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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Und je länger er dies tat, desto deutlicher erstand vor Schwejk die Benennung dieser Menschensorte: »Halbfurzer«.
    Im Militärwörterbuch wurde das Wort Furzer seit jeher mit großer Liebe benützt, hauptsächlich bezog sich diese ehrenhafte Benennung auf Oberste, ältere Hauptleute oder Majore; es bedeutete eine gewisse Steigerung der häufig gebrauchten Worte »vertrottelter Greis«. Ohne diesen Beinamen war das Wort Greis die freundliche Bewertung eines alten Obersten oder Majors, der viel herumschrie, seine Soldaten dabei aber lieb hatte und gegen andere Regimenter schützte, besonders wenn es sich um fremde Patrouillen handelte, von denen seine Soldaten, wenn sie nicht Überzeit hatten, in Butiken ausgehoben wurden. Ein Greis sorgte für seine Soldaten, die Menage mußte in Ordnung sein, aber er hatte immer irgendein Steckenpferdchen; auf etwas verlegte er sich, und deshalb war er ein »Greis«.
    |635| Wenn der Greis aber dabei die Mannschaft und die Chargen überflüssigerweise sekkierte, Nachtübungen und ähnliche Dinge ersann, war er ein »vertrottelter Greis«.
    Aus dem »vertrottelten Greis« wurde als höherer Grad in der Entwicklung der Niedertracht, Sekkatur und Blödheit ein »Furzer«. Dieses Wort bedeutete alles, und der Unterschied zwischen einem Furzer in Zivil und einem Furzel beim Militär ist groß.
    Der erstere, der Zivilfurzer, ist gleichfalls ein Vorgesetzter, und die Diener und Subalternbeamten in den Ämtern nennen ihn allgemein so. Er ist der Philister-Bürokrat, der zum Beispiel bemängelt, daß ein Konzept nicht gut mit dem Löschblatt abgetrocknet ist und dergleichen. Er ist überhaupt eine blöde, tierische Erscheinung in der menschlichen Gesellschaft, denn so ein Esel spielt sich dabei auf einen ehrlichen Menschen auf, will alles verstehen, weiß alles zu erklären und ist über alles beleidigt.
    Wer beim Militär war, begreift allerdings den Unterschied zwischen dieser Erscheinung und dem Furzer in Uniform. Hier bedeutet das Wort einen Greis, der ein »Schubiack« ist, ein wirklicher Schubiack, der gegen alles scharf loszieht, aber dennoch vor jedem Hindernis haltmacht; die Soldaten liebt er nicht und kämpft vergeblich gegen sie; er versteht es nicht, sich die Autorität zu erwerben, deren sich der »Greis« und der »ver trottelte Greis« erfreuen.
    In manchen Garnisonen, wie zum Beispiel in Trient, nannte man ihn »unser altes Häusl«. In allen Fällen handelt es sich um eine ältere Person, und wenn Schwejk Leutnant Dub im Geiste Halbfurzer nannte, erfaßte er durchaus logisch, daß Leutnant Dub ebenso wie zum Alter, zur Würde, ja überhaupt zu allem, so auch zum Furzer noch fünfzig Prozent fehlten.
    In solche Gedanken versunken zu seinem Waggon zurückkehrend, begegnete er Dubs Putzfleck. Er hatte ein geschwollenes Gesicht und murmelte unverständlich, er sei gerade mit seinem Herrn Leutnant Dub zusammengestoßen, der ihn auf Grund der Feststellung, daß Kunert mit Schwejk verkehre, mir nix dir nix abgeohrfeigt habe.
    |636| »In diesem Falle«, sagte Schwejk ruhig, »wern wir zum Rapport gehn. Ein österreichischer Soldat muß sich nur in gewissen Fällen ohrfeigen lassen. Aber dein Herr hat alle Grenzen überschritten, wies der alte Eugenius von Savoyen gesagt hat: ›Von daher bis daher!‹ Jetzt mußt du selbst zum Rapport gehn, und wenn du nicht gehst, wer ich dich selbst abohrfeigen, damit du siehst, was das is: Disziplin in der Armee. In der Karolinenthaler Kaserne war ein gewisser Lajtnant Hausner, und der hat auch einen Burschen gehabt und hat ihn auch geohrfeigt und mitn Füßen gestoßen. Einmal war der Bursch so abgeohrfeigt, daß er davon blöd geworden is und sich zum Rapport gemeldet hat, und beim Rapport hat er gemeldet, daß er mitn Füßen gestoßen worn is, weil er sich das alles verwechselt hat, und sein Herr hat auch wirklich nachgewiesen, daß er lügt, daß er ihn an dem Tag nicht mitn Füßen gestoßn, sondern nur abgeohrfeigt hat, so hat man den lieben Jungen wegen falscher Beschuldigung auf drei Wochen eingesperrt.
    Aber das ändert nichts an der ganzen Sache«, fuhr Schwejk fort, »das is grad dasselbe, wovon immer der Mediziner Houbitschka erzählt hat, daß es egal is, im pathologischen Institut einen Menschen zu zerschneiden, was sich aufgehängt hat oder vergiftet. Und ich geh mit dir. Ein paar Ohrfeigen machen beim Militär viel.«
    Kunert war ganz benommen und ließ sich von Schwejk zum Stabswaggon führen.
    Leutnant Dub brüllte, während

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