Die Abenteuer des Röde Orm
gesegelt; aber das Aufsetzen der Köpfe auf Pfähle sei etwas, woran er denken werde, wenn er heimkomme, denn dergleichen könne sich als nützlich für Schafzucht erweisen. Darüber lachten alle und meinten, er verstehe gute Antworten zu geben.
An einer Flußmündung legten sie sich in Hinterhalt und nahmen einige Fischerboote weg, fanden dabei aber wenig von Wert. Auf ihre Fragen, wo in der Nähe es reiche Dörfer gebe, konnten sie von den Leuten in den Booten nichts herausbekommen. Nachdem sie einige von ihnen erschlagen hatten und die anderen trotzdem nichts Verständliches vorbringen konnten, ließen sie sie los, denn sie sahen kläglich aus und taugten weder zum Rudern noch zum Verkauftwerden. Mehr als einmal gingen sie nachts an Land, gewannen aber dabei nicht viel; denn man lebte hier in allzu großen und wohlverteidigten Dörfern, und sie mußten zu den Schiffen zurückeilen, um von der Übermacht nicht abgeschnitten zu werden. Jetzt blieb nur zu hoffen, daß es mit den Landstrichen, in denen Nordmänner regierten, bald ein Ende haben werde.
Eines Abends begegneten sie vier von Süden heranrudernden Langschiffen; es sah aus, als führten sie schwere Ladung, und Krok ließ seine Schiffe nahe an sie herankommen, um zu sehen, wie sie bemannt waren. Der Abend war ruhig, und langsam näherten sich die Boote einander. Die Fremden setzten am Mast ihres vordersten Schiffes einen Langschild mit aufwärts gerichteter Spitze, zum Zeichen, daß sie als Freunde nahten, und Kroks Männer sprachen mit ihnen auf Speerwurfweite, während sie beiderseits versuchten, die Stärke des anderen zu berechnen. Die Fremden sagten, sie seien aus Jütland und nun, nach einer langwierigen Reise, auf der Heimfahrt begriffen. Mit sieben Schiffen hätten sie im vorigen Sommer in der Bretagne und dann weiter im Süden geplündert; darauf hätten sie auf einer Insel vor der Mündung der Loire überwintert und seien den Fluß hinaufgefahren; da aber sei eine schwere Seuche unter ihnen ausgebrochen, und nun seien sie auf dem Heimwege mit so viel Schiffen, als sie hätten bemannen können. Über ihre Beute gaben sie die Auskunft, daß der kluge Seefahrer nie seinen Gewinn preise, bevor er ihn sicher an Land gebracht habe; aber soviel könnten sie sagen – da sie bei dieser Begegnung sich stark genug wüßten, um das ihre zu schützen – daß sie für ihren Teil nicht zu klagen brauchten. Verglichen mit ehedem seien die Zeiten schlecht, und damit müsse auch künftighin gerechnet werden, wie weit man auch komme; wer aber das Glück habe, in der Bretagne oder noch weiter südwärts eine noch unberührte, nicht verwüstete Gegend zu entdecken, der finde noch immer den Lohn seiner Mühen.
Krok fragte, ob sie Wein oder Bier hätten, das gegen Schweinefleisch oder getrocknete Fische getauscht werden könnte, und zugleich versuchte er, näher an sie heranzukommen; denn er war stark versucht, es mit ihnen aufzunehmen und damit auf einen Schlag für die ganze Reise guten Lohn zu gewinnen. Doch der Häuptling der Jüten legte sogleich seine Schiffe nebeneinander, mit dem Vordersteven gegen Krok und gab zur Antwort, daß sie Wein und Bier zu eigenem Verbrauch zu behalten gedächten, »aber wenn du etwas anderes schmecken willst, so magst du gern näher kommen«.
Während Krok einen Speer in der Hand wog und im Ungewissen zu sein schien, was er tun sollte, entstand Unruhe auf einem der fremden Schiffe. Man sah dort zwei Männer miteinander ringen und schließlich in fester gegenseitiger Umschlingung ins Wasser taumeln. Beide sanken, und den einen sah man nicht wieder, aber der andere kam ein Stück von den Schiffen entfernt zum Vorschein, tauchte jedoch gleich wieder, als ihm von denen, die er verlassen hatte, ein Speer nachgesandt wurde. Nun gab es auf den jütländischen Schiffen viel Rufen hin und her, und als Kroks Leute fragten, was denn vor sich gehe, bekamen sie keine Antwort. Die Dämmerung brach herein; und nachdem man eine gute Weile Worte gewechselt hatte, setzten die Fremden ihr Rudern fort, noch bevor Krok sich für einen Kampf entschieden hatte. Toke, der auf Kroks eigenem Schiff an seinem Backbordruder Orm zunächst saß, rief nun Krok zu: »Komm her und schau! Mein Glück beim Fischen nimmt ständig zu!«
Eine Hand hielt sich an Orms Ruder und eine an Tokes Ruder fest, und auf der Wasserfläche zwischen den Händen lag ein Gesicht und sah zum Schiff empor. Es war sehr bleich, mit großen Augen, schwarzem Haar und schwarzem
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