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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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doch einer der Soldaten eine Zigarette.
    Man konnte sehen, daß die erste Begeisterung, die sich in der feierlichen Begrüßung der Transporte auf den Bahnhöfen geäußert hatte, beträchtlich nachgelassen hatte und bis zur Bettelei herabgesunken war.
    Bei Hauptmann Sagner stellte sich eine Deputation des »Vereines zur Begrüßung der Helden« ein; sie bestand aus zwei fürchterlich strapazierten Damen, die ein für das Marschbataillon bestimmtes Geschenk überreichten, nämlich zwanzig |548| Schachteln wohlriechender Mundpastillen, Reklameartikel einer Pester Zuckerwarenfirma. Die Blechschächtelchen, in denen sich diese wohlriechenden Mundpastillen befanden, waren recht hübsch. Auf die Deckel war ein ungarischer Honvéd gemalt, der einem österreichischen Landsturmmann die Hand drückte, und darüber strahlte die heilige Stephanskrone. Ringsherum befand sich die deutsche und magyarische Aufschrift: »Für Kaiser, Gott und Vaterland.«
    Die Zuckerwarenfabrik war so loyal, daß sie dem Kaiser vor Gott den Vorrang gab.
    Jedes Schächtelchen enthielt achtzig Pastillen, so daß im ganzen etwa fünf Pastillen auf drei Mann kamen. Außerdem brachten die abgehärmten, strapazierten Damen ein großes Paket mit zwei gedruckten Gebeten, die den Budapester Erzbischof Gézsa von Szatmar-Budafal zum Verfasser hatten. Sie waren deutsch-magyarisch und enthielten die fürchterlichsten Verfluchungen aller Feinde. Geschrieben waren diese Gebete so leidenschaftlich, daß ihnen nur zum Schluß das schneidende magyarische »Baszom a Kristuszmáriá!« 1 fehlte.
    Dem ehrenwerten Erzbischof zufolge sollte der liebe Gott die Russen, Engländer, Serben, Franzosen, Italiener zu Nudeln und Paprikagulasch zerhacken. Der gütige Gott sollte in dem Blute der Feinde baden und alles ermorden, wie es der Rohling Herodes mit den Kindern getan hatte.
    Der ehrwürdige Erzbischof von Budapest verwendete in seinen Gebeten beispielsweise folgende hübsche Sätze: »Gott segne eure Bajonette, damit sie tief in die Bäuche eurer Feinde dringen. Möge der überaus gerechte Gott das Feuer der Kanonen auf die Köpfe der feindlichen Stäbe richten. Der barmherzige Gott gebe, daß alle Feinde in dem Blute ihrer eigenen Wunden ersticken, die ihr ihnen zufügen werdet!«
    Deshalb muß man abermals wiederholen, daß diesen Gebeten nichts anderes fehlte als zum Schluß das »Baszom a Kristuszmáriá!«.
    Als die beiden Damen das alles abgegeben hatten, äußerten sie Hauptmann Sagner gegenüber den verzweifelten Wunsch, |549| bei der Verteilung der Geschenke anwesend sein zu dürfen. Die eine hatte sogar so viel Mut, zu erwähnen, daß sie bei dieser Gelegenheit gerne eine Ansprache an die Soldaten halten würde, die sie nicht anders nannte als »unsere braven Feldgrauen«.
    Beide taten sehr beleidigt, als Hauptmann Sagner ihr Verlangen zurückwies. Einstweilen wanderten diese Liebesgaben in die Waggons, in denen sich das Magazin befand. Die ehrenwerten Damen schritten durch die Reihen der Soldaten, und die eine von ihnen verabsäumte nicht, bei dieser Gelegenheit einen bärtigen Soldaten im Gesicht zu tätscheln. Es war ein gewisser Schimek aus Budweis, der von der erhabenen Stellung der Damen nichts wußte und, als sie gegangen waren, zu seinen Freunden sagte: »Sind aber die Huren hier frech! Wenn so ein Aff wenigstens nach was aussehn möcht, sein tuts wie ein Storch, man sieht nix anderes als die Haxn, und ausschaun tuts wie das Martyrium Gottes; und so ne olle Raschpl will sich noch was mit Soldaten anfangen.«
    Auf dem Bahnhof ging es sehr lebhaft zu. Das Ereignis in Italien verursachte hier eine gewisse Panik, weil zwei Artillerietransporte angehalten und in die Steiermark geschickt worden waren. Auch ein Transport Bosniaken war da, der schon seit zwei Tagen aus irgendwelchen und unbekannten Gründen hier wartete und vollkommen vergessen und verschollen war. Die Bosniaken hatten schon zwei Tage keine Menage gefaßt und bettelten in Neu-Pest um Brot. Man hörte nichts anderes als das aufgeregte Gespräch der lebhaft gestikulierenden vergessenen Bosniaken, die unaufhörlich aus sich herausstießen: »Jeben ti boga, jeben ti duschu, jeben ti majku.«
    Dann wurde das Marschbataillon der Einundneunziger wieder zusammengetrieben und nahm die Plätze in den Waggons ein. Bald darauf kehrte aber Bataillonsordonnanz Matuschitz vom Bahnhofskommando mit der Nachricht zurück, daß man erst in drei Stunden fahren werde. Deshalb wurde die abermals zusammengerufene

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