Die Abenteuer des Röde Orm
von neuem besorgt, als er hörte, daß es sich um zwei starke Schiffsbesatzungen handelte, und er wußte nicht recht, ob das nun beängstigend oder erfreulich war. Er zupfte sich den Bart und fragte seine Priester, Hofleute und Kammerdiener, wie sie darüber dächten, und zuletzt wurde bestimmt, daß die Nordmänner auf einer Wiese außerhalb der Stadt ihr Lager aufschlagen, aber nicht in die Stadt eingelassen werden sollten; auch die Wachen auf den Mauern sollten verstärkt und in allen Kirchen sollte verkündet werden, daß die Heiden sich in großen Scharen zu Taufe und Besserung eingefunden hätten, und dafür seien alle Menschen Gott und dem König Lob und Dank schuldig. Und am nächsten Morgen, verkündete er, möchten die Gesandten, nachdem sie ein wenig Ruhe gepflogen, sich bei ihm einfinden und mit ihnen die Häuptlinge, die getauft werden wollten.
Die Nordmänner gingen zu ihrem Lagerplatz, und die Beamten des Königs mußten in großer Eile die Dinge herbeischaffen, deren die Gäste des Königs bedurften. Bald brannten Feuer, Schlachtvieh brüllte, und man rief viel nach weißem Brot und fettem Käse, nach Honig, Eierkuchen und frischem Schweinefleisch und dazu nach solchem Bier, wie Könige und Bischöfe es zu trinken pflegten. Orms Mannen lärmten am meisten und waren am schwersten zufriedenzustellen, denn da sie getauft werden sollten, glaubten sie, die beste Bedienung verdient zu haben.
Orm jedoch hatte anderes im Sinn als das Essen seiner Leute; es trieb ihn mit Bruder Willibald, von dem er sich nicht trennen wollte, vom Lager fort. Aus großer Unruhe um Ylva fühlte er sich ganz elend, und er konnte kaum glauben, daß sie sich wirklich hier an diesem Ort befand. Er hätte es sich eher denken können, daß sie geheiratet hatte oder geraubt worden oder entflohen war oder auch, daß der König, von dem es hieß, daß er den Frauen nachstellte, ein Auge auf sie geworfen und sie zu sich genommen hatte.
Ohne aufgehalten zu werden, kamen sie durch die Stadtpforte, denn einem Fremden, der mit einem Priester kam, wollte die Wache nichts verbieten. Bruder Willibald schlug den Weg nach dem großen Kloster ein, wo Bischof Poppo als Gast des Abtes wohnte.
Der Bischof kam gerade vom Abendgottesdienst. Er sah älter und magerer aus, als da Orm ihn bei König Harald gesehen hatte; aber sein Gesicht leuchtete auf vor Freude, als er Bruder Willibald erblickte.
»Für dieses Wiedersehen will ich Gott danken«, sagte er. »Du bist lange ausgeblieben, und ich glaubte schon, daß dir auf der Fahrt ein Unglück zugestoßen sei. Nun muß ich dich nach vielem fragen; aber wer ist dieser, den du bei dir hast?«
»Wir saßen bei König Harald am gleichen Tisch«, sagte Orm, »damals, als du vom Königssohn erzähltest, der mit den Haaren am Baum hängenblieb. Aber es waren viele, die da saßen, und seither ist nicht wenig geschehen. Ich heiße Orm, Testes Sohn, und führe auf dieser Fahrt ein Schiff unter Thorkel dem Hohen. Und ich bin hierhergekommen, um getauft zu werden und um meine Braut zu holen.«
»Früher hat er Mohammed gedient«, sagte Bruder Willibald eifrig. »Aber nun will er vom Teufel loskommen. Er war es, den ich nach dem letzten Julessen bei König Harald heilte, damals, als sie in der Halle im Angesicht betrunkener Könige miteinander gekämpft hatten; und er und sein Kamerad waren es, die Bruder Matthias mit dem Speer bedrohten, weil sie Christi Lehre nicht anhören wollten. Nun aber will er getauft werden.«
»Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes«, rief der Bischof. »Hat er Mohammed gedient?«
«Er ist seitdem vom Bischof von London besprochen und besprengt worden«, sagte der kleine Priester beruhigend. »Aber da fand sich kein böser Geist mehr in ihm.«
»Ylva ist es, König Haralds Tochter, die ich holen will«, sagte Orm. »König Harald hat sie mir gelobt, und das ist auch ihr eigener Wille.«
»Und er ist nun tot«, sagte Bruder Willibald, »und unter den Heiden in Dänemark ist Kampf und Streit.«
»Heiliger Bischof«, sagte Orm, »ich will sie gern jetzt gleich treffen.«
»Ihr kommt ja mit allerlei daher«, sagte der Bischof und lud beide zum Sitzen ein.
»Er ist mitgekommen, um sich ihretwegen mit allen seinen Schiffsleuten taufen zu lassen«, sagte Bruder Willibald.
»Und Mohammed hat er gedient!« rief der Bischof. »Das ist ein großes und wunderbares Zeichen; Gott vergönnt mir also doch noch eine Freude, obschon ich hier wie ein Landesflüchtiger sitze
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