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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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auf den steinigen Wegen in den Feldern täten uns die Pneumatiks platzen. Umkehren können wir ohnehin nicht, Herr General.«
    »Bzzz-dzum!« hört Biegler, und das Auto macht einen ungeheuren Sprung.
    |521| »Hab ich Ihnen nicht gesagt, Herr General«, brüllt der Chauffeur ins Sprachrohr, »daß das eine verflucht gut gebaute Straße ist? Jetzt ist gerade dicht vor uns ein Achtunddreißiger explodiert. Aber kein Loch, eine Straße wie eine Tenne. Aber in die Felder einbiegen, und die Pneumatiks sind hin. Jetzt beschießt man uns aus der Entfernung von vier Kilometern.«
    »Wohin fahren wir denn?«
    »Das wird sich zeigen«, antwortet der Chauffeur, »solange die Straße fortwährend so bleibt, garantiere ich für alles.«
    Ein Flug, ein ungeheurer Flug, und das Automobil hält.
    »Herr General«, schreit der Chauffeur, »haben Sie nicht die Generalstabskarte?«
    General Biegler zündet die elektrische Lampe an. Er sieht, daß er die Karte auf den Knien hat. Aber es ist jene des Helgoländer Strandes vom Jahre 1864 im österreichisch-preußischen Krieg gegen Dänemark um Schleswig.
    »Hier ist ein Kreuzweg«, sagt der Chauffeur, »beide Kreuzwege führen zu den feindlichen Positionen. Mir handelt sichs um eine ordentliche Straße, damit die Pneumatiks nicht leiden, Herr General. Ich bin verantwortlich für das Stabsautomobil.«
    Dann ein Knall, ein ohrenbetäubender Knall, und Sterne so groß wie Räder. Die Milchstraße ist dick wie Schmetten 3 .
    Er schwebt durch das Weltall auf dem Sitz neben dem Chauffeur. Das ganze Automobil ist dicht vor dem Sitz entzweigeschnitten wie mit einer Schere. Vom Automobil ist nur der kampflustige aggressive Vorderteil übriggeblieben.
    »Noch ein Glück«, sagt der Chauffeur, »daß Sie mir von rückwärts die Karte gezeigt haben. Sie sind zu mir herumgeflogen, und der andere Teil ist explodiert. Es war ein Zweiundvierziger. – Ich habs gleich geahnt, wie man zu einem Kreuzweg kommt, ist die Straße einen alten Dreck wert. Nach dem Achtunddreißiger hats nur ein Zweiundvierziger sein können. Etwas Größeres wird bisher nicht hergestellt, Herr General.«
    »Wohin lenken Sie nun?«
    |522| »Wir fliegen in den Himmel, Herr General, und müssen den Kometen ausweichen. Die sind ärger als ein Zweiundvierziger.
    Jetzt ist der Mars unter uns«, sagt der Chauffeur nach einer langen Pause. Biegler war wieder ruhig geworden.
    »Kennen Sie die Geschichte der Völkerschlacht bei Leipzig?« fragt er, »wie der Feldmarschall Fürst Schwarzenberg am 14. Oktober des Jahres 1813 auf Liebertwolkwitz marschierte und wie am 16. Oktober um Lindenau gekämpft wurde, kennen Sie die Schlachten des Generals Merweldt, und wie die österreichischen Truppen bereits in der Wachau waren und wie am 19. Oktober Leipzig gefallen ist?«
    »Herr General«, sagt in diesem Augenblick der Chauffeur ernst, »wir sind gerade vor dem Himmelstor, kriechen Sie heraus, Herr General! Wir können nicht durchs Himmelstor fahren, hier gibts ein großes Gedränge. Lauter Militär.«
    »Überfahr nur jemanden«, schreit er dem Chauffeur zu, »sie werden schon ausweichen.«
    Und während er sich aus dem Automobil neigt, schreit er: »Achtung, Ihr Schweinebande! Sind das Rindviecher, sie sehn den General und können nicht ›Rechts schaut!‹ machen.«
    Der Chauffeur beschwichtigte ihn hierauf ruhig: »Eine schwere Sache, Herr General, die Mehrzahl hat den Kopf abgeschlagen.«
    General Biegler bemerkte erst jetzt, daß die, welche sich vor dem Himmelstor drängten, die verschiedenartigsten Invaliden waren; sie hatten im Krieg irgendeinen Körperteil verloren und trugen im »Rucksack« Köpfe, Arme, Beine. Ein ehrlicher Artillerist, der sich in einem zerfetzten Mantel beim Himmelstor drängte, hatte seinen ganzen Bauch samt den unteren Extremitäten im Tornister zusammengelegt. Aus einem andern Tornister eines gerechten Landwehrmannes blickte General Biegler ein halber Hinterer an, den der Mann bei Lemberg verloren hatte.
    »Das ist von wegen der Ordnung«, ließ sich der Chauffeur abermals vernehmen, während er durch die dichte Menge fuhr, »das geschieht offenbar wegen der himmlischen Supravisite.«
    |523| Beim Himmelstor wurde man nur auf das Schlagwort »Für Gott und Kaiser« durchgelassen, das General Biegler sofort einfiel.
    Das Auto fuhr ins Paradies.
    »Herr General«, sagte ein Offiziers-Engel mit Flügeln, als sie an der Kaserne mit Rekruten-Engeln vorüberfuhren, »Sie müssen sich auf dem Hauptkommando melden.«
    Sie

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