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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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Flucht alles wegwerfen muß. Wir sehn hier, melde gehorsamst, Herr Lajtnant, wie es dumm is, wenn ein Soldat verschiedene überflüssige Sachen mitschleppt. Er is damit überflüssig belastet. Er macht sich damit unnütz müde, und wenn er so eine Last mitschleppt, kann er nicht leicht kämpfen.«
    Leutnant Dub durchzuckte plötzlich die Hoffnung, daß er Schwejk endlich wegen hochverräterischer Propaganda vors Feldkriegsgericht bekommen werde, deshalb fragte er rasch: »Sie denken also, daß ein Soldat die Patronen wegwerfen soll, so wie sie sich hier in der Mulde wälzen, oder die Bajonette, wie ich sie dort sehe?«
    »Oh, keineswegs nicht, melde gehorsamst, Herr Lajtnant«, antwortete Schwejk, freundlich lächelnd, »belieben Sie, hier auf den weggeworfenen Blechnachttopf herunterzuschaun.«
    Und in der Tat, unter dem Wall wälzte sich herausfordernd ein von Rost zerfressener Nachttopf mit abgeschlagener Email zwischen Splittern von Töpfen; diese für den Haushalt nicht mehr geeigneten Gegenstände wurden hier offenbar vom Stationsvorstand abgelagert, wohl als Material für Diskussionen der Archäologen eines künftigen Jahrhunderts, die nach Auffindung dieser Siedlung ganz verblüfft sein werden, worauf |633| man den Kindern in den Schulen von einem Zeitalter der Emailnachttöpfe erzählen wird.
    Leutnant Dub schaute unverwandt auf diesen Gegenstand, konnte aber nichts tun, als einfach festzustellen, daß dies wirklich einer von jenen Invaliden sei, die ihre frische Jugend unterm Bett verbracht hatten.
    Das machte auf alle einen ungeheuren Eindruck, und als Leutnant Dub schwieg, sagte Schwejk: »Melde gehorsamst, Herr Lajtnant, mit so einem Nachttopf is einmal im Bad Podĕbrad eine hübsche Hetz gewesen. Man hats bei uns auf den Weinbergen im Gasthaus erzählt. Damals hat man nämlich angefangen, in Podĕbrad die Zeitschrift ›Unabhängig keit ‹ herauszugeben, und der Podĕbrader Apotheker war die Hauptperson dabei; und zum Redakteur ham sie dort einen gewissen Ladislaus Hájek Domažlicky gemacht. Und dieser Herr Apotheker, das war Ihnen so ein Sonderling, daß er alte Töpfe gesammelt hat und andere solche Kleinigkeiten, bis es ein ganzes Museum war. Und da hat sich mal dieser Hájek Domažlicky einen Kameraden, was auch in Zeitungen geschrieben hat, nach Podĕbrad auf Besuch eingeladen, und sie ham sich dort zusamm besoffen, weil sie sich schon über eine Woche nicht gesehn gehabt ham, und der hat ihm versprochen, daß er ihm für die Bewirtung ein Fejiton in die ›Unab hängigkeit ‹ schreiben wird, in diese unabhängige Zeitschrift, von der er abhängig war. Und er hat ihm, der Kamerad, so ein Fejiton geschrieben, von so einem Sammler, wie er im Sand am Strand von der Elbe einen alten blechernen Nachttopf gefunden hat und gedacht hat, daß es der Helm vom heiligen Wenzel is, und damit so ein Aufsehn gemacht hat, daß der Bischof Brynych aus Königgrätz sich ihn anschaun gefahren is mit Prozessionen und Fahnen. Der Podĕbrader Apotheker hat gedacht, daß es auf ihn gemünzt is, und da ham beide, er und der Hájek, eine Zwistigkeit gehabt.«
    Leutnant Dub hätte Schwejk am liebsten den Hang hinuntergestoßen, beherrschte sich aber und schrie alle an: »Ich sag euch, daß ihr hier nicht unnütz herumgaffen sollt! Ihr kennt mich alle noch nicht, aber bis ihr mich kennenlernen werdet …!
    |634| Sie bleiben hier, Schwejk«, sagte er mit drohender Stimme, als Schwejk mit den übrigen in den Waggon gehen wollte.
    Sie blieben einander allein gegenüber, und Leutnant Dub überlegte, was er Fürchterliches sagen sollte.
    Schwejk kam ihm jedoch zuvor: »Melde gehorsamst, Herr Lajtnant, wenn uns wenigstens das Wetter aushalten wollt. Bei Tag is nicht zu heiß, und die Nächte sind auch ganz angenehm, so daß jetzt die passendste Zeit zum Kriegführen is.«
    Leutnant Dub zog den Revolver heraus und fragte: »Kennst du das?«
    »Melde gehorsamst, Herr Lajtnant, jawohl; Herr Oberleutnant Lukasch hat nämlich so einen.«
    »Also merk dir, du Kerl!« sagte Leutnant Dub ernst und würdevoll, den Revolver wieder einsteckend, »damit dus weißt, daß dir etwas sehr Unangenehmes geschehn könnt, wenn du in deiner Propaganda fortfahren solltest.«
    Leutnant Dub entfernte sich, indem er sich wiederholte: »Jetzt hab ichs ihm am besten gesagt: In deiner Propaganda, ja, in deiner Propaganda!«
    Bevor Schwejk wieder seinen Waggon betrat, ging er noch ein Weilchen auf und ab und brummte: »Wohin soll ich ihn nur einreihn?«

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