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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Horizonte weiteten sich, und gleichzeitig wurden ganze Gruppen zerschossener Dörfer auf beiden Seiten der Landschaft sichtbar.
    Bei Kulaschno sah man unten in einem Flüßchen einen vom Eisenbahndamm gestürzten, zertrümmerten Rot-Kreuz-Zug. Baloun wälzte die Augen heraus und wunderte sich hauptsächlich über die im Tale zerstreuten Teile einer Lokomotive. Der Schornstein war in den Eisenbahndamm gekeilt und schaute aus ihm hervor wie ein Achtundzwanziger.
    Diese Erscheinung erweckte auch die Aufmerksamkeit der Mitreisenden Schwejks.
    Am meisten regte sich Koch Jurajda auf: »Darf man denn auf Waggons vom Roten Kreuz schießen?«
    »Man darf nicht, aber man kann«, sagte Schwejk. »Es war jedenfalls ein guter Schuß, und jeder redet sich dann aus, daß es in der Nacht war und daß das rote Kreuz nicht zu sehn gewesen is. Es gibt überhaupt viele Sachen auf der Welt, was man nicht machen darf, aber machen kann. Hauptsache is, daß jeder probiert, obs ihm gelingt, und wenn ers nicht darf, ob ers kann. Bei den Kaisermanövern in der Umgebung von Pisek is so ein Befehl gekommen, daß man die Soldaten am Marsch nicht krummschließen darf.
    Aber unser Hauptmann is drauf gekommen, daß mans darf, weil so ein Befehl schrecklich lächerlich is, denn jeder hat leicht begreifen können, daß ein krummgeschlossener Soldat nicht marschieren kann. Er hat also den Befehl eigentlich nicht |642| umgangen, hat einfach und vernünftig die krummgeschlossenen Soldaten in die Trainwagen werfen lassen, und man is mit ihnen weitermarschiert. Oder so ein Fall is in unserer Gasse vor fünf, sechs Jahren passiert. Dort hat ein gewisser Herr Karlik im ersten Stock gewohnt. Und einen Stock höher hat ein sehr braver Mensch gewohnt, ein Konservatorist, ein gewisser Mikesch. Der hat sehr gern Weiber gehabt, und unter andern hat er auch angefangen, der Tochter von diesem Herrn Karlik nachzusteigen, was ein Spediteurgeschäft gehabt hat und eine Zuckerbäckerei und auch irgendwo in Mähren unter irgendeiner ganz fremden Firma eine Buchbinderei. Wie dieser Herr Karlik erfahren hat, daß dieser Konservatorist seiner Tochter nachlauft, so hat er ihn in der Wohnung besucht und hat ihm gesagt: ›Sie dürfen sich meine Tochter nicht nehmen, Sie Haderlump, Sie. Ich gib sie Ihnen nicht!‹ – ›Gut‹, hat ihm der Herr Mikesch geantwortet, ›was soll ich machen, wenn ich mir sie nicht nehmen darf, soll ich mich zerreißen?‹ In zwei Monaten is der Herr Karlik wiedergekommen und hat sich seine Frau mitgebracht, und beide ham ihm einstimmig gesagt: ›Sie Klachl, Sie ham unsre Tochter um die Ehre gebracht.‹ – ›Ge wiß ‹, hat er ihnen drauf geantwortet, ›ich hab mir erlaubt, sie zu einer Hure zu machen, gnä Frau.‹ Der Herr Karlik hat angefangen, überflüssig auf ihn zu brülln, daß er ihm doch gesagt, daß er sich sie nicht nehmen darf, daß er ihm sie nicht gibt, aber er hat ihm ganz richtig geantwortet, daß er sich sie auch nicht nehmen wird und daß damals keine Rede davon war, was er mit ihr machen kann. Daß sichs nicht drum gehandelt hat, und er, daß er Wort hält, sie solln ohne Sorge sein, daß er sie nicht will, daß er ein Charakter is, daß er nicht is wie ein Strohhalm im Wind und daß er Wort hält, daß, wenn er etwas sagt, so is es heilig. Und wenn er deswegen verfolgt wern wird, daß er sich nichts draus macht, weil er ein reines Gewissen hat und seine selige Mutter ihn noch am Totenbett beschworen hat, daß er nie im Leben lügen soll, und daß er ihr die Hand drauf gegeben hat und daß so ein Schwur gilt. Daß in seiner Familie überhaupt niemand gelogen hat und daß er immer in der Schule aus sittlichem Betragen die beste Note |643| gehabt hat. Also da sehn sie, daß man Verschiedenes nicht darf, aber kann und daß die Wege verschieden sein können, nur Willen müssen wir den gleichen ham.«
    »Liebe Freunde«, sagte der Einjährigfreiwillige, der eifrig Notizen machte, »alles Schlechte hat auch seine gute Seite. Dieser in die Luft gesprengte, halbverbrannte und vom Damm geschleuderte Krankenzug bereichert die glorreiche Geschichte unseres Bataillons um eine neue künftige Heldentat. Ich stelle mir vor, daß sich so etwa am 16. September, wie ich mir bereits notiert habe, von jeder Kompanie unseres Bataillons ein paar Gemeine unter Führung eines Korporals freiwillig melden und einen Panzerzug des Feindes, der auf uns feuert und uns daran hindert, über den Fluß zu setzen, in die Luft sprengen. Als Bauern

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