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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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hinzukommen, und daß es überdies zu schneien begonnen habe. Wenn sie um vier Uhr nachmittag in Pisek ankommen würden, sei dies immer noch früh genug. Sie hätten bis sechse Zeit. Da Winter sei, würden sie dann schon im Finstern gehen, wie das heutige Wetter zeige. Es sei überhaupt egal, ob man jetzt gehe oder erst später. Pisek könne ihnen nicht davonlaufen.
    »Sein wir froh, daß wir im Warmen sitzen«, war sein entschiedenes Wort, »in den Schützengräben machen sie in so einem Unwetter mehr durch als wir beim Ofen.«
    Der alte Kachelofen glühte vor Hitze, und der Postenführer stellte fest, daß man die äußere Wärme mit Hilfe verschiedener süßer und kräftiger Schnäpse, wie man in Galizien sagt, vorteilhaft durch eine innere ergänzen könne.
    Der Wirt in dieser Einöde hatte achterlei Sorten; er langweilte sich und trank mit bei den Tönen der Melusine, die hinter jedem Winkel des Hauses pfiff.
    |291| Der Postenführer forderte den Wirt unaufhörlich auf, mit ihm Schritt zu halten, beschuldigte ihn, zuwenig zu trinken, womit er ihm offensichtlich Unrecht tat, denn der konnte kaum mehr auf den Füßen stehen, wollte fortwährend Färbl spielen und behauptete, er habe in der Nacht im Osten Kanonendonner gehört, worauf der Postenführer schluchzte: »Nur das nicht, keine Panik nicht. Dazu sind die Instruktionen da.«
    Und er fing an zu erklären, Instruktionen seien eine Zusammenfassung unmittelbarer Verordnungen. Dabei verriet er einige Geheimreservate. Der Wirt begriff nichts mehr und raffte sich nur zu der Erklärung auf, daß man mit Instruktionen den Krieg nicht gewinnen werde.
    Es war bereits finster, als der Postenführer den Entschluß faßte, sich nun auf den Weg zu machen. Es schneite so, daß man keinen Schritt weit sehen konnte, und der Postenführer sagte ununterbrochen: »Immer der Nase nach nach Pisek.«
    Als er dies zum drittenmal sagte, klang seine Stimme nicht mehr auf der Straße, sondern irgendwo von unten her, wohin er den Hang entlang über den Schnee hinabgerutscht war. Mit Hilfe des Gewehrs kletterte er mühsam wieder auf die Straße. Schwejk hörte, daß er leise vor sich hin lachte: »Rutschbahn.« Kurz darauf hörte man ihn schon wieder nicht auf der Straße, denn er war abermals den Hang hinabgerutscht, wobei er so brüllte, daß er den Wind übertönte: »Ich fall, Panik!«
    Der Postenführer verwandelte sich in eine emsige Ameise, die, wenn sie irgendwo hinabfällt, wieder standhaft emporklettert.
    Fünfmal wiederholte der Postenführer den Ausflug von dem Hang, und als er wieder bei Schwejk anlangte, sagte er ratlos und verzweifelt: »Ich könnt Sie sehr leicht verlieren.«
    »Ham Sie keine Angst nicht, Herr Postenführer«, sagte Schwejk, »am besten wird sein, wenn wir uns zusammenkoppeln. So kann einer dem andern nicht verlorengehn. Ham Sie Spangen mit?«
    »Jeder Gendarm muß immer Spangen bei sich tragen«, sagte der Postenführer nachdrücklich, um Schwejk herumstolpernd, »das is unser tägliches Brot.«
    |292| »Also wern wir uns halt zusammkoppeln«, forderte Schwejk ihn auf, »versuchen Sies nur.«
    Mit einer meisterhaften Bewegung legte der Postenführer Schwejk die Spangen an und befestigte das andere Ende am Handgelenk seiner rechten Hand. So waren sie miteinander verbunden wie Zwillinge. Sie stolperten auf der Straße hin und her, konnten aber nicht voneinander. Der Postenführer zog Schwejk über Schotterhaufen, und als er umfiel, zog er Schwejk mit sich. Dabei schnitten die Spangen in ihre Hände; schließlich erklärte der Postenführer, daß das so nicht weitergehe, man werde die Spangen wieder abnehmen müssen. Nach langen, vergeblichen Anstrengungen, sich und Schwejk von den Spangen zu befreien, seufzte der Postenführer: »Wir sind für alle Ewigkeiten vereint.«
    »Amen«, fügte Schwejk hinzu und setzte den beschwerlichen Weg fort.
    Des Postenführers bemächtigte sich eine vollständige Depression, und als sie nach fürchterlichen Qualen spät am Abend in Pisek auf dem Gendarmeriekommando anlangten, sagte er auf der Stiege völlig zerknirscht zu Schwejk: »Jetzt wirds schrecklich sein. Wir können nicht auseinander.«
    Und es war wirklich schrecklich, als der Wachtmeister den Kommandanten der Station, Rittmeister König, holen ließ. Das erste Wort des Rittmeisters war: »Hauchen Sie mich an!«
    »Jetzt versteh ich«, sagte der Rittmeister, mit seinem scharfen, erprobten Geruchssinn die untrügliche Situation feststellend: »Rum, Kontuschowka,

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