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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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geschlechtlichen Moral«.
    Er betrachtete hingegeben die naiven Zeichnungen der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane nebst dem dazu passenden Vers, den der Gelehrte Fr. S. Kraus in den Klosetts des Berliner Nordbahnhofs entdeckt hatte, und wendete deshalb seine Aufmerksamkeit nicht den Eintretenden zu.
    Er riß sich aus der Betrachtung der Reproduktionen erst los, als Woditschka hustete.
    »Was ist los?« fragte er weiterblätternd und die Fortsetzung der naiven Zeichnungen und Skizzen suchend. »Melde gehorsamst, Herr Auditor«, antwortete Schwejk, »Kamerad Woditschka hat sich verkühlt und hustet.«
    Erst jetzt schaute Auditor Ruller Schwejk und Woditschka an.
    |415| Er war bemüht, seinem Gesicht einen strengen Ausdruck zu geben.
    »Daß ihr endlich kommt, Kerle«, sagte er und wühlte in dem vor ihm liegenden Aktenstoß auf dem Tische, »ich hab euch auf neun Uhr vorladen lassen, und jetzt ist langsam elf.«
    »Wie stehst du denn, du Ochs?« fragte er Woditschka, der sich erlaubt hatte, »Ruht« zu stehen: »Bis ich sage, ›Ruht‹, kannst du mit den Haxen machen, was du willst.«
    »Melde gehorsamst, Herr Auditor«, ließ sich Schwejk vernehmen, »daß er Rheuma hat.«
    »Du halt lieber das Maul«, sagte Auditor Ruller. »Bis ich dich was fragen werde, dann kannst du erst antworten. Dreimal warst du mir beim Verhör, und nichts war aus dir herauszukriegen. Also werd ich eure Akten finden oder nicht? Hab ich aber mit euch Dreckkerlen eine Arbeit. Aber es wird sich euch nicht auszahlen, das Gericht überflüssig zu belästigen!
    Also da schaut her, ihr Heuochsen«, sagte er, als er aus dem Aktenstoß ein umfangreiches Schriftstück hervorzog, das die Aufschrift trug: »Schwejk und Woditschka«.
    »Denkt euch nicht, daß ihr euch wegen einer dummen Rauferei beim Divisionsgericht herumwälzen und euch von der Front drücken werdet. Wegen euch hab ich bis zum Armeegericht telefonieren müssen, ihr Trottel.«
    Er seufzte.
    »Stell dich nicht so ernst, Schwejk, es wird dir an der Front vergehn, dich mit Honvéds zu raufen«, fuhr er fort. »Die Untersuchung gegen euch beide wird eingestellt, und jeder von euch geht zu seinem Truppenteil, wo ihr beim Rapport bestraft werden werdet. Dann geht ihr mit der Marschkompanie an die Front. Wenn ich euch noch einmal in die Hand bekomm, ihr Fallotten, werde ich euch einheizen, daß ihr euch wundern werdet. Hier habt ihr den Entlassungsschein, und benehmt euch anständig. Führt sie ab auf Nummer 2.«
    »Melde gehorsamst, Herr Auditor«, sagte Schwejk, »daß wir uns beide Ihre Worte zu Herzen nehmen wern und daß wir Ihnen vielmals für Ihre Güte danken. Wenn ich in Zivil wär, möcht ich mir zu sagen erlauben, daß Sie ein goldener Mensch |416| sind. Und gleichzeitig müssen wir Sie beide vielmals um Verzeihung bitten, daß Sie sich ham so viel mit uns abgeben müssen. Wir verdienens wirklich nicht.«
    »Also scheren Sie sich schon zu allen Teufeln!« schrie der Herr Auditor Schwejk an, »wenn sich nicht Herr Oberst Schröder für euch beide eingesetzt hätte, so weiß ich nicht, wies mit euch ausgefalln wäre.«
    Woditschka fühlte sich erst wieder auf dem Gang, während sie mit der Patrouille in die Kanzlei Nummer 2 gingen, als der alte Woditschka.
    Der Soldat, der sie begleitete, hatte Angst, daß er zu spät zum Mittagessen kommen werde, und sagte deshalb: »Also bissel rascher, Burschen, ihr schleppt euch ja wie Läuse.«
    Da erklärte Woditschka, der Soldat solle die Kuschen nicht zu sehr aufreißen, er könne von Glück sagen, daß er ein Tscheche sei. Wenn er ein Magyar wäre, würde er, Woditschka, ihn zerreißen wie einen Hering.
    Da die Militärschreiber in den Kanzleien gerade Menage holen gegangen waren, war der Soldat, der die beiden begleitete, gezwungen, sie inzwischen in den Arrest des Divisionsgerichtes zurückzuführen, was seinerseits nicht ohne Flüche abging, die er an die verhaßte Rasse der Militärschreiber adressierte.
    »Die Kameraden wern mir wieder alles Fett von der Suppe abschöpfen«, grollte er tragisch, »und statt Fleisch wern sie mir nur Flaxen lassen. Gestern hab ich auch zwei ins Lager eskortiert, und jemand hat mir den halben Wecken aufgefressen, den sie für mich gefaßt ham.«
    »Ihr denkt hier beim Divisionsgericht halt an nichts als an Fressen«, sagte Woditschka, der schon ganz zu sich gekommen war.
    Als sie dem Einjährigfreiwilligen meldeten, wies mit ihnen ausgefallen war, rief dieser aus: »Also die Marschkompanie,

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