Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
Vom Netzwerk:
mir nach.«
    Unaufhörlich jammernd, taumelte die Pejsler zum Tisch: »Jungfrau Maria aus Skotschitz, daß ich jemals meinen Fuß hier hereingesetzt hab.«
    Und vom Kreuz blickte auf sie das abgehärmte Antlitz Christi, die Kerzen qualmten, und das alles erschien der Pejsler wie etwas gespenstisch Überirdisches. Sie verlor jeden Halt, ihre Knie schlotterten, und ihre Hände bebten.
    Sie hob zwei Finger empor, und der Gendarmeriewachtmeister sagte ihr bedeutungsvoll und feierlich vor: »Ich schwöre Gott dem Allmächtigen und Ihnen, Herr Wachtmeister, daß ich von dem, was ich hier gehört und gesehn habe, niemandem bis zu meinem Tode auch nur ein Wort erwähnen werde, selbst wenn ich vielleicht von ihm gefragt werden sollte. Dazu verhelfe mir Gott.«
    »Küssen Sie noch das Kruzifix, Alte«, befahl der Wachtmeister, als die Pejsler unter entsetzlichem Schluchzen geschworen hatte und sich fromm bekreuzigte.
    »So, und jetzt tragen Sie das Kruzifix wieder hin, wo Sie sichs ausgeborgt haben, und sagen Sie, daß ichs zum Verhör gebraucht hab!«
    Die bestürzte Pejsler verließ mit dem Kruzifix auf den Fußspitzen das Zimmer, und durch das Fenster konnte man sehen, daß sie sich unaufhörlich nach der Gendarmeriestation umschaute, als wollte sie sich überzeugen, daß es nicht nur ein Traum war, sondern daß sie in der Tat just vor einigen Augenblicken etwas Furchtbares erlebt hatte.
    Der Wachtmeister überschrieb inzwischen seinen Rapport, den er in der Nacht mit Klecksen ergänzt hatte, die er dann samt den Schriftzügen ableckte, als wäre Marmelade auf dem Papier.
    Jetzt überarbeitete er ihn vollständig, und es fiel ihm dabei ein, daß er nach einem Punkt nicht gefragt hatte. Deshalb ließ er Schwejk rufen und fragte ihn: »Können Sie photographieren?«
    »Ja.«
    |287| »Und warum tragen Sie keinen Apparat mit?«
    »Weil ich keinen hab«, lautete die aufrichtige und klare Antwort.
    »Und wenn Sie einen hätten, würden Sie photographieren?« fragte der Wachtmeister.
    »Wenn das Wenn nicht wär«, antwortete Schwejk einfach und ertrug ruhig den fragenden Ausdruck im Gesicht des Wachtmeisters, dessen Kopf gerade wieder so zu schmerzen begonnen hatte, daß er keine andere Frage ersinnen konnte als folgende: »Fällt es Ihnen schwer, einen Bahnhof zu photographieren?«
    »Leichter als was andres«, antwortete Schwejk, »weil er sich nicht rührt und fort auf einem Fleck bleibt und man ihm nicht sagen muß, er soll freundlich schaun.«
    Der Wachtmeister konnte also seinen Rapport ergänzen: »Zu dem Bericht Nummer 2172 melde ich …«
    Und der Wachtmeister schrieb eifrig darauf los: »Unter anderem hat er bei meinem Kreuzverhör angegeben, er könne photographieren und photographiere am liebsten Bahnhöfe. Ein photographischer Apparat wurde zwar bei ihm nicht gefunden, aber es besteht die Vermutung, daß er ihn irgendwo versteckt hält und deshalb nicht mit sich trägt, um die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, wofür auch sein eigenes Geständnis spricht, daß er photographieren würde, wenn er den Apparat bei sich hätte.«
    Der Wachtmeister, dessen Kopf schwer war nach dem verflossenen Abend, verwickelte sich immer mehr und mehr in seinen Bericht über das Photographieren und schrieb weiter: »Sicher ist, daß ihn nach seinem eigenen Geständnis nur der Umstand, daß er keinen photographischen Apparat bei sich hat, daran gehindert hat, das Bahnhofsgebäude sowie überhaupt Orte von strategischer Wichtigkeit zu photographieren, und es steht unstreitbar fest, daß er es getan hätte, wenn er den betreffenden photographischen Apparat, den er versteckt hält, bei sich hätte. Nur dem Umstand, daß der photographische Apparat nicht bei der Hand war, ist es zu verdanken, daß bei ihm keine Photographien gefunden wurden.«
    |288| »Das genügt«, sagte der Wachtmeister und setzte seinen Namen darunter.
    Der Wachtmeister war vollkommen zufrieden mit seinem Werk und las es dem Postenführer voller Stolz vor.
    »Das ist mir gelungen«, sagte er ihm, »also sehn Sie, so schreibt man Berichte. Alles muß drinstehen. Ein Verhör, mein Lieber, das ist keine einfache Sache; Hauptsache ist, alles hübsch im Bericht zusammenstelln, damit sie dort oben davon ganz perplex sind. Führen Sie unsern Arrestanten vor, damit wir mit ihm fertig werden.«
    »Also der Herr Postenführer wird Sie jetzt nach Pisek aufs Bezirksgendarmeriekommando führen«, sagte er ernst zu Schwejk. »Nach Vorschrift solln Sie Spangen bekommen. Weil ich jedoch

Weitere Kostenlose Bücher