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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Oberleutnant Lukasch am Trittbrett der Lokomotive festhielt.
    In seinem bleichen Gesicht zeigte sich kein Zeichen von Wut. Es war etwas verzweifelt Hoffnungsloses.
    »Weiter, weiter, Schwejk, es ist schon egal, es ist schon gut …«
    »Wie ich sag«, erklang auf dem verlassenen Geleise die weiche Stimme Schwejks, »ich war auch dieser Meinung. Einmal hab ich mir so einen blutigen Roman von dem Rosza Sandor ausn Bakonyer Wald gekauft, und es hat dort der erste Teil gefehlt, so hab ichn Anfang erraten müssen, und nicht mal in so einer Räubergeschichte kommt man ohne den ersten Teil aus. So wars mir vollständig klar, daß es eigentlich überflüssig ist, wenn die Herren Offiziere anfangen täten, zuerst den zweiten |499| Teil zu lesen und dann den ersten, und wie dumm es ausschaun möcht, wenn ich beim Bataillon ausgerichtet hätt, was man mir in der Regimentskanzlei gesagt hat, daß die Herren Offiziere schon wissen,
welchen Teil
sie lesen solln. Mir is das mit diesen Büchern, Herr Oberlajtnant, überhaupt schrecklich komisch und rätselhaft vorgekommen. Ich hab gewußt, daß die Herren Offiziere überhaupt wenig lesen, und im Kampfgewühl …«
    »Lassen Sie sich schon Ihre Blödheiten, Schwejk«, stöhnte Oberleutnant Lukasch.
    »Ich hab Sie ja auch gleich per Telefon gefragt, Herr Oberlajtnant, ob Sie gleich beide Teile auf einmal wolln, und Sie ham mir gesagt, grad so wie jetzt, daß ich mir diese Blödheiten lassen soll, wer wird herich noch Bücher mitschleppen. Und da hab ich mir gedacht, daß, wenn das Ihre Meinung is, daß es auch die andern Herren so betrachten müssen. Ich hab unsern Wanĕk danach gefragt, der hat ja schon Erfahrungen von der Front. Er hat gesagt, daß zuerst jeder von den Herren Offizieren gedacht hat, daß der ganze Krieg nur ein kleiner Jux is und sich ins Feld eine ganze Bibliothek mitgeführt hat wie auf die Sommerfrische. Sie ham sogar ganze gesammelte Werke von verschiedenen Dichtern als Geschenk ins Feld bekommen, so daß sich die Putzflecke drunter gewunden und den Tag ihrer Geburt verflucht ham. Der Wanĕk hat gesagt, daß die Bücher überhaupt nicht zu brauchen waren, was das Rauchen anbetrifft, denn sie waren auf sehr feinem, dickem Papier, und daß man sich auf der Latrine mit solchen Gedichten, mit Verlaub, Herr Oberlajtnant, den ganzen Hintern abgeschunden hat. Zum Lesen war keine Zeit, weil man fort hat fliehn müssen, so hat mans weggeworfen, und dann wars schon so eine Gewohnheit, daß der Putzfleck, gleich wie die erste Kanonade zu hören war, alle Unterhaltungsbücher weggeworfen hat. Nach dem, was ich gehört hab, hab ich noch mal Ihre Meinung hören wolln, Herr Oberlajtnant, und wie ich Sie am Telefon gefragt hab, was mit diesen Büchern geschehn soll, so ham Sie gesagt, daß, wenn mir was in meinen blöden Schädel kriecht, ich so lange nicht ablaß, bis ich nicht eins übers Maul kriege. So |500| hab ich also, Herr Oberlajtnant, nur die
Ersten Teile
in die Bataillonskanzlei getragen, und den zweiten Teil hab ich derweil in unserer Kompaniekanzlei gelassen. Ich hab die gute Absicht gehabt, bis die Herren Offiziere den ersten Teil gelesen ham wern, daß man ihnen dann den zweiten Teil ausfolgt wie aus der Bibliothek, aber auf einmal is der Befehl gekommen, daß man fährt, und ein Telefonogramm ans ganze Bataillon, daß man alles Überflüssige in das Regimentsmagazin geben soll. So hab ich noch den Herrn Wanĕk gefragt, ob er den zweiten Teil von diesem Roman für was Überflüssiges hält, und er hat mir gesagt, daß man seit den traurigen Erfahrungen in Serbien, in Galizien und Ungarn keine Unterhaltungsbücher an die Front führt und daß die Kasteln in den Städten, wo man abgelegte Zeitungen für die Soldaten sammelt, das einzige Gute sind, weil sich in Zeitungen gut Tabak wickeln läßt oder Heu, was die Soldaten in den Deckungen rauchen. Aufn Bataillon hat man schon die ersten Teile von diesem Roman verteilt, und die zweiten Teile hamr ins Magazin getragen.«
    Schwejk verstummte und fügte sofort hinzu: »Dort gibt es Ihnen verschiedene Sachen in dem Magazin, Herr Oberlajtnant, sogar der Zylinder vom Budweiser Regenschori, wie er in ihm beim Regiment eingerückt is …«
    »Ich werde Ihnen was sagen, Schwejk«, erklärte Oberleutnant Lukasch mit einem tiefen Seufzer. »Sie sind sich der Tragweite Ihrer Handlung überhaupt nicht bewußt. Mir ist es selbst schon zuwider, Sie einen Blödian zu schimpfen. Für Ihre Blödheit gibt es überhaupt keine Worte.

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