Die Abenteuer des Röde Orm
und all mein Wirken vergebens war.«
Er ließ nun Bier herbeiholen und fing an, sie nach allem, was sie über Dänemark wußten und was bei Maeldun ausgemacht worden war, zu fragen. Bruder Willibald hatte viel zu erzählen, und Orm half trotz seiner Ungeduld so gut er konnte mit, denn der Bischof war ein sanfter und ehrfurchtgebietender Mann, und es war schwer, ihm in dem, was er wissen wollte, nicht den Willen zu tun. Endlich hatte der Bischof alle Neuigkeiten, die sie mitbrachten, gehört. Da wandte er sich zu Orm: »Und nun kommst du einher und willst mir mein Taufkind Ylva nehmen. Nach einer Königstochter zu fischen ist keine Kleinigkeit. Aber ich habe schon von ihr selber etwas davon gehört, und sie ist in Wahrheit eine, die weiß, was sie will – Gott helfe uns allen!« Er schüttelte den Kopf und lächelte still.
»Sie ist ein Schützling, der einen Mann früher altern machen kann, als die Jahre es verlangen«, sagte er. »Und wenn du sie lenken kannst, so kannst du mehr als der selige König Harald und auch mehr als ich. Aber des Herrn Wege sind wunderlich, und wenn du erst richtig getauft bist, werde ich nicht dagegen sein. Mit ihrer Heirat wird eine schwere Bürde von meinen alten Schultern genommen werden.«
»Wir – sie und ich – sind lange genug getrennt gewesen«, sagte Orm. »Laß sie mich nun gleich sehen.«
Der Bischof sah unentschlossen aus und sagte: solcher Eifer gehöre nun einmal der Jugend zu, aber es sei spät geworden und daher vielleicht am besten, mit einer Begegnung bis nach der Taufe zu warten. Aber endlich ließ er sich dennoch bewegen. Er rief einen Diakon seines Gefolges herein und befahl ihm, vier Mann mitzunehmen und Frau Ermentrude mit bischöflichem Gruß zu grüßen und sie zu bitten, König Haralds Tochter trotz der späten Stunde holen zu dürfen. »Ich habe versucht, sie in gutem Verwahr zu halten«, sagte er, als der Diakon gegangen war, »und das kann bei einer Jungfrau, wie sie eine ist, vonnöten sein, nun, da der König und seine Hofleute und das ganze Kriegergefolge hierher gekommen sind. Sie wohnt ganz in der Nähe bei den Nonnen der gebenedeiten Königin Bertha, und dort ist sie, obschon alle Nonnen sie lieb haben, ein unbequemer Gast. Zweimal hat sie versucht zu entfliehen, weil sie sich gar zu sehr langweile, sagte sie; und einmal – und das ist noch nicht lange her – verlockte sie zwei junge Leute von guter Herkunft, die sie im Garten der Nonnen gesehen und mit ihr über die Mauer hin gesprochen hatten, eines Morgens früh mit Dienern und Gefolge hineinzuklettern und mitten zwischen den Beeten des Kräutergartens die Schwerter zu ziehen und miteinander darum zu kämpfen, wer von ihnen um sie freien dürfe. Sie saß dabei lachend am Fenster und sah zu, bis beide aus großen Wunden blutend hinweggetragen wurden. So etwas in einem Nonnenkloster anzustellen, ist nicht gut, denn davon können die Seelen der frommen Schwestern ernstlich Schaden nehmen. Aber es ist schon wahr, daß bei ihr dergleichen eher aus Gedankenlosigkeit als aus bösem Willen entspringt.«
»Sind beide gestorben?« fragte Orm.
»Sie haben sich allmählich wieder herausgemacht«, sagte der Bischof, »obwohl ihre Wunden schwer waren. Ich half durch Fürbitte selber mit. Damals war ich müde und krank und litt unter einem solchen Schützling, und ich ermahnte sie oft und bat sie, einen dieser beiden zu heiraten, da sie ihretwegen so eifrig gekämpft hatten und auch guter Herkunft waren. Ich sagte ihr, daß ich ruhiger sterben würde, wenn ich sie verheiratet wüßte. Aber da wurde sie heftig gegen mich und sagte, da beide jungen Männer am Leben geblieben waren, sei ihr Kampf nicht wirklich ernsthaft gewesen, und sie wolle nichts von ihnen wissen. Sie sagte, besser gefielen ihr solche Männer, nach deren Schlägen weder Fürbitte noch Binden mehr nötig seien. Und da war es, daß ich zum erstenmal von dir etwas hörte.«
Der Bischof nickte Orm freundlich zu und bat ihn, sein Bier nicht zu vergessen.
»In dieser Sache hatte ich auch noch andere Sorgen«, fuhr er fort, »denn um dieses Zweikampfes willen wollte ihr die Äbtissin, die fromme Frau Ermentrude, Ruten auf die nackte Haut geben. Aber da mein armes Taufkind bloß ein Gast des Klosters und dazu die Tochter eines Königs war, konnte ich das verhindern, obschon mit Mühe; denn Äbtissinnen hören ungern auf guten Rat und haben nur geringen Glauben an die Klugheit der Männer, auch dann, wenn wir zufällig Bischöfe sind.
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