Die 7 Suenden
des Autors zu lesen.
Hans Vetter und Brett Atkinson.
Unter jedem Namen befand sich ein kleines Bild.
Hans Vetter war die Taube und Brett Atkinson der Falke.
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Am selben Tag um fünf saßen Conklin und ich wieder an unseren Schreibtischen im Bereitschaftsraum. Conklin klickte sich auf der Suche nach Atkinson und Vetter durch das Internet... Und ich konnte die Augen nicht von ihrem Roman lassen.
Ich war fasziniert.
Die Zeichnungen waren in schlichtem Schwarz-Weiß gehalten. Die Figuren besaßen riesige Augen und erinnerten an die gewalttätigen pornographischen Mangas aus Japan. Die scharfzüngigen Dialoge waren gespickt mit US-amerikanischem Slang und lateinischen Sprichworten. Und die Geschichte war zwar absolut durchgeknallt, aber irgendwie auch spannend.
In diesem Buch besaß »Pidge« sowohl das Hirn als auch die Muskeln. »Hawk« war der Träumer. Sie wurden als gerechte Rächer dargestellt, deren Mission darin bestand, Amerika von einer obszönen Fantasiewelt der Superreichen zu befreien. Das amerikanische »Schweinesystem« bezeichneten sie als das »Reich der Sieben Sünden« und schilderten es als niemals endende Spirale der Völlerei, der Selbstsucht und der Verschwendung. Die Lösung von Pidge und Hawk bestand darin, die Reichen und die besonders gierigen Emporkömmlinge umzubringen und ihnen zu zeigen, was wahrer Konsum war... nämlich die verzehrende Kraft des Feuers.
Pidge und Hawk waren ganz in Schwarz gekleidet: T-Shirts, Jeans, Reitstiefel sowie seidig glänzende, schwarze, hüftlange Jacken, auf deren Vorder- und Rückseite jeweils der Vogel abgebildet war, nach dem sie sich benannt hatten. Ihre Fingerspitzen versprühten Funken. Und ihr Motto lautete »Aut vincere aut mori«.
Entweder siegen oder sterben.
Hawk - der Mensch, nicht die Romanfigur - hatte beides geschafft.
Wahrscheinlich hatten sie niemals damit gerechnet, dass eines ihrer Opfer so lange überlebte, um ihre Pseudonyme preisgeben zu können.
Die Motive und die Methoden der Killer wurden in ihrem Buch ganz offen dargestellt, aber alles unter dem Deckmantel der Fiktion. Ich wurde fast verrückt vor Wut. Acht real existierende Menschen hatten nur wegen dieses arroganten Schwachsinns ihr Leben lassen müssen, und wir besaßen praktisch keine Beweise dafür, dass die real existierenden Hawk und Pidge diese Morde begangen hatten.
Ich schaute mir die Rückseite des Buches an, überflog die euphorischen Buchbesprechungen irgendwelcher Gesellschaftskritiker und angesehener Blogger. Dann sagte ich zu Rich: »Und weißt du, was das Kränkste überhaupt ist? Bright Line hat sich die Rechte an diesem Buch gesichert.«
»Hmmm?«, nuschelte Rich, der immer noch auf seiner Tastatur herumhackte.
»Bright Line ist ein Independent-Studio«, sagte ich. »Eines der besten überhaupt. Die wollen einen Film daraus machen!«
»Brett Atkinson«, erwiderte Rich, »studiert in Stanford englische Literatur. Hans Vetter ist ebenfalls in Stanford, bei den Computerwissenschaften. Sie wohnen beide noch bei ihren Eltern in Mountain View, ganz in der Nähe der Universität und nur zwei Querstraßen voneinander entfernt.«
Rich drehte seinen Computerbildschirm herum und sagte: »Schau dir mal das Bild aus Brett Atkinsons Jahrbuch an.«
Brett Atkinson war Hawk, der junge Mann, den Connor Campion erschossen hatte, der attraktive, blonde Junge mit den aristokratischen Zügen, den wir kurz vor seinem Tod im Krankenhaus gesehen hatten.
»Und das hier«, sagte Rich, »ist Pidge.«
Hand Vetter war ein gut aussehender, kräftiger Kerl, Illustrator und Student der Informationstechnologien, der sich in seiner Freizeit als Serienkiller betätigte.
»Dafür muss ich einen Haftbefehl bekommen«, krächzte ich. Dann räusperte ich mich und sagte: »Es ist mir egal, wen ich dafür anbetteln muss.«
Rich hatte noch nie so ernst ausgesehen wie jetzt.
»Absolut. Wir dürfen keinen Fehler machen.«
»Aut vincere aut mori«, sagte ich.
Rich lächelte und stieß seine geballte Faust über den Tisch hinweg gegen meine. Ich rief Jacobi an, und er rief Chief Tracchio an, der seinerseits einen Richter anrief, welcher wiederholt ausrief: »Sie wollen einen Haftbefehl auf der Grundlage eines Comics?«
Ich konnte kaum schlafen in dieser Nacht. Am nächsten Morgen traten Rich und ich mit den Sieben Sünden , den Tatortfotos aus dem Haus der Malones, der Meachams und der Jablonskys sowie den Aufnahmen der beiden Leichen von George und Nancy Chu vor den Richter. Ich
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