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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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lächelnd aufs Bett und schlief wie ein Klotz.
    Gegen früh begann der Postenführer, der in dem Bett an der gegenüberliegenden Wand lag, so zu schnarchen und so durch die Nase zu pfeifen, daß Schwejk erwachte. Er stand auf, rüttelte den Postenführer und legte sich wieder hin. Da begannen bereits die Hähne zu krähen, und als die Sonne aufging, kam die alte Pejsler, die infolge des nächtlichen Hin- und Herlaufens ebenfalls länger geschlafen hatte, um Feuer zu machen. Sie fand die Tür offen und alles in tiefen Schlaf versunken. Die Petroleumlampe im Wachzimmer qualmte noch. Die alte Pejsler schlug Alarm und zog den Postenführer und Schwejk aus |282| den Betten. Dem Postenführer sagte sie: »Daß Sie sich nicht schämen, angezogen zu schlafen wie ein Rindvieh Gottes«, und Schwejk ermahnte sie, sich wenigstens das Hosentürl zuzumachen, wenn er eine Frau sähe.
    Zum Schluß forderte sie den verschlafenen Postenführer energisch auf, den Herrn Wachtmeister zu wecken, das sei keine Ordnung, so lange zu schlafen.
    »Da sind Sie in gute Hände gefalln«, brummte die Alte zu Schwejk gewendet, als sich der Postenführer entfernte, um den Wachtmeister zu wecken, »einer ein größerer Säufer als der andere. Die wern noch die Nase zwischen den Augen versaufen. Mir sind sie schons dritte Jahr fürs Aufräumen schuldig, und wenn ich sie mahn, sagt der Wachmajster immer: ›Schweigen Sie, Alte, oder ich laß Sie einsperren; wir wissen, daß Ihr Sohn ein Wilddieb ist und der Herrschaft Holz stiehlt.‹ Und so plag ich mich mit ihnen schons vierte Jahr.« Die Alte seufzte tief und brummte weiter: »Vor allem geben Sie sich acht vorm Wachmajster, der is so ein Glatter, und derweil is er ein Luder erster Klasse. Wo er einen hopnehmen und einsperren kann, tut ers.«
    Der Wachtmeister war sehr schwer zu erwecken. Dem Postenführer verursachte es große Schwierigkeiten, ihn zu überzeugen, daß es bereits früh sei.
    Endlich erwachte er, rieb sich die Augen und begann sich undeutlich an den gestrigen Abend zu erinnern. Plötzlich durchzuckte ihn ein furchtbarer Gedanke, dem er mit einem unsicheren Blick auf den Postenführer Ausdruck gab. »Er ist uns weggelaufen?«
    »Aber woher denn, er ist doch ein ehrlicher Mensch.«
    Der Postenführer fing an, im Zimmer auf und ab zu gehen, schaute aus dem Fenster, kehrte wieder zurück, riß ein Stück Papier von der am Tisch liegenden Zeitung ab und formte daraus zwischen den Fingern ein Papierkügelchen. Man merkte ihm an, daß er etwas sagen wollte.
    Der Wachtmeister blickte ihn unsicher an und sagte schließlich, um völlige Gewißheit über das zu gewinnen, was er nur ahnte: »Ich werde Ihnen helfen, Herr Postenführer. Ich hab gestern wieder was treiben und aufführen müssen, was?«
    |283| Der Postenführer schaute seinen Vorgesetzten vorwurfsvoll an. »Wenn Sie wüßten, Herr Wachmajster, was Sie gestern alles zusammgeredet ham, was Sie mit ihm für Reden geführt ham!«
    Zum Ohr des Wachtmeisters geneigt, flüsterte er: »Daß wir alle, Tschechen und Russen, slawischen Blutes sind, daß Nikolai Nikolajewitsch nächste Woche in Prerau sein wird, daß sich Österreich nicht halten kann – er soll, bis er weiter verhört wern wird, nur leugnen und Kraut und Rüben durcheinanderwerfen, er soll durchhalten bis zum Tag, wo ihn die Kosaken befreien, daß es jeden Augenblick aus den Fugen gehn muß, daß alles sein wird wie in den Hussitenkriegen, daß die Bauern mit Dreschflegeln nach Wien ziehn wern, daß der Kaiser ein kranker Greis is und über Nacht ins Gras beißen wird, daß Kaiser Wilhelm ein Tier is, daß Sie ihm ins Gefängnis Geld zum Zubessern schicken wern und noch mehr solcher Sachen …« Der Postenführer entfernte sich vom Wachtmeister. »An das alles erinner ich mich gut, weil ich anfangs nur wenig besoffen war. Dann hab ich mir auch einen Affen zugelegt, und weiter weiß ich nichts mehr.«
    Der Wachtmeister blickte den Postenführer an.
    »Und ich erinner mich wieder«, erklärte er, »daß Sie gesagt haben, daß wir auf Rußland zu kurz sind und daß Sie vor unserer Alten gebrüllt haben: ›Es lebe Rußland!‹«
    Der Postenführer begann nervös im Zimmer auf und ab zu gehen.
    »Sie habens gebrüllt wie ein Stier«, sagte der Wachtmeister, »dann haben Sie sich aufs Bett gewälzt und haben angefangen zu schnarchen.«
    Der Postenführer blieb beim Fenster stehen und sagte, während er darauf trommelte: »Sie ham sich vor unsrer Alten auch kein Blatt vorn Mund

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