennen. Mich zwischen den Bäumen versteckt zu halten erschien mir die angemessene Vorgehensweise – bis ich einen weißen Porsche vor dem Haus vorfahren sah. Wenn ich auf der Straße gewesen wäre, hätte ich sie vielleicht irgendwie erschrecken oder – scheiß auf die Folgen – mich zu erkennen geben und sie warnen können.
    Ich lief auf das Haus zu, aber es war schon zu spät. Irin öffnete die Haustür und war verschwunden.
    Ins Haus zu stürmen und »Vorsicht, Falle« zu rufen erschien mir, nun ja, ein wenig unbesonnen. Ich könnte Haskins mit ruhiger Stimme erklären, dass ich ihn verfolgte, aber nur weil meine lieben Kollegen versuchten, ihn zu erpressen, das höchste Gericht Amerikas zu korrumpieren und ihn möglicherweise zu töten. Ich täte ihm also einen Gefallen, ehrlich. Das käme wahrscheinlich mächtig gut an. Und dann müsste ich nur noch mit den Konsequenzen des Verrats an meinen Bossen und damit fertigwerden, was sie sich alles für Haskins ausgedacht hatten. Leichte Übung.
    Nein. Ich würde meinen Arsch nicht riskieren. Es musste einen anderen Weg geben. Wenn ich bloß die Party sprengen könnte, bevor meine Bosse herausfanden, was hier vor sich ging. Sie hatten Irin im Auge behalten wollen, aber ich konnte nirgendwo jemanden entdecken. Trotzdem

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