Die Abenteuer des Röde Orm
Hausecke; mit ihm die großen Hunde, die er losgelassen hatte. Schaum stand ihnen ums Maul, und in gewaltigen Sprüngen dahinrasend, fielen sie über die Fremden her, die sich schreckgeschlagen zur Flucht wandten; denn Hunde von der Größe viermonatiger Kälber waren ihnen ein ungewohnter Anblick. Hinter ihnen her rannten Orms Mannen und die Hunde; einige der Fliehenden wurden eingeholt und niedergemacht, drei aber retteten sich in den Fluß. Sehr besorgt, daß auch Osten entkommen könnte, hinkte Orm, so gut er konnte, hinterher.
Als er zum Hof zurückkehrte, sah er Rapp auf einem Balken sitzen und, auf den Schaft seiner Axt gestützt, einen Mann betrachten, der ausgestreckt vor ihm lag.
»Da hast du ihn selbst, den Händler«, sagte Rapp, als Orm hinzutrat. »Ob er noch lebt oder tot ist, weiß ich nicht, aber ein tüchtiger Kämpfer war er, das kann ich
bezeugen.«
Östen lag bleich und blutig auf dem Rücken; ein Hieb hatte ihm den Helm gespalten. Orm setzte sich neben Rapp und betrachtete ihn, und bei diesem Anblick wurde ihm so wohl zumute, daß er seine eigene Wunde vergaß. Froh, aber nicht ohne Bangen, kamen nun Ylva und Äsa herbeigelaufen; sie wollten Orm gleich mit sich nehmen, um ihn zu pflegen und zu verbinden; er aber blieb sitzen und, den Blick auf Östen gerichtet, murmelte er vor sich hin. Schließlich sagte er:
»Sven, meinem Schwager,
heimzusenden
weiß ich würdige
Freundesgabe.
Händler, das Haupt,
das du hier ihm holen
wolltest, dem Fürsten:
siehe, das deine
ist’s, das ihm wird,
nicht meins.«
Nun kam Vater Willibald hinzu, und als er Orms Wunde sah, befahl er ihm, sofort hineinzugehen oder sich von Rapp und den Frauen tragen zu lassen. Dann beugte er sich über Östen und befühlte ihn, wo Rapps Axt ihn getroffen hatte.
»Er lebt«, sagte er. »Aber wie lange noch, kann ich nicht sagen.«
»Sein Kopf soll zu König Sven«, sagte Orm.
Vater Willibald gab jedoch streng zur Antwort, daß er so verrücktes Zeug nicht hören wolle und daß Östen wie alle anderen Verwundeten unter Dach gebracht werden solle.
»Und hier habe ich nun auf lange Zeit hinaus viel zu tun«, sagte er.
Vater Willibald war immer sehr bestimmt, am meisten aber dann, wenn es sich um Kranke oder Verwundete handelte; dann wagte niemand, ihm zu widersprechen. Alle, die sich nützlich machen konnten, mußten nun heran, um die Verwundeten hineinzutragen und zu versorgen.
Nachdem man Orm ins Haus geholfen hatte und seine Wunde behandelt worden war, schwand ihm das Bewußtsein; denn er hatte viel Blut verloren. Tags darauf fühlte er sich besser, als zu erwarten gewesen war. Befriedigt überdachte er, wie alles abgelaufen; der kleine Knabe, sagte er, solle nun für immer dableiben und es so gut haben, als sei er einer von Orms eigenem Geschlecht. Orm erfuhr nun, daß er zwei seiner Mannen verloren hatte und daß zwei andere schlimm daran waren, ebenso auch einer der Hunde; aber, meinte Vater Willibald, mit Gottes Hilfe würden sowohl die Männer wie der Hund wieder auf die Beine kommen. Orm bedauerte den Verlust der Männer, aber es hätte ja noch schlimmer gehen können. Von den Fremden waren Östen und zwei andere am Leben, abgesehen von denen, die in den Fluß gesprungen waren. In der Badestube hatte man zwei gefunden, die vom Hackklotz getroffen worden waren; der eine war tot, ihm waren die Rippen zerschlagen, dem anderen war ein Bein gebrochen und ein Fuß zerschmettert. Vater Willibald hatte alle Verwundeten in die Kirche tragen und sie auf Stroh betten lassen; dort wurde ihnen nun die beste Pflege zuteil, und es war dem kleinen Priester täglich anzumerken, wie wohl es ihm tat, sich um sie mühen zu dürfen. Denn er hatte letzthin nicht viel Gelegenheit gehabt, seine Heilkunst anzuwenden, so daß ihm mitunter die Zeit lang geworden war.
Orm kam bald wieder auf die Beine; ihm war durch den Stich kein ernstlicher Schaden entstanden; und eines Tages fand sich Vater Willibald noch zufriedener als sonst am Mittagstisch ein und sagte, daß sogar Östen, um den es am schlimmsten gestanden hatte, nun in der Besserung sei. Als Rapp das hörte, schüttelte er den Kopf.
»Ich hab also nicht so gut zugehauen, wie ich glaubte«, sagte er. Und auch Orm fand Vater Willibalds Neuigkeit gar nicht erfreulich.
Wie Orm dem Salzhändler eine Predigt hielt
Bald wußte man in der ganzen Gegend vom Kampf auf Gröning, und Gudmund vom Uvaberg kam nebst einer Schar entfernterer Nachbarn, von denen Orm bis dahin noch nichts gesehen
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