Die Abenteuer des Röde Orm
sie habe sich zu König Sven aufgemacht, und das glaubte auch der König, als er erfuhr, was geschehen war; aber das Unglück war nicht mehr aufzuhalten, und der König war nun von Krankheit so schwach, daß er nicht mehr viel zu sagen vermochte. Da kam ein großer Schrecken über das ganze Lager, und alle Schiffshäuptlinge wollten, so schnell sie nur konnten, auf und davon; auch entstand viel Zank um die Schatztruhen des Königs und wie sie zu verteilen seien damit sie nicht König Sven in die Hände fielen. Mich aber rief der König an sein Lager und befahl mir, sein Schwert heimzubringen für seinen Sohn. Es war das alte Schwert der Könige von Uppsala, ihr größtes Kleinod, denn sie hatten es vom Gott Fröj.
»Bring du das Schwert heim, Spjalle«, sagte er, »und hüte es wohl, denn in ihm wohnt das Glück meines Geschlechtes.« Darauf verlangte er Wasser zum Trinken, und da verstand ich, daß sein Ende nahe war. Und bald darauf starb er elendig im Bett: er, den die Völker den Siegesfrohen genannt hatten. Von den Unseren waren kaum mehr so viele übrig, daß der Scheiterhaufen für seinen Leichnam geschichtet werden konnte. Wir taten das, so gut es gehen wollte, und seine Knechte und auch zwei seiner Priester töteten wir und legten sie auf das Holz ihm zu Füßen, damit er nicht allein und bar jeglichen Ansehens zu den Göttern käme. Und während der Scheiterhaufen noch brannte, rückten die Inselbewohner mannsstark und den Heerruf erhebend gegen uns an. Da entfloh ich geschwind um dieses Schwertes willen und gelangte in einem Fischerboot mit diesen drei Männern nach Schonen. Ich habe mir das Schwert unter den Kleidern ans Bein gebunden, um es, so gut sich’s tun läßt, zu verstecken. Aber wie es in der Welt werden soll, nun da er tot ist, das ist mehr, als ich fassen kann; denn er überragte alle anderen Könige, wenn er auch um jenes bösen Weibes willen ein elendes Ende fand: liegt doch seine Asche nun am Strande von Falster, ohne daß ein Totenhügel sie deckt.«
So lautete Spjalles Erzählung, und seine Neuigkeiten schienen allen bedeutend.
»Für Könige sind die Zeiten schlecht«, sagte Orm. »Zuerst traf es Styrbjörn, der von allen der stärkste war; dann König Harald, den weisesten, und nun König Erik, der die größte Macht hatte. Es ist auch nicht lange her, seit wir hörten, die große Kaiserin Theophano sei gestorben, sie, die über alle Sachsen und Lombarden gebot. Bloß König Sven, mein Schwager, in dem mehr Bosheit steckt als in anderen, will nicht sterben; vielmehr gedeiht er und nimmt zu an Macht. Man wüßte wirklich gern, warum Gott ihm nicht den Garaus macht und an seiner Statt andere Könige am Leben läßt.«
»Gott wird ihn schlagen, wenn seine Stunde gekommen ist«, sagte Vater Willibald, »gleichwie er Holofernes schlug, durch Judith, die ihm den Kopf abhieb, oder auch wie Sanherib, den Herrn der Assyrer, den die eigenen Söhne vor seinem Götzenbild umbrachten. Bisweilen allerdings hat das Böse ein zähes Leben, und hier in den Nordlanden ist der Teufel stärker als anderswo. Und das hat sich jetzt eben wieder erschreckend gezeigt: denn hierselbst sitzt ja Spjalle und berichtet davon, daß er beim Schlachten der Diener Christi am Scheiterhaufen des toten Königs mitgeholfen hat. Solch Teufelswerk gibt es nur hier und bei den schlimmsten der Wenden, sonst aber nirgend in der Welt. Und für mich ist es nicht leicht, zu wissen, wie ich mich zu solchen Untaten und zu denen, die sie verübten, verhalten soll. Dir, Spjalle, könnte ich ja verkünden, daß du dafür in das höllische Feuer kommst. Damit wäre aber wenig gesagt, denn in die Hölle sollst du ja ohnehin.«
Spjalle blickte nachdenklich in die Runde.
»In meinem Unverstand habe ich nun doch zu viel berichtet und den Zorn des Priesters wachgerufen«, sagte er. »Aber wir taten ja nur nach alter Sitte und was beim Hingang der Svea-Könige stets geschieht. Und von dir, Hausfrau, wurde mir bedeutet, daß ich hier nicht unter Feinden sei.«
»Unter Feinden bist du hier nicht«, sagte Orm, »und Böses wird dir hier nicht widerfahren; aber du kannst dich nicht wundern, daß wir, die wir alle zu Christus halten, den Totschlag von Priestern für eine böse Tat halten.«
»Jene zwei sind nun in der Schar der heiligen Märtyrer aufgenommen«, sagte Vater Willibald.
»Haben sie es dort gut?« fragte Spjalle.
»Gottes höchste Seligkeit ist ihr Teil, und sie haben es weit besser, als Menschenverstand je fassen
Weitere Kostenlose Bücher