Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
herumgetrampelt bin. Und |419| nach dem allen stellt so ein Rotzbub von einem Auditor die Untersuchung mit uns ein. Das is, wie wenn er mir sagen möcht: ›Was fällt Ihnen ein, Sie und raufen.‹ Bis der Krieg vorbei sein wird und ich in Zivil sein wer, wer ich ihn, diesen Tagedieb, irgendwo finden, und dann wer ich ihm zeigen, ob ich mich raufen kann. Dann fahr ich her nach Királyhida und mach hier so ein Braigl, daß es die Welt nicht gesehn hat und daß sich die Leut in den Kellern verstecken wern, bis sie erfahren wern, daß ich mir diese Lausbuben in Királyhida anschaun gekommen bin, diese Lumpen, diese Rotzkerle.«
In der Kanzlei wurde alles ungemein schnell erledigt. Ein Feldwebel mit einem noch vom Mittagessen fetten Mund übergab Schwejk und Woditschka mit überaus ernstem Gesicht die Papiere und ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen, den beiden eine Rede zu halten, in der er an ihren militärischen Geist appellierte. Dabei flocht er, weil er ein Wasserpollacke war, verschiedene feine Ausdrücke seines Dialektes ein wie »marekwium«, »glupi rolmopsie«, »krajcova siedmina«, »swi nia porypana« und »dum warn banie na miesnjutsch wasche gsichty«.
Als Schwejk und Woditschka Abschied nahmen, weil jeder von ihnen zu seinem Truppenteil abgehen sollte, sagte Schwejk: »Bis der Krieg vorbei sein wird, so komm mich besuchen. Du findest mich jeden Abend ab sechs Uhr beim ›Kelch‹, Na Bojischti.«
»Freilich komm ich hin«, antwortete Woditschka, »gibts dort Unterhaltung?«
»Jeden Tag kommst dort zu was«, versprach Schwejk, »und wenns zu ruhig wär, so wern wir schon aufmischen.«
Sie trennten sich, und als sie bereits einige Schritte voneinander entfernt waren, rief der alte Sappeur Woditschka Schwejk nach: »Also schau aber bestimmt, daß du eine Unterhaltung zustand bringst, bis ich hinkomm!«
Worauf Schwejk zurückrief: »Komm aber bestimmt, bis der Krieg zu Ende is!«
Dann entfernten sie sich voneinander, und nach einer beträchtlichen Pause konnte man hinter der Ecke von der zweiten |420| Reihe der Baracken her abermals Woditschkas Stimme vernehmen: »Schwejk, Schwejk, was für Bier ham sie beim ›Kelch‹?«
Und wie ein Echo ertönte Schwejks Antwort: »Großpopo witzer .«
»Ich hab gedacht, Smíchover!« rief Sappeur Woditschka von weitem.
»Mädl gibts dort auch!« schrie Schwejk.
»Also nachm Krieg, um sechs Uhr abend!« schrie Woditschka von unten.
»Komm lieber um halb sieben, wenn ich mich irgendwo verspäten möcht«, antwortete Schwejk.
Dann ließ sich noch aus weiter Ferne Woditschka vernehmen: »Um sechs Uhr kannst du nicht kommen?«
»Also komm ich um sechs«, erreichte Woditschka die Antwort des sich entfernenden Kameraden.
Und so trennte sich denn der brave Soldat Schwejk vom alten Sappeur Woditschka. »Wenn Menschen auseinandergehn, so sagen sie auf Wiedersehn!«
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|421| Dritter Teil
Der glorreiche Zusammenbruch
1
Aus Brück an der Leitha nach Sokal
Oberleutnant Lukasch ging aufgeregt in der Kanzlei der 11. Marschkompanie auf und ab. Es war ein dunkles Loch in der Kompaniebaracke, vom Gang durch einen Bretterverschlag getrennt. Ein Tisch, zwei Stühle, eine Kanne mit Petroleum und eine Pritsche.
Vor ihm stand Rechnungsfeldwebel Wanĕk, der die Listen zur Löhnungsauszahlung zusammenstellte, die Rechnungen der Mannschaftsküche führte, kurz, der Finanzminister der ganzen Kompanie war. Er verbrachte den ganzen Tag in der Kanzlei und schlief auch in ihr.
Bei der Tür stand ein dicker Infanterist mit einem Bart wie Rübezahl. Es war Baloun, der neue Diener des Oberleutnants, in Zivil Müller irgendwo in der Nähe von Krumau.
»Sie haben mir wirklich einen ausgezeichneten Putzfleck ausgesucht«, sagte Oberleutnant Lukasch zum Rechnungsfeldwebel, »ich danke Ihnen herzlich für die angenehme Überraschung. Den ersten Tag schick ich ihn ums Mittagmahl in die Offiziersmenage, und er frißt mir die Hälfte auf.«
»Ich habs ausgegossen, bitte«, sagte der dicke Riese.
»Gut, du hasts ausgegossen. Du hast aber nur Suppe oder Soße ausgießen können und nicht Frankfurter Braten. Du hast mir doch nur so ein Stückchen gebracht, was hintern Nagel geht. Und wohin hast du den Strudl gegeben?«
»Ich hab …«
»Aber leugne nicht, du hast ihn aufgefressen.«
Oberleutnant Lukasch brachte die letzten Worte mit einem solchen Ernst und so strenger Stimme vor, daß Baloun unwillkürlich um zwei Schritte zurückwich.
|422| »Ich hab mich in der Küche
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