Die 7 Suenden
von der Sonne beschienen. Ihr Gesicht war verzerrt vor Ärger und Sorge.
»Ich bin Alicia Beam. Wer ist hier zuständig?«
»Ich bin Paul Arcario«, sagte der Sheriff und reichte ihr die Hand. »Wir haben telefoniert. Warum gehen wir nicht nach drinnen und unterhalten uns dort?«
Mrs. Beam schob ihn beiseite und trat an den Van. Conklin wollte sie mit ausgestrecktem Arm noch aufhalten, aber es war zu spät. Die Frau starrte auf das Bild, das sich ihr bot, schreckte zurück und fing an zu schreien. »Oh, mein Gott! Alan! Was ist denn passiert?«
Dann riss sie den Kopf herum und fixierte mich mit ihrem Blick.
»Wo ist Valerie? Wo ist meine Tochter ?«
Ich nannte ihr meinen Namen, sagte ihr, dass sie jetzt die Garage wieder verlassen müsse und dass ich sie begleiten würde. Sobald ich ihr die Hand auf den Rücken gelegt hatte, gehorchte sie, und wir gingen gemeinsam aus der Garage hinaus und zum Hauseingang.
»Meine Tochter verbringt dieses Wochenende bei ihrem Vater«, sagte sie.
Sie machte die Tür auf, und sobald sie die Schwelle überschritten hatte, riss sie sich von mir los, rannte durch das Haus und rief ununterbrochen den Namen ihrer Tochter.
»Valerie! Val . Wo bist du denn?«
Ich kam hinter ihr her, und sie unterbrach ihr Rufen und sagte: »Vielleicht hat Val ja bei einer Freundin übernachtet.«
Die blanke Hoffnung auf ihrem Gesicht machte mir das Herz schwer und nagte an meinem Gewissen. War das ihre Tochter, die da in dem Leichensack lag? Ich wusste es nicht, aber falls doch, dann war es nicht meine Aufgabe, ihr das zu sagen. Im Augenblick musste ich so viel wie möglich über Alan Beam erfahren.
»Lassen Sie uns ein paar Minuten reden«, sagte ich.
Wir setzten uns an einen Kiefernholztisch in der Küche, und Alicia Beam erzählte mir, dass ihre zwanzigjährige Ehe mit Alan vor einem Jahr geschieden worden war.
»Alan hat seit Jahren unter Depressionen gelitten«, sagte Alicia. »Er hatte das Gefühl, als hätte sein ganzes Leben sich immer nur ums Geld gedreht. Dass er seine Familie und Gott vernachlässigt hatte. Er wurde sehr fromm, sehr reumütig, und er hat gesagt, es sei nicht mehr genügend Zeit, um...«
Alicia Beam brach mitten im Satz ab. Ich folgte ihrem Blick bis zur Küchentheke, wo ein ungefaltetes Stück blaues Papier neben einem Briefumschlag lag.
»Vielleicht ist das da eine Nachricht von Val.«
Sie stand auf, ging zur Theke, griff nach dem Brief und fing an zu lesen.
»Liebe Val, mein Herzallerliebstes, bitte verzeih mir. Ich habe es einfach nicht mehr länger ertragen...«
Sie hob den Blick und sagte: »Das ist von Alan .«
Hanni streckte den Kopf zur Tür herein und bat mich, kurz zu ihm nach draußen zu kommen.
»Lindsay«, sagte er. »Eine Nachbarin hat eine Nachricht von Alan Beam auf dem Anrufbeantworter. Darin entschuldigt er sich und verabschiedet sich von ihr.«
So langsam dämmerte mir, wieso wir keinen lateinischen
Sinnspruch gefunden hatten. Keine Angelschnur. Und wieso die Opfer kein Ehepaar waren.
Pidge war gar nicht der Täter.
Pidge hatte nichts mit diesen beiden Toten zu tun. Damit war auch jede Hoffnung, ihm eine Falle stellen zu können, einen Hinweis auf seinen Aufenthaltsort zu entdecken, gestorben... genauso tot wie der Mann in dem Auto.
»Alan Beam hat Selbstmord begangen«, sagte ich.
Hanni nickte. »Bis wir uns sicher sind, gehen wir weiterhin von einem Tötungsdelikt aus, aber nach Angaben der Nachbarin hat Beam schon einmal versucht, sich das Leben zu nehmen. Sie hat gesagt, er hätte nicht mehr lange zu leben gehabt. Lungenkrebs.«
»Und darum hat er sich selbst an das Lenkrad gekettet und sich angezündet ?«
»Ich schätze, er wollte sichergehen, dass er es sich nicht wieder anders überlegen kann. Aber was immer ihn dazu bewogen haben mag...«, fuhr Hanni fort. »... für mich sieht es jedenfalls ganz danach aus, als hätte seine Tochter versucht, ihm das Leben zu retten. Aber sie hatte überhaupt keine Chance.
Sie ist durch die Rauchgase und die überhitzte Luft einfach ohnmächtig geworden.«
109
Als ich an diesem Abend nach Hause kam, gab es so vieles, was ich Joe erzählen musste, und ich hoffte, dass ich mich lange genug wach halten konnte. Er stand in der Küche und trug Turnhose und T-Shirt, als wollte er mit Martha joggen gehen. Er hielt ein Weinglas in der Hand, und der leckere Knoblauch- und Oreganoduft legte nahe, dass er sogar gekocht hatte.
Doch der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ mich erstarren, noch bevor ich
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