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Die Abenteuer der Silvester-Nacht

Die Abenteuer der Silvester-Nacht

Titel: Die Abenteuer der Silvester-Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. T. A. Hoffmann
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uns
    hinein, der, einen großen Präsentierteller hinhaltend, recht
    widrig rief: „Befehlen Sie?“ — In der Mitte der mit dampfen-
    dem Punsch gefüllten Gläser stand ein zierlich geschliffener
    Pokal, voll desselben Getränkes, wie es schien. Wie der unter
    die gewöhnlichen Gläser kam, weiß jener am besten, den ich
    allmählich kennen lerne; er macht, wie der Clemens im „Ok-
    tavian“ daherschreitend, mit einem Fuß einen angenehmen
    Schnörkel und liebt ungemein rote Mäntelchen und rote Fe-
    dern. Diesen fein geschliffenen und seltsam blinkenden Pokal
    nahm Julie und bot ihn mir dar, sprechend: „Nimmst du denn
    noch so gern wie sonst das Glas aus meiner Hand?“ — „Julia —
    Julia“, seufzte ich auf. Den Pokal erfassend, berührte ich ihre
    zarten Finger, elektrische Feuerstrahlen blitzten durch alle
    Pulse und Adern — ich trank und trank — es war mir, als
    knisterten und leckten kleine blaue Flämmchen um Glas und
    Lippe. Geleert war der Pokal, und ich weiß selbst nicht, wie es
    kam, daß ich in dem nur von einer Alabaster-Lampe erleuch-
    teten Kabinett auf der Ottomane saß — Julie — Julie neben
    mir, kindlich und fromm mich anblickend wie sonst. Berger
    war aufs neue am Flügel, er spielte das Andante aus Mozarts
    sublimer Es-dur-Sinfonie, und auf den Schwanenfittichen des
    Gesanges regte und erhob sich alle Liebe und Lust meines
    höchsten Sonnenlebens. — Ja, es war Julie — Julie selbst, engel-
    schön und mild — unser Gespräch, sehnsüchtige Liebesklage,
    mehr Blick als Wort, ihre Hand ruhte in der meinigen. —
    „Nun lasse ich dich nimmer, deine Liebe ist der Funke, der in
    mir glüht, höheres Leben in Kunst und Poesie entzündend —
    ohne dich — ohne deine Liebe alles tot und starr — aber bist
    du denn nicht auch gekommen, damit du mein bleibest im-
    merdar?“ — In dem Augenblick schwankte eine tölpische,
    spinnbeinichte Figur mit herausstehenden Froschaugen her-
    ein und rief, recht widrig kreischend und dämisch lachend:
    „Wo der Tausend ist denn meine Frau geblieben?“ Julie stand
    auf und sprach mit fremder Stimme: „Wollen wir nicht zur
    Gesellschaft gehen? mein Mann sucht mich. — Sie waren wie-
    der recht amüsant, mein Lieber, immer noch bei Laune wie
    vormals, menagieren Sie sich nur im Trinken“ — und der
    spinnenbeinichte Kleinmeister griff nach ihrer Hand; sie
    folgte ihm lachend in den Saal. — „Auf ewig verloren!“ schrie
    ich auf — „Ja, gewiß, Codille, Liebster!“ meckerte eine
    l’Hombre spielende Bestie. Hinaus — hinaus rannte ich in die
    stürmische Nacht. —
    2. Die Gesellschaft im Keller
    Unter den Linden auf und ab zu wandeln, mag sonst ganz
    angenehm sein, nur nicht in der Silvester-Nacht bei tüchti-
    gem Frost und Schneegestöber. Das fühlte ich Barköpfiger
    und Unbemäntelter doch zuletzt, als durch die Fieberglut Eis-
    schauer fuhren. Fort ging es über die Opernbrücke, bei dem
    Schlosse vorbei — ich bog ein, lief über die Schleusenbrücke
    bei der Münze vorüber. — Ich war in der Jägerstraße dicht
    am Thiermannschen Laden. Da brannten freundliche Lichter
    in den Zimmern; schon wollte ich hinein, weil zu sehr mich
    fror und ich nach einem tüchtigen Schluck starken Getränkes
    durstete; eben strömte eine Gesellschaft in heller Fröhlichkeit
    heraus. Sie sprachen von prächtigen Austern und dem guten
    Eilfer-Wein. „Recht hatte jener doch,“ rief einer von ihnen,
    wie ich beim Laternenschein bemerkte, ein stattlicher Ulanen-
    offizier, „recht hatte jener doch, der voriges Jahr in Mainz auf
    die verfluchten Kerle schimpfte, welche Anno 794 durchaus
    nicht mit dem Eilfer herausrücken wollten.“ — Alle lachten
    aus voller Kehle. Unwillkürlich war ich einige Schritte weiter
    gekommen, ich blieb vor einem Keller stehen, aus dem ein
    einsames Licht herausstrahlte. Fühlte sich der Shakespearsche
    Heinrich nicht einmal so ermattet und demütig, daß ihm die
    arme Kreatur Dünnbier in den Sinn kam? In der Tat, mir ge-
    schah gleiches, meine Zunge lechzte nach einer Flasche guten
    englischen Biers. Schnell fuhr ich in den Keller hinein. „Was
    beliebt?“ kam mir der Wirt, freundlich die Mütze rückend,
    entgegen. Ich forderte eine Flasche guten englischen Biers
    nebst einer tüchtigen Pfeife guten Tabaks und befand mich
    bald in solch einem sublimen Philistrismus, vor dem selbst
    der Teufel Respekt hatte und von mir abließ. — O Justizrat!
    hättest du mich gesehen, wie ich aus deinem hellen

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