Die 7 Suenden
mitgekriegt habe, dass du mich brauchst.«
»Jetzt bist du ja da.«
Ich klappte zusammen und durchnässte mit meinen Tränen sein Hemd, fühlte mich geborgen und war froh, dass Joe nichts Schlimmes passiert war und mir auch nicht. Ich kann mich nur vage daran erinnern, wie meine Freundinnen und mein Partner sich von mir verabschiedeten, aber ich weiß noch ganz genau, wie Chuck Hanni sagte, dass er sich, sobald es Tag geworden war, auf die Suche nach der Brandursache machen und sich das ganze Haus gründlich anschauen wollte.
Don Walker, der Hauptmann des San Francisco Fire Department, nahm seinen Helm ab, wischte sich mit dem Handschuh über die Stirn und sagte, dass Joe und ich jetzt gehen müssten, damit er das Haus sicher verschließen konnte.
»Nur noch eine Minute, Don, okay?«, sagte ich. Es war keine Frage.
Ich ging zum Schlafzimmerschrank und machte ihn auf. Dann stand ich wie betäubt davor, bis ich Joe in meinem Rücken sagen hörte: »Die Sachen kannst du nicht mehr anziehen, Schatz. Das ist alles kaputt. Du musst dich davon verabschieden.«
Ich drehte mich um und versuchte zu begreifen, dass alles vollkommen zerstört war... mein Himmelbett, die Fotoalben und auch meine geliebte Schachtel mit den Briefen, die meine Mutter mir von ihrem Sterbebett geschrieben hatte, da ich während des Studiums nicht mehr zu Hause gewohnt hatte.
Und dann konzentrierte ich mich und suchte jeden Quadratzentimeter Boden ab. Ich suchte nach etwas ganz Bestimmtem , nach einem Buch, das nicht mehr dort stand, wo es eigentlich hingehörte. Aber ich konnte nichts entdecken. Ich trat vor meine Kommode, zog an den Griffen der obersten Schublade, doch die verkohlten Holzgriffe zerbröckelten mir in den Händen.
Joe packte die Kommode mit beiden Händen, und das Holz brach knackend entzwei. Er wuchtete die Schublade auf. Ich durchwühlte meine Unterwäsche und hörte Joes geduldige Stimme hinter mir: »Süße, vergiss es. Du kriegst neue Sachen …«
Dann fand ich es.
Ich umschloss das violette, würfelförmige Kästchen mit der Hand, hielt es ins Licht und klappte es auf. Fünf Diamanten in einer Platinfassung blitzten mich an - der Ring, mit dem Joe erst vor wenigen Monaten um meine Hand angehalten hatte. Damals hatte ich gesagt, dass ich ihn liebte, dass ich aber noch Zeit brauchte. Jetzt klappte ich das Kästchen wieder zu und schaute in sein sorgenvolles Gesicht.
»Ich würde mir das am liebsten unters Kopfkissen legen - wenn ich bloß ein Kopfkissen hätte.«
Joe meinte: »Bei mir zu Hause gibt es massenhaft Kopfkissen, Blondie. Sogar eins für Martha.«
Captain Walker stand wartend in der Tür. Ich blickte mich noch ein letztes Mal um... Und dann sah ich das Buch auf dem kleinen Telefonschränkchen gleich hinter meiner Wohnungstür.
Dieses Buch hatte ich noch nie zuvor gesehen.
Dieses Buch gehörte nicht mir.
69
Geschockt und ungläubig starrte ich das zwanzig mal dreißig Zentimeter große Taschenbuch an. Es war tomatenrot mit sich kreuzenden, dünnen weißen Linien unterhalb des Titels. Der Titel lautete: Allgemeine Einführung in die Brand- und Explosionsursachenermittlung.
Ich fing an zu schreien: »Da liegt ein Beweisstück . Da liegt ein Beweisstück .«
Captain Walker war erschöpft, und außerdem hatte er Dienstschluss. Er sagte: »Der Brandursachenermittler kommt doch morgen früh wieder, Sarge. Ich mache die Wohnung mit Brettern dicht, sodass wirklich niemand rein kann, verstehen Sie das?«
»NEIN«, rief ich. »Ich will die Polizei ! Ich will, dass dieses Ding da noch heute Abend in die Asservatenkammer kommt!«
Ich ignorierte Walkers Seufzer ebenso wie Joes Hand an meinem Rücken. Ich griff nach meinem Handy, wählte Jacobis Nummer und wusste schon, dass ich, sollte er nicht rangehen, Clapper anrufen würde und anschließend Tracchio. Und falls ich Jacobi oder die Kriminaltechnik oder den Polizeichef nicht erreichen konnte, dann würde ich eben den Bürgermeister anrufen. Ich war hysterisch, und ich wusste es, aber in diesem Augenblick ließ ich mich von niemandem aufhalten und ließ mir auch nichts sagen.
»Boxer, bist du das?«, sagte Jacobi. Die Verbindung war schlecht, und seine Stimme war von Knistergeräuschen überlagert.
»Ich habe ein Buch in meiner Wohnung entdeckt«, brüllte ich ins Telefon. »Es ist sauber und nicht verbrannt. Vielleicht
sind ja Fingerabdrücke darauf. Ich will, dass die Spurensicherung es abholt, und ich will es nicht selber machen, nur für den Fall, dass
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