Die 7 Suenden
Mom nicht gekannt hat. Also, was, wenn da zwei junge Burschen vor der Tür stehen und behaupten, sie seien mit deinem eigenen Kind befreundet?«
»Das wäre überhaupt kein Problem«, fuhr Rich fort. »Die Lokalzeitungen bringen doch immer irgendwelche Geschichten über die Schulen und Colleges in der Umgebung: Tochter oder Sohn von Ehepaar X besucht College Y und hat den Preis Z gewonnen.«
Rich trommelte mit den Fingern auf seinem Schreibtisch, und ich legte das Kinn in die Hand. Anstatt kurz vor einem Durchbruch zu stehen, hatte ich viel eher das Gefühl, als hätten wir den Kreis der Verdächtigen gerade auf sämtliche Kalifornier
im College-Alter ausgedehnt, die an der Highschool Latein gehabt hatten... und sich außerdem aktiv für Raub, Folter, Brandstiftung und Mord interessierten.
Ich dachte an die unterschiedlichen Puzzleteile, die wir schon hatten. Die Vorsehung hieß die Taten der Killer gut, und Geld war die Wurzel allen Übels. Dann waren da der Science-Fiction-Roman »Fahrenheit 451« und jetzt ein Buch über einen hochrangigen Feuerwehrexperten, der Feuer legte. Bei seiner Festnahme hatte John Orr gesagt: »Ich war ein Idiot und habe getan, was Idioten tun.«
Diese Killer machten nicht die gleichen Fehler wie Orr.
Sie gaben sich alle Mühe zu demonstrieren, wie clever sie waren. War die Rettung Molly Chus ihr einer entscheidender Fehler gewesen?
Richs Telefon klingelte, und er drehte sich auf seinem Drehstuhl zur Wand. Mit gesenkter Stimme sagte er: »Wir sind dran, Kelly, auch jetzt gerade. Wir machen nichts anderes mehr. Ich verspreche dir, ich ruf dich an, sobald wir irgendwas wissen. Wir enttäuschen dich nicht.«
64
Yuki stand im Bio-Supermarkt sechs Querstraßen von ihrer Wohnung entfernt, betrachtete das Angebot, überlegte, ob sie sich zum Abendessen schnell etwas anbraten sollte, meinte sie, am Ende des Gangs ein bekanntes Gesicht entdeckt zu haben. Aber als sie noch einmal hinschaute, war es verschwunden. Jetzt halluziniere ich schon, dachte sie. So müde war sie, dass sie hinter jeder Ecke den Schwarzen Mann zu sehen glaubte. Sie legte einen Brokkolikopf in ihren Einkaufswagen und steuerte die Fleischabteilung an.
Dort entschied sie sich für eine Packung Tigerkrabben … und hatte schon wieder das Gefühl, als sei Jason Twilly nur wenige Meter von ihr entfernt.
Sie hob den Kopf.
Und da war er. Mit einem marineblauen Nadelstreifenanzug, einem rosa Hemd und einem breiten Grinsen, so stand er neben einem Stapel mit tiefgefrorenen Freiland-Puten. Twilly winkte ihr mit den Fingern zu, machte aber keine Anstalten, näher zu treten. Allerdings wandte er sich auch nicht ab. Er hatte weder Wagen noch Korb bei sich.
Der Drecksack wollte gar nichts einkaufen.
Er stellte ihr nach.
Yuki wurde von einer plötzlichen Wut erfasst, die größer und größer wurde, bis sie am Schluss nur noch einen einzigen Ausweg sah. Sie schob ihren Einkaufswagen an den Rand des Gangs und ging auf Twilly zu. Einen Meter von seinen robusten englischen Schuhen entfernt blieb sie stehen.
»Was machst du denn hier, Jason?«, sagte sie und reckte
den Hals, um direkt in dieses wahnhaft-gutaussehende Gesicht mit der Achthundert-Dollar-Brille und dem schiefen Lächeln zu blicken.
»Lass doch das Gemüse, wo es ist, Yuki«, sagte er. »Lass dich von mir zum Essen einladen. Ich werde mich benehmen, das verspreche ich. Aber ich würde einfach gerne das Missverständnis vom letzten Mal aus der Welt schaffen...«
»Ich möchte mich auf keinen Fall irgendwie missverständlich ausdrücken«, fiel Yuki ihm ins Wort. Sie sprach in kurzen, schnell hintereinander abgefeuerten Sätzen. »Fehler passieren nun mal. Kann sein, dass das Missverständnis meine Schuld war. Ich habe mich bereits dafür entschuldigt. Noch einmal: Es tut mir leid, dass es so gekommen ist. Aber du musst eines begreifen: Ich bin nicht interessiert, Jason, an niemandem. Für mich gibt es nur die Arbeit und nichts anderes. Ich bin nicht frei, okay? Also bitte, schleich mir nicht noch einmal nach.«
Jasons seltsam verdrehtes Lächeln wuchs sich zu einem vollwertigen Gelächter aus. »Hübsche Rede«, sagte er, klatschte in die Hände und spendete ihr einen übertrieben ironischen Beifall.
Yuki wich zurück, von Angst durchzuckt. Was war denn bloß los mit diesem Typen? Wozu war er denn noch imstande? Cindys warnende Worte fielen ihr wieder ein. Sie sollte sich vorsehen, was sie in Twillys Gegenwart sagte. Würde er mit seinem Buch über den Prozess
Weitere Kostenlose Bücher