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Die 6. Geisel - Thriller

Titel: Die 6. Geisel - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Leere.
    »Lindsay?«
    »Ich habe mir überlegt, dass sie Paola wohl erschossen haben, weil sie eine Zeugin von Madisons Entführung war.«
    »Klingt logisch.«
    »Aber wenn Madison mit angesehen hat, wie Paola ermordet wurde … dann werden sie das Kind auch nicht lebend davonkommen lassen.«

Dritter Teil
    Die Abrechnung

49
    Cindy Thomas verließ ihre Wohnung im Blakely Arms, überquerte an der Ecke die Straße und machte sich auf den Weg zu ihrem Büro.
    Zwei Stockwerke über Cindys Apartment, in einer Wohnung, die zur Hofseite hin lag, hatte ein Mann namens Garry Tenning einen schlechten Morgen. Tenning packte die Ecken des Schreibtischs in seinem Arbeitszimmer und versuchte seine Wut hinunterzuschlucken. Unten im Innenhof, fünf Stockwerke tiefer, bellte ohne Unterlass ein Hund, und jedes schrille Kläffen bohrte sich wie ein Spieß in Tennings Trommelfelle.
    Er kannte den Hund.
    Es war Barnaby, ein Rat Terrier, und er gehörte Margery Glynn, einer primitiven, aschblonden alleinerziehenden Mutter eines grässlichen kleinen Balgs namens Oliver. Alle drei wohnten im Erdgeschoss und breiteten sich im Hof aus, als ob er ihnen allein gehörte.
    Erneut drückte sich Tenning das Ohropax tiefer in die Ohren, und immer noch konnte er Barnabys schrilles Waff-waff-waff durch die Wachspfropfen hindurch hören.
    Tenning rieb sich mit der flachen Hand über die Brust seines T-Shirts. Jetzt setzte das Kribbeln in seinen Lippen und Fingerspitzen ein, und sein Herz flatterte.
    Verdammt noch mal .
    Ein bisschen Ruhe - war das vielleicht zu viel verlangt?
    Über den Computerbildschirm vor ihm marschierten ordentliche Reihen von Buchstaben und Zahlen - das sechste Kapitel seines Buchs Die Abrechnung: Ein statistisches Kompendium des 20. Jahrhunderts.
    Das Buch war mehr als eine fixe Idee oder ein Steckenpferd. Die Abrechnung war sein Daseinszweck und sein Vermächtnis. Er hielt sogar die Absagebriefe der Verlage in Ehren, die sein
Buchprojekt abgelehnt hatten, und verzeichnete sie gewissenhaft in einer Kladde, während er die Originale in einem Ordner in seinem Tresor verwahrte.
    Er würde triumphieren, wenn Die Abrechnung schließlich erschiene, wenn es zum Standard-Nachschlagewerk für Forscher auf der ganzen Welt würde - und für viele künftige Generationen.
    Das würde ihm niemand wegnehmen können.
    Während Tenning seine ganze Willenskraft darauf richtete, Barnaby zum Schweigen zu bringen, glitt sein Blick über die Zahlenkolonnen - die tödlichen Blitzeinschläge seit 1900, die Schneehöhen in Vermont in Zoll, die beglaubigten Sichtungen von Kühen, die von Tornados in die Luft gerissen worden waren -, als ein Müllwagen mit Poltern und Getöse die Straße heraufkam.
    Er glaubte, sein verdammter Schädel müsse platzen.
    Und er war wirklich nicht verrückt.
    Er hatte eine vollkommen rationale Antwort auf diesen ungeheuren Angriff auf seine Sinne. Er hielt sich mit beiden Händen die Ohren zu, doch das Gequietsche und Gekreische, das Dröhnen und Wummern, drang immer noch durch - und es hatte Oliver geweckt!
    Das gottverdammte Baby.
    Wie oft war er schon von diesem Baby gestört worden?
    Wie oft hatte dieser Scheißköter ihn schon aus dem Konzept gebracht?
    Der Druck in Tennings Brust und Kopf stieg an. Wenn er nicht bald etwas unternahm , würde er explodieren.
    Garry Tenning hatte die Schnauze voll.

50
    Rasch, wenn auch mit zitternden Fingern, band Tenning seine ausgetretenen Adidas-Turnschuhe, trat hinaus in den Flur, schloss die Wohnungstür hinter sich ab und steckte seinen großen Schlüsselbund in die Tasche.
    Er nahm die Feuertreppe hinunter ins Untergeschoss - den Aufzug benutzte er nie.
    Unten ging er an der Waschküche und am Heizungskeller vorbei, wo der alte Heizkessel leise in seine Rohre hineinbrummelte und der verhasste neue Brenner mit unverbrauchtem Enthusiasmus vor sich hin dröhnte.
    An der Hohlblockwand lehnte ein etwa fünfundvierzig Zentimeter langes Eisenrohr mit einem verrosteten Kugelgelenk an einem Ende. Tenning hob es hoch, ließ das Kugelgelenk in die hohle Hand klatschen.
    Er wandte sich nach rechts, ging die Rampe hinunter, auf das blinkende EXIT-Schild zu, während Mordgedanken in seinem Kopf zündeten wie eine Kette von Feuerwerkskörpern.
    Der Riegel des Notausgangs gab unter dem Druck seines Unterarms nach. Eine Minute lang stand er da in der Sonne und orientierte sich. Dann bog er um die Ecke des Backsteinbaus und trat in den Innenhof, der nach dem Umbau mit Pflastersteinen ausgelegt

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