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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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komme, lieber Sohn, um dir den geistlichen Trost zu gewähren.«
    Er verstummte, weil ihm das alles irgendwie nicht stimmen wollte. Bereits unterwegs hatte er sich eine vollständige Skizze zu seiner Rede vorbereitet, durch die er den Unglücklichen zur Meditation über sein Leben und zur Verzeihung im Jenseits führen wollte, die ihm zuteil werden sollte, wenn er Buße tat und wirkliche Reue bezeugte.
    Nun überlegte er, wie er fortfahren sollte, aber Schwejk kam ihm mit der Frage zuvor, ob er eine Zigarette besitze.
    Wenn Feldkurat Martinec bisher Nichtraucher geblieben war, so war dies eigentlich das einzige, was er von seiner früheren Lebenshaltung beibehalten hatte. Zuweilen, wenn er bei General Fink schon ein wenig benebelt war, versuchte er eine Britannika zu rauchen, aber sofort ging alles wieder heraus, wobei er den Eindruck hatte, daß ihn sein Schutzengel warnend im Hals kitzle.
    »Ich rauche nicht, lieber Sohn«, antwortete er Schwejk mit ungewöhnlicher Würde.
    »Das wundert mich«, sagte Schwejk. »Ich hab viele Feldkuraten gekannt, aber alle ham geraucht wie die Spiritusfabrik in Zlichow. Einen Feldkurat kann ich mir überhaupt nicht vorstelln, ohne daß er raucht und trinkt. Nur einen hab ich gekannt, was nicht gepafft hat, aber der hat wieder lieber statt zu rauchen Tabak gekaut und beim Predigen die ganze Kanzel bespuckt. – Woher sind Sie denn, Herr Feldkurat?«
    »Aus Jitschin«, ließ sich mit gebrochener Stimme k. u. k. Hochwürden Martinec vernehmen.
    »Da ham Sie vielleicht eine gewisse Rosa Gandes gekannt, Herr Feldkurat, sie war vorvoriges Jahr in einer Weinstube in der Plattnergasse in Prag angestellt und hat Ihnen auf einmal |737| achtzehn Männer auf Paternität geklagt, weil ihr Zwillinge geboren worn sind. Der eine von diesen Zwillingen hat ein Aug blau gehabt und das andere war braun, der zweite Zwilling hat ein Aug grau und das andere schwarz gehabt, so hat sie angenommen, daß dran schon vier Herren mit solchen Augen angaschiert sind, was in die Weinstube gegangen sind und etwas mit ihr gehabt ham. Einer von den Zwillingen wieder hat ein krummes Beinchen gehabt wie ein Magistratsrat, was auch hingegangen is, und das andere hat wieder sechs Zehen auf einem Fuß gehabt, wie ein Abgeordneter, was dort täglich Gast war. Und jetzt stelln Sie sich vor, Herr Feldkurat, daß achtzehn solche Gäste hingegangen sind, und die Zwillinge ham von jedem ein Merkmal gehabt, von allen achtzehn, mit denen sie entweder in Privatzimmer oder ins Hotel gegangen is. Zum Schluß hat das Gericht entschieden, daß der Vater bei so einem Andrang unbekannt is, und sie hats zum Schluß auf den Weinstubenbesitzer geschoben und hat den Weinstubenbesitzer geklagt, bei dem sie gedient hat, aber er hat bewiesen, daß er schon über zwanzig Jahre auf Grund einer Operation bei irgendeiner Entzündung der unteren Extremitäten impotent is.
    Dann hat man sie, Herr Feldkurat, zu Ihnen nach Jitschin abgeschoben; draus sieht man am besten, daß, wer nach Macht strebt, gewöhnlich einen alten Dreck kriegt. Sie hat sich an einen halten solln und nicht vorm Gericht behaupten, daß ein Zwilling vom Herrn Abgeordneten is und der zweite vom Herrn Magistratsrat oder von dem und dem. Jede Geburt von einem Kind kann man leicht ausrechnen. Am soundsovielten war ich mit ihm im Hotel und am soundsovielten is es mir geboren worn. Versteht sich, wenn es eine normale Geburt ist, Herr Feldkurat. In solchen Absteigs findet sich immer für einen Fünfer ein Zeuge, zum Beispiel der Hausknecht oder das Stubenmädchen, was das beschwören, daß er wirklich in dieser Nacht mit ihr dort war und daß sie ihm noch gesagt hat, wie sie über die Stiegen hinuntergegangen sind: ›Und was, wenn was draus wird?‹ und er, daß er ihr drauf geantwortet |738| hat: ›Mach dir keine Sorgen, Mauserl, ums Kind wer ich mich schon kümmern.‹«
    Der Feldkurat wurde nachdenklich, und die ganze geistliche Tröstung schien ihm jetzt irgendwie schwierig. Er hatte sich zwar schon vorher einen ganzen Plan entworfen, wie und was er mit dem lieben Sohn sprechen werde: von der allerhöchsten Gnade am Tag des Jüngsten Gerichtes, an dem alle Kriegsverbrecher mit dem Strick um den Hals aus dem Grabe auferstehen und, falls sie Buße tun, in Gnade aufgenommen werden, genauso wie jener Halunke aus dem Neuen Testament.
    Er hatte eine der schönsten geistlichen Tröstungen vorbereitet, die aus drei Teilen bestehen sollte. Zuerst wollte er davon sprechen, daß der Tod

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