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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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aufgeregt und würdevoll wie ein Mensch, der das Bewußtsein hat, unschuldig geohrfeigt worden zu sein.
    General Fink, der in der letzten Zeit den Feldkuraten in sein Herz geschlossen hatte, zog ihn zu sich auf das Kanapee und fragte ihn mit trunkener Stimme: »Was ist dir geschehn, geistlicher Trost?«
    Dabei warf eine der lustigen Damen eine Zigarette auf den Feldkuraten. »Trinken Sie, geistlicher Trost«, sagte General Fink, während er dem Feldkuraten in einen großen grünen Pokal Wein einschenkte. Da der Kurat nicht gleich trank, begann der General ihm eigenhändig den Wein einzuflößen, und hätte der Kurat nicht wacker gesoffen, wäre alles danebengegangen.
    |743| Dann erst wurde der Feldkurat befragt, wie sich der Verurteilte bei der Verabreichung des geistlichen Trostes verhalten habe. Der Feldkurat stand auf und sagte mit einer Stimme voller Tragik: »Er ist wahnsinnig geworden!«
    »Das hat ein ausgezeichneter geistlicher Trost sein müssen.« Der General lachte, worauf alle in ein fürchterliches Gelächter ausbrachen; beide Damen begannen abermals auf den Feldkuraten Zigaretten zu werfen. Am Ende des Tisches schlummerte in einem Lehnstuhl der Major, der schon ein bißchen zuviel getrunken hatte; jetzt erwachte er aus seiner Apathie, goß schnell in zwei Weingläser Likör, bahnte sich über die Stühle hinweg einen Weg zum Feldkuraten und zwang den verwirrten Diener Gottes, mit ihm Bruderschaft zu trinken. Dann wälzte er sich wieder auf seinen Platz zurück und döste weiter.
    Mit diesem Trank fiel der Feldkurat in die Schlingen des Teufels, der aus allen Flaschen auf dem Tisch, aus den Blicken und Lächeln der lustigen Damen, die ihm gegenüber ihre Beine auf den Tisch gelegt hatten, seine Arme nach ihm ausstreckte, so daß ihn Beelzebub aus lauter Spitzen ansah.
    Bis zum letzten Augenblick blieb der Feldkurat überzeugt, daß es um seine Seele gehe und daß er ein Märtyrer sei.
    Das drückte er auch in einer Meditation an die beiden Burschen des Generals aus, die ihn ins Nebenzimmer auf das Kanapee trugen. »Ein trauriges, allein erhabenes Schauspiel eröffnet sich euren Augen, wenn ihr euch unbefangen und reinen Sinns der vielen berühmten Dulder erinnert, die Opfer ihres Glaubens wurden und unter dem Namen Märtyrer bekannt sind. An mir seht ihr, wie der Mensch sich über mannigfache Leiden erhaben fühlt, wenn in seinem Herzen Wahrheit und Tugend wohnen, die ihn zur Gewinnung eines glorreichen Sieges über die gräßlichsten Leiden wappnen.«
    In diesem Augenblick kehrten sie ihn mit dem Gesicht zur Wand, und er schlief sofort ein.
    Er schlief einen unruhigen Schlaf.
    Ihm träumte, daß er tagsüber die Pflichten eines Feldkuraten |744| ausübe und am Abend statt Faustin, den Schwejk aus dem dritten Stockwerk geworfen hatte, Hotelportier sei.
    Von allen Seiten langten beim General Klagen gegen ihn ein; er habe einem Gast statt einer Blondine eine Brünette, statt einer geschiedenen intelligenten Frau eine Witwe ohne Intelligenz geliefert.
    Er erwachte am Morgen, verschwitzt wie eine Maus, sein Magen schaukelte, als befinde er sich auf einer Seereise, und ihm schien, daß sein Pfarrer in Mähren gegen ihn ein Engel sei.

3
Schwejk wiederum bei seiner Marschkompanie
    Jener Major, der am Vormittag des vorhergehenden Tages während der Verhandlung mit Schwejk als Auditor fungiert hatte, war der nämliche Offizier, der am Abend beim General mit dem Feldkuraten Bruderschaft getrunken und weitergeschlummert hatte.
    Fest steht, daß niemand wußte, wann und wie der Major in der Nacht den General verlassen hatte. In dem Zustand, in dem sich alle Anwesenden befanden, bemerkte niemand seine Abwesenheit; der General verwechselte sogar, wer eigentlich sprach. Der Major war bereits seit zwei Stunden nicht mehr zugegen, aber der General drehte sich dennoch den Schnurrbart und rief mit idiotischem Lachen: »Gut haben Sie das gesagt, Herr Major!«
    Am Morgen konnte man den Major nirgends finden. Sein Mantel hing im Vorzimmer, der Säbel an dem Kleiderhaken, und nur seine Offiziersmütze fehlte. Man nahm an, daß er vielleicht irgendwo auf einem Klosett im Hause eingeschlafen sei, durchsuchte alle Klosetts, fand ihn aber nirgends. Statt seiner entdeckte man im zweiten Stock einen schlafenden Oberleutnant aus der Gesellschaft des Generals, der kniend, mit dem Mund über der Öffnung, schlief, so wie ihn der Schlaf beim Erbrechen übermannt hatte.
    |745| Der Major war wie ins Wasser gefallen.
    Hätte aber jemand

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