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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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man ihn vor dem Mittagessen entließ, kam es zu einem kleinen Auftritt.
    Schwejk erklärte, wenn man jemanden aus dem Irrenhaus hinauswerfe, dürfe man ihn nicht ohne Mittagessen hinauswerfen.
    Dem Auftritt machte der vom Pförtner herbeigeholte Schutzmann ein Ende, der Schwejk aufs Polizeikommissariat in die Salmgasse brachte.

5
Schwejk auf dem Polizeikommissariat in der Salmgasse
    Auf die schönen sonnigen Tage im Irrenhaus folgten für Schwejk Stunden voller Nachstellungen. Polizeiinspektor Braun arrangierte die Begegnungsszene mit Schwejk mit der Grausamkeit römischer Henkersknechte aus der Zeit des reizenden Kaisers Nero. Hart, wie damals, als man sagte: »Werft diesen Lumpen, den Christen, vor die Löwen«, sagte Inspektor Braun: »Steckt ihn hinters ›Katr‹!«
    Kein Wort mehr und kein Wort weniger. Nur die Augen des Herrn Polizeiinspektors Braun leuchteten dabei in einer sonderbaren perversen Wollust.
    Schwejk verneigte sich und sagte stolz: »Ich bin bereit, meine Herren. Ich denk, daß Katr dasselbe bedeutet wie Separation, und das is nicht das ärgste.«
    »Machen Sie sich hier nicht zu breit«, entgegnete der Polizist, worauf Schwejk sich vernehmen ließ: »Ich bin ganz bescheiden und dankbar für alles, was Sie für mich tun.«
    In der Separation auf der Pritsche saß ein melancholischer Mann. Er saß apathisch da, und seinem Äußeren merkte man an, daß er beim Kreischen der Schlüssel in der Tür der Separationszelle nicht daran glaubte, daß sich für ihn die Tür zur Freiheit öffnen könnte.
    »Kompliment, Euer Gnaden«, sagte Schwejk, während er sich zu ihm auf die Pritsche setzte, »wieviel Uhr kanns beiläufig sein?«
    |40| »Die Uhr ist nicht mein Herr«, entgegnete der melancholische Mann.
    »Hier is es nicht so übel«, fuhr Schwejk im Gespräch fort, »die Pritsche ist aus gehobeltem Holz.«
    Der ernste Mann antwortete nicht, stand auf und fing an, rasch in dem kleinen Raum zwischen Tür und Pritsche auf und ab zu gehen, als hätte er Eile, etwas zu retten.
    Schwejk betrachtete inzwischen mit Interesse die auf die Wände gekritzelten Inschriften. Da gab es eine Inschrift, in der ein unbekannter Arrestant einen Kampf mit der Polizei auf Leben und Tod gelobte. Der Text lautete: »Ihr werdet es euch auslöffeln.« Ein anderer Arrestant hatte geschrieben: »Steigt mir am Buckel, Hornochsen.« Ein anderer wiederum stellte einfach die Tatsache fest: »Ich bin hier am 5. Juni 1913 gesessen, und man ist anständig mit mir verfahren. Josef Maretschek, Kaufmann aus Wrschowitz.« Ferner gab es hier eine Inschrift, die durch ihre Tiefe erschütterte: »Gnade, großer Gott –« und darunter: »Leckts mich am A.« Der Buchstabe »A« war jedoch durchgestrichen, und an der Seite stand mit großen Buchstaben »Rockschoß«. Daneben hatte irgendeine poetische Seele Verse geschrieben: »Ich sitz traurig an dem Bache, am Himmel zeigt sich schon der Mond, und blicke auf die dunklen Berge, wo mein teures Schätzchen wohnt.«
    Der Mann, der zwischen Tür und Pritsche auf und ab lief, als wollte er den Marathonlauf gewinnen, blieb stehen, setzte sich abgehetzt wieder auf seinen alten Platz, legte das Haupt in die Hände und brüllte plötzlich auf: »Laßts mich heraus!
    Nein, sie lassen mich nicht frei«, redete er vor sich hin, »sie lassen mich nicht und nicht frei. Ich bin schon seit sechs Uhr früh hier.«
    Er bekam einen Anfall von Mitteilsamkeit, richtete sich auf und fragte Schwejk: »Haben Sie nicht zufällig einen Riemen bei sich, damit ich Schluß mache?«
    »Damit kann ich Ihnen herzlich gern dienen«, antwortete Schwejk, während er seinen Riemen abknöpfte, »ich hab noch nie gesehen, wie sich Leute in der Separation auf einem Riemen aufhängen.
    |41| Es is nur ärgerlich«, fuhr er fort, indem er umherblickte, »daß kein Haken hier is. Die Klinke am Fenster wird Sie nicht erhalten. Außer Sie hängen sich kniend an der Pritsche auf, wies der Mönch im Kloster in Emaus gemacht hat, der was sich wegen einer jungen Jüdin am Kruzifix aufgehängt hat. Ich hab Selbstmörder sehr gern, also nur lustig ans Werk.«
    Der düstere Mann, dem Schwejk den Riemen zusteckte, schaute den Riemen an, schleuderte ihn in einen Winkel und begann zu weinen, wobei er die Tränen mit den schwarzen Händen verschmierte und folgende Schreie aus sich hervorstieß: »Ich habe Kinderchen, ich bin hier wegen Trunkenheit und unsittlichem Lebenswandel. Jesusmaria, meine arme Frau, was wird man mir im Amt sagen? Ich habe

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