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Die Abenteuer Des Jonathan Gullible

Die Abenteuer Des Jonathan Gullible

Titel: Die Abenteuer Des Jonathan Gullible Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Schoolland
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vorbereiteten
politischen Reden und die Schüler schreiben alle Sätze auf, die in
genauem Widerspruch zu dem stehen, was sie in der Schule getan oder
gelernt haben. Wer die meisten Widersprüche findet, wird zum
Gewinner des berühmten Abschiedspreises erklärt. Schhh, Lady Tweed
hat angefangen. Hör zu.«
    «… also haben wir etwas über die Tugenden der Freiheit gelernt«,
rief Lady Tweed. »Wir wissen, daß freier Wille und persönliche
Verantwortung zu Reife und Wachstum führen. In der Geschichte haben
die Menschen immer nach Freiheit gestrebt. Es ist wunderbar, daß
wir jetzt auf einer freien Insel leben … «
    Die Frau zeigte zu den Schülern auf der Bühne hinter Lady Tweed:
»Schau, sie schreiben wie wild. Da gibt es so viel zu finden!«
    »Hat Lady Tweed dem widersprochen, was die Schüler in der Schule
gelehrt bekommen?« fragte Jonathan.
    Die Frau kicherte: »Freier Wille? Unfug. Die Schule ist Zwang.
Die Kinder werden gezwungen hinzugehen und alle werden gezwungen,
dafür zu bezahlen. Jetzt still!«
    «… und wir haben das Glück, die besten Schulen zu besitzen, die
man sich vorstellen kann, besonders angesichts der harten Zeiten,
die uns unsere besten Ökonomen vorhergesagt haben«, sagte Lady
Tweed in schallendem Ton. »Unsere Lehrer sind die Vorbilder mit
einem beispielhaften Benehmen für unsere Schüler, sie beleuchten
den Weg zu Demokratie und Wohlstand mit dem Licht von Wahrheit und
Wissen … «
    Die Frau neben Jonathan griff vor Begeisterung seinen Ärmel. Sie
quietschte: »Meine Tochter ist die dritte von rechts in der zweiten
Reihe. Sie schreibt, sie findet alle Punkte, ich bin sicher.«
    »Ich verstehe nicht«, fragte Jonathan, »welche Punkte?«
    »Die besten Schulen? Ohne Auswahl kann man sie unmöglich
vergleichen. Lady Tweed schickte ihre Kinder aufs Land, um
Unterricht zu nehmen. Vorbildliche Lehrer? Ha! Die Schüler müssen
zwölf Jahre lang still sitzen und Anordnungen gehorchen und
bekommen nichts dafür außer Schulnoten und Papiersternen. Wenn ein
Lehrer Papiersterne statt eines Gehaltsschecks bekäme, würde er es
Sklaverei nennen! ›Beleuchten den Weg zu Demokratie‹ Niemals! Das
Vorbild der Schule ist Autorität.«
    Lady Tweed beugte demütig ihren Kopf: »… jetzt sind Sie an
diesen Meilenstein in Ihrem Leben angekommen. Jeder von uns ist
sich bewußt, daß er nur eine winzige Stimme ist in diesem großen
Menschenchor. Wir wissen, daß wütender Wettbewerb und ein
rücksichtsloser, gieriger Kampf, die Spitze zu erreichen, heute
unpassend sind. Für uns ist die Aufopferung die höchste Tugend.
Aufopferung für die Bedürfnisse der anderen, für die Unzähligen,
die benachteiligt sind … «
    Die Frau kreischte fast vor Entzücken: »Sieh dir an, wie die
Schüler schreiben! Das ist eine Goldmine von Widersprüchen! ›Großer
Menschenchor‹, ›Aufopferung‹? In der Schule haben sie immer
gelernt, hervorzuragen und selbst die Besten zu sein. Und die Tweed
selbst ist ja auch keine Flasche. Sie ist am lautesten,
skrupellosesten und fordert von allen am meisten. Sie hat sich
erfolgreich ihren Weg in die Führung gebahnt, mit allen schlauen
Tricks, die man sich vorstellen kann. Die Schüler wissen, daß sie
nicht auf diese Bühne gekommen sind, indem sie ihre Noten für die
unfähigen Schüler um sie herum aufgeopfert haben.«
    Jonathan konnte das nicht verstehen: »Sie meinen, in der Schule
wird den Kindern gesagt, sie sollen selbst hervorragen. Und jetzt
bei der Abschlußfeier, sagt Lady Tweed ihnen, sie sollen sich für
andere opfern?«
    »Jetzt hast du’s kapiert«, antwortete die Frau: »Lady Tweed
predigt eine andere Welt für die Erwachsenen. Jeder nach seinen
Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen. Das ist die
Zukunft.«
    »Könnten sie nicht versuchen, konsequent zu sein und vor und
nach dem Schulabschluß das gleiche zu erklären?« fragte
Jonathan.
    »Die Behörden arbeiten daran«, sagte die Frau. »Die Schulen
funktionieren noch nach der alten Tradition, die gute Noten für die
beste Leistung vergibt. Nächstes Jahr soll das Notensystem
umgekehrt werden.
    Sie planen, Anreize und Auszeichnungen einzusetzen, um die
Schüler auf die neue Wirklichkeit vorzubereiten. Noten werden dann
auf der Basis der Bedürftigkeit statt der Leistung vergeben. Die
schlechtesten Schüler werden Einsen bekommen und die besten Schüler
Sechsen. Denn schließlich brauchen die schlechtesten Schüler gute
Noten und Anreize viel dringender als die besten Schüler.«
    Jonathan

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