Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Müller und Korporal Althof gehört, das das weitere Vorgehn bei Ausbildung der Landsturmmänner betraf. In diesem Gespräch wurden Worte laut, wie: ein paar Ohrfeigen. Ich dachte ursprünglich, daß es zwischen ihnen zu einem Streit gekommen sei, daß die deutsche militärische Einheit in Brüche gehe, aber ich irrte mich bedeutend. Es handelte sich wirklich nur um die Soldaten.
›Wenn so ein tschechisches Schwein‹, belehrte Korporal Althof, ›nicht einmal nach dreißig »Nieder« wie eine Kerze gradstehen lernt, genügt es nicht, ihm nur paar übers Maul zu geben. Versetz ihm mit einer Hand, mit der Faust eins in den Bauch, mit der andern schlag ihm die Kappe über die Ohren und sag: »Kehrt euch!«, und wie er sich umdreht, gibst du ihm einen Fußtritt in den Hintern, und du wirst sehn, wie er sich strecken und wie Fähnrich Dauerling lachen wird.‹
Jetzt muß ich Ihnen etwas über diesen Dauerling sagen, Kamerad«, fuhr der Einjährigfreiwillige fort, »von ihm sprechen die Rekruten der 11. Kompanie, wie eine verlassene Großmutter auf einer Farm in der Nähe der mexikanischen Grenze von einem mexikanischen Banditen faselt. Dauerling hat den Ruf eines Menschenfressers, eines Anthropophagen aus einem australischen Stamme, der die Angehörigen anderer Stämme auffrißt, die ihm in die Hände fallen. Sein Lebenslauf ist glänzend. Bald nach der Geburt ist das Kindermädchen mit ihm gefallen, und der kleine Konrad Dauerling hat sich das Köpfchen angeschlagen, so daß heute an seinem Kopf ein Plateau zu sehen ist, wie wenn ein Komet an den Nordpol stößt. Alle zweifelten daran, daß etwas aus ihm werden würde, falls er diese Gehirnerschütterung überleben sollte; nur sein Vater, der Oberst, verlor nicht die Hoffnung und behauptete, daß ihm dies in keiner Weise schaden könne. Sollte sich doch der kleine Dauerling im Falle seiner Genesung, wie sich dies von selbst verstand, dem Soldatenberuf widmen.
Der kleine Dauerling ist nach einem fürchterlichen Kampf |311| mit den vier Klassen der Unterrealschule, die er privat studierte, wobei einer seiner Hauslehrer vorzeitig ergraute und verblödete, während ein anderer aus Verzweiflung vom Stephansturm hinunterspringen wollte, in die Hainburger Kadettenschule gekommen. In der Kadettenschule wurde nie auf Vorbildung gesehen, denn die eignet sich meistens nicht für österreichische aktive Offiziere. Das militärische Ideal hat man immer im ›Sol datenspielen ‹ gesehen. Bildung wirkt auf die Veredlung der Seele, und das kann man beim Militär nicht brauchen. Je gröber die Offiziere sind, desto besser.
Dauerling zeichnete sich als Kadettenschüler nicht einmal in den Gegenständen aus, die jeder Schüler recht und schlecht beherrscht. Auch in der Kadettenschule merkte man die Spuren des Anpralls, den Dauerlings Köpfchen in der Jugend erlitten hatte.
Seine Antworten bei den Prüfungen sprachen deutlich von dem Unglück und zeichneten sich durch solche Dummheit aus, daß sie wegen ihrer tiefen Dummheit und Verworrenheit als klassisch angesehen wurden und die Professoren der Kadettenschule ihn nicht anders nannten als ›unser braver Trottel‹. Seine Dummheit war so blendend, daß sie zu der Hoffnung berechtigte, er werde vielleicht nach einigen Jahrzehnten in die Theresianische Offiziersakademie oder ins Kriegsministerium gelangen.
Als der Krieg ausbrach und alle jungen Kadetten zu Fähnrichen befördert wurden, stand auf der Liste der Hainburger Beförderten auch Konrad Dauerling, auf diese Weise kam er zum 91. Regiment.«
Der Einjährigfreiwillige seufzte auf und fuhr in seiner Erzählung fort: »Im Verlage des Kriegsministeriums ist ein Buch erschienen ›Drill oder Erziehung‹, in dem Dauerling gelesen hat, daß man auf die Soldaten mit Furcht einwirken muß. Dem Grad der Furcht entspreche der Erfolg der Übungen. Und in dieser Tätigkeit hatte er immer Erfolg. Um nicht sein Geschrei anhören zu müssen, meldeten sich die Soldaten in ganzen Zügen zur Marodenvisit, was jedoch nicht von Erfolg gekrönt war. Wer sich marod meldete, bekam drei Tage ›Verschärften‹. |312| Wissen Sie übrigens, was das ist, ›Verschärfter‹? Man jagt Sie den ganzen Tag auf dem Exerzierplatz umher, und über Nacht sperrt man Sie noch ein. So kam es, daß es bei der Kompanie Dauerlings keine Maroden gab. – Die ›Kompaniemaroden‹ saßen im Loch. Dauerling schlägt unausgesetzt auf dem Exerzierplatz jenen ungezwungenen Kasernenton an, der mit dem Worte ›Sau‹
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