Die Abenteuer des Röde Orm
die Männer waren in bester Laune. Sie sagten, der Fremdling habe wahrscheinlich, was ihn selbst angehe, nicht viel Glück; aber desto mehr Glück bringe er vielleicht ihnen; und Toke meinte, nie einen besseren Fischzug getan zu haben. Sie waren freundlich gegen den Juden, suchten einige Kleidungsstücke für ihn zusammen und gaben ihm Bier zu trinken, obschon nicht mehr viel davon da war. Das Land, wohin er sie führen wollte, hieß Leon, und man wußte ungefähr, wo es lag: rechts vom Lande der Franken und des Kalifen von Cordova; von der Landzunge der Bretagne, die sie nun gesichtet hatten, vielleicht fünf günstige Segeltage gen Süden. Sie opferten aufs neue dem Meervolk, bekamen guten Wind und steuerten in die offene See hinaus.
Wie Kroks Mannen zum Reiche Ramiros kamen und einen Besuch abstatteten, der sich lohnte
Wenn Orm in seinen alten Tagen von seinen seltsamen Schicksalen erzählte, pflegte er zu sagen, daß er, solange er mit Krok zusammen war, nicht über viel zu klagen hatte, obschon er gegen seinen Willen mit auf die Reise gekommen war. Der Schlag auf den Schädel hatte ihm nur kurze Zeit Schmerzen verursacht, und mit den Männern kam er gut überein; bald dachte keiner von ihnen mehr daran, daß er eigentlich ihr Gefangener war. Sie erinnerten sich gern an das gute Schaffleisch, dessen sie auf dem Hof seines Vaters habhaft geworden waren, und auch sonst war er ihnen in vielem nach dem Sinn. Er kannte ebenso viele Gedichte wie Berse und hatte von seiner Mutter gelernt, sie nach Art der Dichter zu sprechen; und er verstand sich auch darauf, in glaubhafter Weise Lügengeschichten zu erzählen, obschon er selbst zugab, daß Toke ihm in dieser Kunst überlegen war. Daher wurde er als ein guter und geschickter Kamerad geschätzt, durch den man an langen Tagen lustigen Zeitvertreib hatte, wenn der Wind gleichmäßig war und niemand zu rudern brauchte.
Einige Leute an Bord klagten darüber, daß Krok an der Bretagne vorbeifuhr, ohne den Versuch gemacht zu haben, neue Eßvorräte zu beschaffen; denn die man an Bord hatte, fingen an, alt zu schmecken: Das gesalzene Schweinefleisch war ranzig, der Stockfisch schimmlig; das Mehl war feucht geworden, dazu hatte das Brot Würmer und das Wasser war verdorben. Aber Krok und alle, die Erfahrung hatten, hielten das für Kost von der allerbesten Sorte, über die Seefahrer nicht klagen durften. Orm aß seinen Teil mit gutem Appetit, aber er erzählte dabei oft von den Leckerbissen, an die er zu Hause gewöhnt war. Berse sagte, es scheine ihm eine weise und göttliche Ordnung, daß man auf See mit Wohlbehagen und guter Eßlust verzehren könne, was man zu Lande, daheim, weder Knechten und Leibeigenen, noch Hunden, sondern nur Schweinen vorsetzen würde; denn wenn das nicht so eingerichtet wäre, würden Seereisen allzu große Schwierigkeiten bieten.
Toke sagte, für ihn sei das schlimmste, daß das Bier zu Ende sei. Was Essen angehe, sei er gewiß nicht verwöhnt, und er glaube, er könne, wenn es sein müßte, das meiste verzehren, sogar seine Schuhe aus Seehundleder, wenn er nur gutes Bier dazu bekäme. Ohne Bier könne er sich das Leben nicht denken, weder zu Wasser noch zu Lande, und er setzte Salaman mit vielen Fragen zu, die das Bier in dem Lande, zu dem sie nun kommen sollten, betrafen: aber er konnte keinen klaren Bescheid erhalten. Er erzählte von großen Festessen und Gelagen, bei denen er mit dabei gewesen war, und trauerte darüber, daß er sich nicht darangehalten und noch mehr getrunken hatte.
In der zweiten Nacht, die sie auf dem Meere waren, bekamen sie starken Wind und hohen Seegang und waren froh, daß der Himmel klar blieb, denn nun steuerten sie nach den Sternen. Krok begann zu fürchten, daß sie auf das grenzenlose Meer hinaus gerieten, aber die Männer, die am seekundigsten waren, sagten, daß man bei südlichem Kurs stets zur Linken Land finden werde, wie man auch segle; ausgenommen im Njörvasund, der die Einfahrt nach Rom sei, und Rom liege in der Mitte der Welt. Wer von Norwegen nach Island segle, habe es nicht so einfach, sagte Berse, denn sei man an Island vorbeigefahren, so könne man auf kein Land mehr hoffen, sondern dann gebe es weithin rings nur das leere Meer.
Salaman war sternkundig und behauptete, sich auf den rechten Kurs zu verstehen, aber das erwies sich als keine große Hilfe, denn seine Sterne hatten fremde Namen, und er selbst wurde seekrank. Orm ging es ebenso, und er und Salaman hingen in großem Elend
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