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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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hab, und was den Spiegel und den Hutrechen betrifft, so hab ichs dem Hausherrn gesagt, daß wirs ihm zurückgeben wern, bis wir ausm Krieg nach Haus kommen. In den feindlichen Ländern gibts so viel Spiegel und Rechen, so daß wir in diesem Fall mitn Hausherrn keine Schwierigkeiten ham können. Gleich wie wir irgendeine Stadt erobern …«
    »Kuschen Sie, Schwejk«, rief der Oberleutnant mit entsetzlicher Stimme dazwischen, »ich werde Sie noch vors Feldgericht bringen. Überlegen Sie sichs gut, ob Sie nicht der allerblödeste Kerl auf der Welt sind. Mancher Mensch würde, wenn er tausend Jahre leben sollte, nicht so viele Blödheiten anstelln wie Sie in diesen paar Wochen. Ich hoffe, daß Sie das auch gemerkt haben?«
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, ich habs auch gemerkt. Ich hab, wie man sagt, ein entwickeltes Beobachtungstalent, wenns schon zu spät is und etwas Unangenehmes geschieht. |235| Ich hab so ein Pech, wie ein gewisser Nechleba aus der Nekázanka, der dort ins Gasthaus zur ›Hündin im Hain‹ gegangen is. Der wollt immer brav sein und von Samstag an ein neues Leben führen, und immer am nächsten Tag hat er gesagt: ›Gegen früh, Kameraden, hab ich euch bemerkt, daß ich auf einer Pritsche sitz.‹ Und immer hats ihn erwischt, wenn er sich vorgenommen hat, daß er ordentlich nach Haus gehn wird, und zum Schluß is herausgekommen, daß er irgendwo einen Zaun zerbrochen hat oder einem Droschkenkutscher ein Pferd ausgespannt hat oder sich die Pfeife mit einer Feder ausn Federbusch von einer Polizeipatrouille hat ausputzen wolln. Er war davon ganz verzweifelt, und am meisten hats ihm leid getan, daß dieses Pech ganze Generationen verfolgt hat. Sein Großvater is einmal auf die Wanderschaft gegangen …«
    »Geben Sie mir Ruh, Schwejk, mit Ihren Beispielen.«
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, daß alles, was ich hier erzähl, heilige Wahrheit is. Sein Großvater is auf die Wander …«
    »Schwejk«, rief der Oberleutnant erzürnt, »ich befehle Ihnen noch einmal, Sie solln mir nichts erzählen, ich will nichts hören! Bis wir nach Budweis kommen, werde ich mit Ihnen abrechnen. Wissen Sie, Schwejk, daß ich Sie einsperren laß?«
    »Melde gehorsamst, Herr Oberlajtnant, ich weiß es nicht«, sagte Schwejk weich, »Sie ham noch nichts davon erwähnt.«
    Dem Oberleutnant klapperten unwillkürlich die Zähne, er seufzte, zog aus dem Mantel die »Bohemia« heraus und las die Berichte über die großen Siege und über die Tätigkeit des deutschen Unterseebootes »E« im Mittelländischen Meer; als er bei der Nachricht über die neue deutsche Erfindung des In-die-Luft-Sprengens von Städten durch neuartige, aus Flugzeugen geschleuderte Bomben, die dreimal nacheinander explodieren, anlangte, wurde er durch Schwejks Stimme gestört, der zu dem kahlköpfigen Herrn sagte: »Entschuldigen, Euer Gnaden, sind Sie, bitte, nicht der Herr Purkrabek, Vertreter der Bank ›Slawia‹?«
    Als der kahlköpfige Herr nicht antwortete, sagte Schwejk zum Oberleutnant: »Melde gehorsamst, ich hab mal in der Zeitung |236| gelesen, daß ein normaler Mensch durchschnittlich sechzigtausend bis siebzigtausend Haare am Kopf ham soll und daß schwarzes Haar schütterer zu sein pflegt, wie in vielen Fällen zu sehn is.«
    Und er fuhr unerbittlich fort: »Dann hat mal ein Mediziner im Kaffeehaus ›Beim Schpirk‹ gesagt, daß Haarausfall von der seelischen Erregung im Wochenbett kommt.«
    Und jetzt ereignete sich etwas Entsetzliches. Der kahlköpfige Herr sprang auf Schwejk zu und brüllte ihn an: »Marsch, hinaus, Sie Schweinkerl«, stieß ihn auf den Gang und kehrte ins Kupee zurück, wo er dem Oberleutnant eine kleine Überraschung bereitete, indem er sich ihm vorstellte.
    Es lag ein unbedeutender Irrtum vor. Das kahlköpfige Individuum war nicht Herr Purkrabek, Vertreter der Bank »Sla wia «, sondern nur der Generalmajor von Schwarzburg. Der Generalmajor unternahm gerade in Zivil eine Inspektionsreise durch die Garnisonen und fuhr nach Budweis, um die dortige Garnison zu überraschen.
    Er war der schrecklichste Inspektionsgeneral, der jemals geboren worden war, und wenn er etwas in Unordnung vorfand, führte er bloß folgendes Gespräch mit dem Garnisonskommandanten: »Haben Sie einen Revolver?« – »Ja.« – »Gut! An Ihrer Stelle wüßte ich gewiß, was ich mit ihm zu tun hätte, denn was ich hier sehe, ist keine Garnison, sondern ein Schweinestall.«
    Und nach seiner Inspektionsreise pflegte sich tatsächlich ab und

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