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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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hatten beide an irgendwelchen Manövern in Südtirol teilgenommen.
    »Das wird ne hübsche Schinderei sein, auf diese Berg zu klettern«, sagte Batzer, »Hauptmann Sagner hat einen ganzen Berg Koffer. Ich bin zwar ausm Gebirg, abers is ganz was andres, wenn man die Flint untern Rock nimmt und sichn Hasen in der Schwarzenbergschen Herrschaft aussuchen geht.«
    »Das heißt, wenn wir nach Italien hinunterdirigiert wern. Mir wärs auch nicht recht, auf den Bergen und Gletschern mit Befehlen herumzusausen. Dann das Fressen dort unten, lauter Polenta und Öl«, sagte Matuschitz traurig.
    »Und warum solltens nicht grad uns ins Gebirg schicken«, geriet Batzer in Erregung, »unser Regiment war schon in Serbien, |546| in den Karpaten, i hab mi scho mitn Koffern vom Herrn Hauptmann in die Berg rumgeschleppt, zwoamol hab ichs scho verloren; amol in Serbien, das zweitemol in den Karpaten, in so ner Schlamastik, unds kann san, daß dasselbe zum drittenmal a auf der italienischen Grenze auf mi wartet – und was den Fraß dort unten anbelangt«, er spuckte aus und rückte zutraulich zu Matuschitz. »Weißt, bei uns in Bergreichenstein mach mr so kleine Teigknödel aus rohen Erdäpfeln, die kocht man, dann wickelt mans in Ei, bestreuts hübsch mit Semmeln und bäckts auf Speck aus.« Das Wort Speck sagte er mit geheimnisvoll feierlicher Stimme.
    »Und am besten sans mit Sauerkraut«, fügte er melancholisch hinzu, »da müssen sich die Makkaroni verstecken.«
    Damit endete auch hier das Gespräch über Italien.
    Da der Zug bereits zwei Stunden auf dem Bahnhof stand, herrschte in den übrigen Waggons eine Stimme: Der Zug werde wahrscheinlich umdirigiert und nach Italien geschickt werden.
    Dafür sprach auch der Umstand, daß inzwischen mit dem Transport sonderbare Dinge geschahen. Man jagte wieder alle Mann aus den Waggons, die Sanitätsinspektion kam mit der Desinfektionsabteilung und besprengte alle Waggons hübsch mit Lysol, was hauptsächlich in den Waggons, wo man Kommißbrotvorräte mitführte, sehr mißfällig aufgenommen wurde.
    Aber Befehl ist Befehl, die Sanitätskommission hatte den Befehl erteilt, alle Waggons des Transports Nr. 728 zu desinfizieren, deshalb bespritzte man die Kommißbrothaufen und Reissäcke ganz ruhig mit Lysol. Daran konnte man wohl merken, daß etwas Besonderes vor sich ging.
    Dann jagte man wieder alles in die Waggons, und nach einer halben Stunde jagte man wieder alle heraus, weil ein General kam, um den Transport zu besichtigen. Er war so alt, daß Schwejk sofort eine ganz natürliche Bezeichnung für den alten Herrn einfiel. Hinter der Front stehend, bemerkte Schwejk zu Feldwebel Wanĕk: »Das ist aber ein Krepierl!«
    Und der alte General ging, von Hauptmann Sagner begleitet, vor der Front auf und ab, blieb vor einem jungen Soldaten stehen und fragte ihn, gewissermaßen um die ganze Mannschaft |547| zu begeistern, woher er sei, wie alt er sei und ob er eine Uhr habe. Der Soldat besaß zwar eine Uhr, aber weil er dachte, daß er von dem alten Herrn noch eine bekommen werde, sagte er, daß er keine habe, worauf der greise Krepierl-General mit einem so idiotischen Lächeln, wie es Kaiser Franz Joseph zu haben pflegte, wenn er irgendwo in einer Stadt den Bürgermeister ansprach, meinte: »Das ist gut, das ist gut.« Dann wandte er sich an den danebenstehenden Korporal und beehrte ihn mit der Frage, ob seine Gattin gesund sei.
    »Melde gehorsamst«, brüllte der Korporal, »daß ich nicht verheiratet bin«, worauf der General mit seinem herablassenden Lächeln wiederum sein »Das ist gut, das ist gut« sagte.
    Dann forderte der General in greisenhafter Kindlichkeit Hauptmann Sagner auf, ihm vorzuführen, wie sich die Mannschaft selbst in Doppelreihen abzählt, und einen Augenblick später ertönte es schon: »Erster-zweiter, erster-zweiter, ersterzweiter!«
    Das hatte der alte General-Krepierl sehr gern. Er hatte sogar zu Hause zwei Burschen, die er vor sich aufzustellen pflegte und zählen ließ: »Erster-zweiter, erster-zweiter.«
    Solcher Generale gabs in Österreich eine Menge.
    Als die Inspektion glücklich vorüber war, wobei es der General Hauptmann Sagner gegenüber nicht an Lob fehlen ließ, erlaubte man der Mannschaft, sich im Bereiche des Bahnhofs frei zu bewegen, denn es war die Meldung eingetroffen, daß erst in drei Stunden abgefahren werde. Die Leute gingen also auf und ab und schauten lauernd umher, denn auf den Bahnhöfen herrschte ein reger Verkehr, und ab und zu erbettelte sich

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