Die Abenteuer des Röde Orm
können, wie es damit steht.«
Alle meinten, daß diese Nachricht Rapp Erleichterung schaffen würde, er aber saß finster und nachdenklich da und sagte schließlich:
»Dann hat also der Magister eine gute Weile dort im Grase gelegen und Torgunns Knie in den Händen gehalten oder vielleicht auch nur in einer Hand. Ich kann schwerlich glauben, daß es dabei geblieben ist; hat er uns doch selbst gesagt, daß er toll hinter den Frauen her ist und daß er aus welschen Büchern gelernt hat, mit ihnen umzugehen. Ich glaube bestimmt, daß er sich auch mit anderem abgegeben hat als nur mit dem Besprechen des Knies; denn wenn an ihm als Priester überhaupt etwas dran ist, dann war ja das Knie nicht so angeschwollen.«
So viel hatte man Rapp noch nie reden hören, und es gelang niemand, ihn von seiner Meinung abzubringen.
Da sagte Ylva: »Zuerst warst du mißtrauisch, weil du keine Schwellung sahst, und nun bist du es, weil die Schwellung da ist. Aber es lohnt sich nicht, darüber Worte zu machen, denn so seid ihr Männer nun mal, wenn ihr Grillen im Kopf habt. Jetzt geh ich zu Torgunn, um vertraulich mit ihr zu reden. Wir sind ja Freundinnen, und mir wird sie sagen, wie es wirklich zugegangen ist. Und wenn sie mit etwas hinterm Berge halten sollte, so werde ich ihr das dennoch anmerken. Denn eine Frau spürt sogleich, ob eine andere die Wahrheit spricht oder lügt; aber Männer können das – gottlob! – nicht unterscheiden.«
Damit ging sie, und was sie und Torgunn miteinander geredet haben, hat niemand belauscht.
»Nun kannst du ruhig sein, Rapp«, sagte Orm, »denn du wirst jetzt erfahren, wie es wirklich steht. Keine Frau in der ganzen Welt ist so schlau wie Ylva, kann ich dir sagen, das merkte ich schon, als ich sie zum ersten Male traf.«
Rapp grunzte eine zustimmende Antwort, und nun fingen sie an, von zwei verlaufenen Jungkühen zu reden, die man noch nicht wiedergefunden hatte, und wo man sie wohl am folgenden Tage suchen müßte.
Ylva blieb lange fort. Als sie zurückkam, hielt sie Rapp die geballte Faust unter die Nase.
»Nun weiß ich alles«, sagte sie, »und es ist nicht anders gewesen, als wie ich von Anfang an geglaubt hatte. Und du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Rapp, denn bei dieser Begegnung im Wald geschah nichts, was Tadel verdient. Verdrießlich ist bloß, was du selbst angestellt hast. Torgunn lacht und weint abwechselnd über deine Verdächtigungen und harten Worte; ja, sie sagte mir, es täte ihr nun fast leid, daß sie den Priester, da sich diese Gelegenheit bot, nicht wirklich verführt habe. >Bevor Rapp kam, hätten wir zu mancherlei Zeit gehabt<, sagte sie, »und da ich nun ja doch Schande und Verdruß davon haben soll, hätte ich mir auch das Lustige dabei gönnen dürfen.< Das hat sie gesagt, und wenn du so klug bist, wie ich das von dir glaube, Rapp, dann rührst du mit keinem Wort mehr an diese Sache; denn dann könnte sie gefährlich werden, das sage ich dir. Bist du nun aber gut zu ihr, dann fängt sie gewiß nicht von selbst davon an; und es wäre gut, wenn du es bald dazu brächtest, daß sie Kinder bekommt, denn dann wären dir weitere Befürchtungen wegen dieses armen, unglücklichen Magisters erspart.«
Rapp strich sich über den Schädel und murmelte etwas davon, daß es ja am nötigen Fleiß nicht fehle. Es war ihm anzumerken, daß Ylvas Worte ihn sehr erleichtert hatten, und er dankte ihr, daß nun alles in Ordnung war.
»Und gut ist’s«, sagte er, »daß auch ich selbst nicht aller Klugheit bar bin, wenn ich auch gewiß nicht so klug bin wie du, Ylva. Denn hätte ich den Magister erschlagen, dann stände ich jetzt mit langer Nase da, und ihr beide würdet mir gram sein. Aber nun will ich zu Torgunn gehen und zusehen, daß sie mir wieder gut wird.«
Als Orm und Ylva jetzt allein waren und sich zu Bett gelegt hatten, redeten sie vor dem Einschlafen noch eine Weile über diese Sache.
»Es ist besser abgelaufen, als ich glaubte«, sagte Orm, »und das ist dein Verdienst. Hätte ich urteilen müssen, dann wäre ich dabei geblieben, daß sie sich mit anderem abgegeben haben als mit ihrem Knie.«
Ylva lag eine Weile schweigend da. Dann sagte sie: »Orm, damit hättest du recht gehabt, aber das darf nie jemand erfahren. Ich habe ihr versprochen zu schweigen und Rapp zur Vernunft zu bringen, und dabei muß es bleiben; niemand, nicht einmal Vater Willibald, darf etwas davon wissen, denn das brächte nicht nur Rapp und Torgunn viel Unglück, sondern auch diesem armen
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