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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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wenigstens zehnmal soviel wie die mit einem guten Ruf. Das is bloß eine ganz unbedeutende Kleinigkeit.«
    Auf dem Gang wurden schwere Tritte laut, der Schlüssel rasselte im Schloß, die Tür wurde weit geöffnet, und ein Polizist rief Schwejks Namen.
    »Entschuldigen Sie«, sagte Schwejk ritterlich, »ich bin hier |46| erst seit zwölf Uhr mittag, aber dieser Herr is schon seit sechs Uhr früh hier. Ich habs nicht so eilig.«
    Anstelle einer Antwort wurde Schwejk von der starken Hand des Schutzmannes auf den Gang gezogen, der ihn schweigend über die Treppe in den ersten Stock hinaufführte.
    Im zweiten Zimmer saß am Tisch der Polizeikommissär, ein dicker Herr von gutmütigem Äußeren, der zu Schwejk sagte: »Also Sie sind der Schwejk? Und wie sind Sie hergekommen?«
    »Auf die einfachste Art«, entgegnete Schwejk, »ich bin in Begleitung eines Polizisten gekommen, weil ich mir nicht hab gefalln lassen wolln, daß man mich ausm Irrenhaus ohne Mittagmahl herauswirft. Das kommt mir so vor, wie wenn man mich für ein Straßenmädl halten möcht.«
    »Wissen Sie was, Schwejk«, sagte der Herr Kommissär freundlich, »wozu solln wir uns hier in der Salmgasse mit Ihnen ärgern? Ist es nicht besser, wenn wir Sie auf die Polizeidirektion schicken?«
    »Sie sind, wie man zu sagen pflegt, Herr der Situation«, meinte Schwejk zufrieden, »jetzt gegen Abend auf die Polizeidirektion gehn, is ein ganz angenehmer kleiner Spaziergang.«
    »Das freut mich, daß wir uns geeinigt haben«, sagte der Polizeikommissär lustig, »ist es nicht besser, wenn wir uns verständigen, Schwejk?«
    »Ich berat mich auch mit jedem sehr gern«, erwiderte Schwejk, »glauben Sie mir, Herr Kommissär, ich wer Ihnen nie Ihre Güte vergessen.«
    Mit einer ehrerbietigen Verbeugung ging er mit dem Polizisten hinunter zur Wachstube, und eine Viertelstunde später konnte man an der Ecke der Gerstengasse und des Karlsplatzes Schwejk in Begleitung eines zweiten Polizisten sehen, der unter der Achsel ein umfangreiches Buch mit der deutschen Aufschrift »Arrestantenbuch« trug.
    An der Ecke der Brenntegasse stießen Schwejk und sein Begleiter auf eine Menschenmenge, die sich um ein Plakat drängte.
    »Das ist das Manifest Seiner Majestät des Kaisers über die Kriegserklärung«, sagte der Schutzmann zu Schwejk.
    |47| »Ich habs vorausgesagt«, sagte Schwejk, »aber im Irrenhaus wissen sie noch nichts davon, obzwar sies aus erster Hand haben sollten.«
    »Wie meinen Sie das?« fragte der Schutzmann Schwejk.
    »Weil dort viele Herren Offiziere eingesperrt sind«, erklärte Schwejk, und als sie auf eine neue Gruppe stießen, die sich vor dem Manifest drängte, schrie er laut: »Heil Kaiser Franz Josef! Diesen Krieg gewinnen wir!«
    Jemand aus der begeisterten Menge drückte ihm den Hut über die Ohren, und so trat der brave Soldat Schwejk, von einer Menschenmenge umringt, wiederum in das Tor der Polizeidirektion.
    »Wir gewinnen den Krieg ganz bestimmt, ich wiederhols nochmals, meine Herren!«, mit diesen Worten verabschiedete sich Schwejk von der Menge, die ihn begleitete.
    Und irgendwo in weiten Fernen der Geschichte senkte sich auf Europa die Wahrheit herab, daß das Morgen die Pläne der Gegenwart zunichte machen werde.

6
Schwejk kehrt nach Durchbrechung des Zauberkreises wieder nach Hause zurück
    Durch das Gebäude der Polizeidirektion wehte der Geist einer fremden Autorität, die das Maß der Begeisterung für den Krieg feststellte.
    Bis auf einzelne, die ihre Zugehörigkeit zu einer Nation, deren Söhne für völlig fremde Interessen verbluten sollten, nicht leugneten, stellte die Polizeidirektion die schönste Gruppe bürokratischer Raubtiere dar, deren ganzes Sinnen und Trachten sich auf Kerker und Galgen konzentriert, um die Existenz der gekrümmten Paragraphen zu wahren.
    Dabei behandelten sie ihre Opfer mit giftiger Freundlichkeit und erwogen vorher bedächtig jedes Wort.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte eines dieser schwarzgelbgestreiften |48| Raubtiere, als man ihm Schwejk vorführte, »daß Sie wieder in unsere Hände gefallen sind. Wir haben geglaubt, daß Sie sich bessern werden, aber wir haben uns getäuscht.«
    Schwejk nickte stumm mit dem Kopf und gebärdete sich so unschuldig, daß das schwarzgelbe Raubtier ihn fragend anblickte und mit Nachdruck sagte: »Machen Sie nicht so ein blödes Gesicht.«
    Er ging jedoch sofort zu einem liebenswürdigen Ton über und fuhr fort: »Für uns ist es gewiß sehr unangenehm, Sie in Haft zu halten, und

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