Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
fuhren weiter an einem Exerzierplatz vorbei, wo es von Rekruten-Engeln nur so wimmelte, die »Halleluja« rufen lernten.
Sie fuhren an einer Gruppe vorbei, wo gerade ein rothaariger Korporal-Engel einen ungeschickten Rekruten-Engel in der Parade hatte, ihn mit den Fäusten in den Bauch schlug und ihn anbrüllte: »Sperr deine Kuschen besser auf, Sau, bethlehemitische. So ruft man ›Halleluja‹?! Hast du denn einen Knödel im Maul? – Ich möcht gern wissen, welcher Ochs dich ins Paradies hereingelassen hat, du Rindvieh. Probiers noch einmal – Hlahlehluhja? Was, du Bestie, noch hier im Paradies wirst du uns schnaufeln. – Probiers noch einmal, du Zeder vom Libanon.«
Sie fuhren weiter, und hinter ihnen konnte man noch lange den schnaufelnden Engel-Rekruten ängstlich »Hla-hle-hlu- hja « brüllen und den Engel-Korporal schreien hören: »A-le- lu-ja , a-le-lu-ja, du Jordan-Kuh, du!«
Hierauf ein ungeheurer Lichtreflex über einem Gebäude, das so groß war wie die Marienkaserne in Budweis, und darüber zwei Aeroplane, einer auf der linken, der zweite auf der rechten Seite, und in der Mitte zwischen ihnen eine riesengroße Leinwand gespannt mit der ungeheuren Aufschrift:
»K. U. K. GOTTES HAUPTQUARTIER«
Zwei Engel in der Uniform von Feldgendarmen rissen General Biegler aus dem Automobil, packten ihn beim Kragen und führten ihn in das Gebäude hinauf in den ersten Stock.
»Benehmen Sie sich anständig vor dem lieben Gott«, sagten sie ihm noch oben vor der Tür und schoben ihn hinein.
|524| In der Mitte des Zimmers, in dem an den Wänden Photographien Franz Josephs und Wilhelms, des Thronfolgers Karl Franz Ferdinand, General Viktor Dankls, Erzherzog Friedrichs und Conrad von Hötzendorffs, des Generalstabchefs, hingen, stand der liebe Gott.
»Kadett Biegler«, sagte Gott nachdrücklich, »Sie erkennen mich nicht? Ich bin Ihr gewesener Hauptmann Sagner von der 11. Marschkompanie.«
Biegler erstarrte.
»Kadett Biegler«, ließ sich der liebe Gott abermals vernehmen, »mit welchem Recht haben Sie sich den Titel Generalmajor angeeignet? Mit welchem Recht sind Sie, Kadett Biegler, im Stabsautomobil zwischen feindlichen Positionen über die Straße gefahren?«
»Melde gehorsamst …«
»Halten Sies Maul, Kadett Biegler, wenn der liebe Gott mit Ihnen spricht.«
»Melde gehorsamst«, klapperte Biegler noch einmal.
»So, Sie werden also nicht das Maul halten?« schrie der liebe Gott ihn an, öffnete die Tür und rief: »Zwei Engel her!«
Zwei Engel mit über den linken Flügel gehängten Gewehren traten ein. Biegler erkannte in ihnen Matuschitz und Batzer.
Und aus dem Munde Gottes tönte eine Stimme: »Werft ihn in die Latrine!«
Kadett Biegler fiel irgendwohin in einen schrecklichen Gestank …
Dem schlafenden Kadetten Biegler gegenüber saßen Matuschitz und Hauptmann Sagners Putzfleck Batzer und spielten ununterbrochen »Sechsundsechzig«. »Stinkt awer da Kerl wie a Stockfisch«, bemerkte Batzer, der mit Interesse beobachtete, wie sich der schlafende Kadett Biegler bedenklich krümmte, »muß d’ Hosen voll ham.«
»Das kann jedem passieren«, sagte Matuschitz philosophisch, »laß ihn in Ruh, überziehn wirst du ihn eh nicht. Teil lieber die Karten.«
|525| Über Budapest sah man bereits einen Lichtschein, und über der Donau sprang ein Reflektor hin und her.
Kadett Biegler träumte schon wieder etwas anderes, denn er sprach aus dem Schlaf: »Sagen Sie meiner tapferen Armee, daß sie sich in meinem Herzen ein unvergängliches Denkmal der Liebe und Dankbarkeit errichtet hat.«
Weil er sich bei diesen Worten abermals umzudrehen begann, duftete es Batzer intensiv unter der Nase, so daß er ausspuckend bemerkte: »Stinkt wie a Haislputza, wie a beschissener Haislputza.«
Und Kadett Biegler krümmte sich immer unruhiger und unruhiger, und sein neuer Traum war sehr phantastisch. Er verteidigte Linz im österreichischen Erbfolgekrieg.
Er sah Redouten, Retranchements und Palisaden rings um die Stadt. Sein Hauptquartier verwandelte sich in ein ungeheures Krankenhaus. Überall wälzten sich Kranke herum und hielten sich den Bauch. Unter den Palisaden der Stadt Linz ritten die französischen Dragoner Napoleons I.
Und er, der Stadtkommandant, stand über dieser Menschenmenge und hielt sich ebenfalls den Bauch und schrie irgendeinem französischen Parlamentär zu: »Richten Sie Ihrem Kaiser aus, daß ich mich nicht ergebe …«
Dann war es, als fielen diese Bauchschmerzen plötzlich von ihm ab; er
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