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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaroslav Hasek
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durch den Strang für einen mit Gott vollständig ausgesöhnten Menschen ein leichter sei. Das Kriegsgesetz strafe den Schuldigen für den Verrat an Seiner Majestät dem Kaiser, der der Vater seiner Soldaten ist, so daß das kleinste Vergehen gegen ihn wie Vatermord, wie eine Beschimpfung des Vaters anzusehen sei. Dann wollte er die Theorie entwickeln, daß Seine Majestät, Kaiser von Gottes Gnaden und von Gott zur Verwaltung der weltlichen Angelegenheiten eingesetzt sei, so wie der Papst zur Verwaltung der geistlichen Dinge. Ein am Kaiser verübter Verrat sei ein an Gott dem Herrn selbst verübter Verrat. Den Kriegsverbrecher erwarte also außer dem Strick eine ewige Strafe und die ewige Verdammnis des Lästerers. Wenn jedoch die irdische Gerechtigkeit in Anbetracht der militärischen Disziplin das Urteil nicht aufheben könne und den Verbrecher hängen müsse, so sei noch nicht alles verloren, soweit es sich um die zweite, für die Ewigkeit bestimmte Strafe handle. Der Mensch könne sie mit einem ausgezeichneten Zug parieren, indem er Buße tut.
    Der Feldkurat hatte sich diese ergreifende Szene vorgestellt, die ihm selbst dort oben zur Streichung aller Anmerkungen über seine eigene Tätigkeit und sein Wirken in der Wohnung General Finks in Przemyśl verhelfen sollte.
    Er hatte sich ausgemalt, wie er ihn, den Verurteilten, als Einleitung anbrülln werde: »Tue Buße, Sohn, knien wir zusammen nieder. Wiederhol mir nach, Sohn!«
    |739| Und wie dann in der stinkenden, verlausten Zelle das Gebet ertönen werde: »O Gott, dessen Eigenschaft es ist, sich immer wieder zu erbarmen und zu vergeben, ich bitte flehentlich für die Seele dieses Kriegers, dem du befohlen hast, diese Welt auf Grund des Urteils des Standgerichtes in Przemyśl zu verlassen. O hilf, daß dieser Infanterist in seiner flehentlichen und vollkommenen Buße die höllischen Qualen nicht erfahre und der ewigen Freuden teilhaftig werde.«
    »Mit Verlaub, Herr Feldkurat. Sie sitzen schon fünf Minuten da wie abgestochen, wie wenn Sie das Gespräch gar nichts angehn möcht. Ihnen merkt man gleich an, daß Sie zum erstenmal im Arrest sind.«
    »Ich bin«, sagte der Feldkurat ernst, »wegen des geistlichen Trostes gekommen.«
    »Das is merkwürdig, was Sie fort mit dem geistlichen Trost ham, Herr Feldkurat. Ich fühl mich nicht so stark, um Ihnen einen geistlichen Trost zu gewähren. Sie sind weder der erste noch der letzte Feldkurat, was hinters Katr gekommen is. Übrigens, damit ich Ihnen die Wahrheit sag, Herr Feldkurat, ich hab nicht die Beredsamkeit, daß ich jemandem in seiner schwierigen Lage einen Trost geben könnt. Einmal hab ichs probiert, aber es is nicht besonders gut ausgefalln, setzen Sie sich hübsch neben mich, und ich wers Ihnen erzähln. Wie ich in der Opatowitzergasse gewohnt hab, so hab ich dort einen Kameraden, einen gewissen Faustin, gehabt, einen Portier aus einem Hotel. Er war ein sehr braver Mensch, ehrlich und strebsam. Wos ein Straßenmädl gegeben hat, hat ers gekannt, und Sie hätten zu jeder beliebigen Nachtzeit zu ihm ins Hotel kommen können, Herr Feldkurat, und ihm sagen: ›Herr Faustin, ich brauch ein Fräulein‹, und er hätt Sie gleich gewissenhaft gefragt, ob Sie eine Blondine haben wolln oder eine Brünette, kleiner, größer, dünn, dick, eine Deutsche, eine Tschechin oder eine Jüdin, ledig, geschieden oder eine verheiratete Frau, intelligent oder ohne Intelligenz.«
    Schwejk schmiegte sich vertraulich an den Feldkuraten und fuhr fort, indem er ihn um die Taille faßte: »Sagen wir also, Herr Feldkurat, Sie hätten gesagt: ›Ich brauch eine Blondine |740| mit langen Beinen, Witwe, ohne Intelligenz‹, und in zehn Minuten hätten Sie sie samtn Taufschein im Bett gehabt.«
    Dem Feldkuraten ward allmählich heiß, und Schwejk sprach weiter, während er den Feldkuraten mütterlich an sich drückte: »Sie möchten nicht glauben, Herr Feldkurat, was der Herr Faustin für einen Sinn für Sittlichkeit und Ehrlichkeit gehabt hat. Von den Weibern, was er auf Zimmer vermittelt und geliefert hat, hat er Ihnen keinen Kreuzer Trinkgeld genommen, und wenn sich manchmal eine von den Weibern vergessen hat und ihm was zustecken wollt, da hätten Sie sehn solln, wie er sich aufgeregt hat und angefangen hat, sie anzuschreien: ›Du Sau, du, wenn du deinen Körper verkaufst und eine Todsünde begehst, so denk nicht, daß es mir auf ein Sechserl von dir ankommt. Ich bin kein Kuppler nicht, du schamlose Hure. Ich tus nur aus Mitleid mit

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