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Die Abenteuer der Silvester-Nacht

Die Abenteuer der Silvester-Nacht

Titel: Die Abenteuer der Silvester-Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. T. A. Hoffmann
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faßte meine Hand
    und sprach, sie leise drückend: „Schlafen Sie ruhig, mein
    Herr, ich merke, daß wir Unglücksgefährten sind. — Sollten
    Sie auch? — Julia — Giulietta – Nun dem sei, wie ihm wolle,
    Sie üben eine unwiderstehliche Gewalt über mich aus — ich
    kann nicht anders, ich muß Ihnen mein tiefstes Geheimnis
    entdecken — dann hassen, dann verachten Sie mich.“ Mit
    diesen Worten stand der Kleine langsam auf, hüllte sich in
    einen weißen weiten Schlafrock und schlich leise und recht
    gespensterartig nach dem Spiegel, vor den er sich hinstellte.
    Ach! — rein und klar warf der Spiegel die beiden Lichter, die
    Gegenstände im Zimmer, mich selbst zurück, die Gestalt des
    Kleinen war nicht zu sehen im Spiegel, kein Strahl reflek-
    tierte sein dicht herangebogenes Gesicht. Er wandte sich zu
    mir, die tiefste Verzweiflung in den Mienen, er drückte meine
    Hände: „Sie kennen nun mein grenzenloses Elend,“ sprach er,
    „Schlemihl, die reine, gute Seele, ist beneidenswert gegen mich
    Verworfenen. Leichtsinnig verkaufte er seinen Schlagschatten,
    aber ich! — ich gab mein Spiegelbild ihr — ihr! — oh — oh —
    oh!“ — So tief aufstöhnend, die Hände vor die Augen gedrückt,
    wankte der Kleine nach dem Bette, in das er sich schnell warf.
    Erstarrt blieb ich stehen, Argwohn, Verachtung, Grauen, Teil-
    nahme, Mitleiden, ich weiß selbst nicht, was sich alles für und
    wider den Kleinen in meiner Brust regte. Der Kleine fing in-
    des bald an, so anmutig und melodiös zu schnarchen, daß ich
    der narkotischen Kraft dieser Töne nicht widerstehen konnte.
    Schnell verhing ich den Spiegel, löschte die Lichter aus, warf
    mich so wie der Kleine ins Bett und fiel bald in tiefen Schlaf.
    Es mochte wohl schon Morgen sein, als ein blendender Schim-
    mer mich weckte. Ich schlug die Augen auf und erblickte den
    Kleinen, der im weißen Schlafrock, die Nachtmütze auf dem
    Kopf, den Rücken mir zugewendet, am Tische saß und bei
    beiden angezündeten Lichtern emsig schrieb. Er sah recht
    spukhaft aus, mir wandelte ein Grauen an; der Traum erfaßte
    mich plötzlich und trug mich wieder zum Justizrat, wo ich
    neben Julien auf der Ottomane saß. Doch bald war es mir, als
    sei die ganze Gesellschaft eine spaßhafte Weihnachtsausstel-
    lung bei Fuchs, Weide, Schoch oder sonst, der Justizrat eine
    zierliche Figur von Dragant mit postpapiernem Jabot. Höher
    und höher wurden die Bäume und Rosenbüsche. Julie stand
    auf und reichte mir den kristallnen Pokal, aus dem blaue
    Flammen emporleckten. Da zog es mich am Arm, der Kleine
    stand hinter mir mit dem alten Gesicht und lispelte: „Trink
    nicht, trink nicht — sieh sie doch recht an! — hast du sie
    nicht schon gesehen auf den Warnungstafeln von Breughel,
    von Callot oder von Rembrandt?“ — Mir schauerte vor Ju-
    lien, denn freilich war sie in ihrem faltenreichen Gewande mit
    den bauschigen Ärmeln, in ihrem Haarschmuck so anzuse-
    hen, wie die von höllischen Untieren umgebenen lockenden
    Jungfrauen auf den Bildern jener Meister. „Warum fürchtest
    du dich denn,“ sprach Julie, „ich habe dich und dein Spiegel-
    bild doch ganz und gar.“ Ich ergriff den Pokal, aber der Kleine
    hüpfte wie ein Eichhörnchen auf meine Schultern und wehte
    mit dem Schweife in die Flammen, widrig quiekend: „Trink
    nicht — trink nicht.“ Doch nun wurden alle Zuckerfiguren
    der Ausstellung lebendig und bewegten komisch die Händ-
    chen und Füßchen, der dragantne Justizrat trippelte auf mich
    zu und rief mit einem ganz feinen Stimmchen: „Warum der
    ganze Rumor, mein Bester? warum der ganze Rumor? Stellen
    Sie sich doch nur auf Ihre lieben Füße, denn schon lange be-
    merke ich, daß Sie in den Lüften über Stühle und Tische weg-
    schreiten.“ Der Kleine war verschwunden, Julie hatte nicht
    mehr den Pokal in der Hand. „Warum wolltest du denn nicht
    trinken?“ sprach sie, „war denn die reine herrliche Flamme,
    die dir aus dem Pokal entgegenstrahlte, nicht der Kuß, wie du
    ihn einst von mir empfingst?“ Ich wollte sie an mich drücken,
    Schlemihl trat aber dazwischen, sprechend: „Das ist Mina, die
    den Raskal geheiratet.“ Er hatte einige Zuckerfiguren getreten,
    die ächzten sehr. — Aber bald vermehrten diese sich zu Hun-
    derten und Tausenden und trippelten um mich her und an
    mir herauf im bunten häßlichen Gewimmel und umsumm-
    ten mich wie ein Bienenschwarm. — Der dragantne Justizrat
    hatte sich bis zur Halsbinde heraufgeschwungen, die

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