Die Abenteuer des Röde Orm
Valdemar im Gardareich, der als reicher und mächtiger Herrscher einen großen Namen hat und gegen kunsterfahrene Leute freigebig sein soll.«
»Zu ihm ist der Weg lang«, sagte Orm.
»Wir ziehen als heimatlose Wanderer über die Erde«, sagten sie, »aber wir gehen gern überall hin, wo Könige sind, denn ihnen sind wir immer willkommen. Und jenseits vom Gardareich herrscht Kaiser Basilius, er, der Bulgarentöter genannt wird und der von allen Herren der Welt der mächtigste ist, seit König Harald und König Erik dahin sind. Es mag aber sein, daß der junge Kaiser in Deutschland das nicht gern hören würde und auch nicht König Brian bei uns daheim. Uns haben weitgereiste Männer gesagt, daß die Gaukler des Kaisers in Miklagärd großes Ansehen haben und schwere Dinge auszuführen vermögen, und vor allem haben wir von einem Kunststück gehört, das sie, als in Miklagärd Kaiser Nikephoros herrschte, vor den Gesandten des alten deutschen Kaisers zum besten gegeben haben sollen. Dabei kam ein wunderliches Klettern an einer Stange vor, und diese Kunst ist uns nicht bekannt, obschon wir sonst mehr als andere zu wissen glauben. Es würde sich daher lohnen, ihre Geschicklichkeit zu sehen und wiederum ihnen zu zeigen, was die Meister von Erin vermögen. Und vor dem Kaiser Basilius zu gaukeln, wäre uns fürwahr eine große Ehre, und auch er würde geehrt durch unseren Besuch. Zuerst aber wollen wir nach Uppsala zum jungen König, und da ist es am besten, mit Spjalle zu gehen. Denn er ist ein Mann, mit dem es sich gut betteln läßt.«
Und so geschah es; nach einigen Tagen, als Spjalle sich wieder bei Kräften fühlte, band er sich das Königsschwert an das Bein, und er und die beiden Meister griffen nach ihren Bettelsäcken und Stäben. Äsa und Ylva gaben ihnen reichliche Wegekost mit, so daß sie sagten, sie hätten nur wenig Hoffnung, sonstwo unterwegs so viel Gastfreundschaft zu finden, wie ihnen hier zuteil geworden war.
»Und wenn wir uns jemals wiedersehen«, sagte Felimid beim Abschied zu Orm, »so weißt du, daß du an uns immer gute Freunde haben wirst.«
»Ein Wiedersehen wünscht’ ich mir gern«, sagte Orm, »aber schlagt ihr den Weg nach Miklagärd ein, dann bleibt es ja wohl nur beim Wunsch. Denn ich sitze hier still, sehe Kinder zur Welt kommen und Ernten keimen und werde gewiß nie wieder auf die Reise gehen.«
»Wer weiß, wer weiß«, sagten die langohrigen Männchen. Sie nickten allen zu, Vater Willibald gab ihnen seinen Segen mit, und so zogen sie mit Spjalle ihres Weges. Der Magister Rainald aber blieb noch einige Zeit bei Orm, denn das hielt man für ihn am besten. Alle meinten, daß er nicht auf eigene Faust über die Grenze dürfe, um den Vater Sebastian zu suchen, denn dann würde er bald nutzlos und, bevor er irgend etwas hätte ausrichten können, gefangen und umgebracht werden. Daher wurde bestimmt, daß er auf Gröning bleiben solle, bis die Zeit für das große Thing der Grenzbewohner herangekommen war, das nun bald am Kraka-Stein vor sich gehen sollte. Denn dort, sagte Orm, könnte vielleicht etwas zur Förderung seiner Angelegenheit geschehen.
Wie der Magister das Jungvieh suchte und wie er in einem Kirschbaum saß
Nun ging es, wie Orm gesagt hatte: der Magister blieb den Sommer lang auf Gröning. Er war dem Vater Willibald behilflich, wenn er für das Hausgesinde und die Neugetauften der Umgegend – sofern diese es der Mühe wert hielten, herbeizukommen – den Gottesdienst hielt, und alle rühmten sein Singen in der Messe, denn er sang schöner, als man es je gehört hatte. Zu Anfang fanden die Neugetauften sich nicht gern ein, aber als der Gesang des Magisters weit und breit in Ruf kam, erschienen sie zahlreicher, und beim Lauschen auf seine Stimme kamen vielen Frauen die Tränen. Vater Willibald war mit dieser Beihilfe sehr zufrieden, denn mit seinem Gesang war es nicht weit her.
In anderen Dingen jedoch taugte der Magister nur wenig. Orm wollte ihn während der Woche mitarbeiten lassen und daher gern herausbringen, wozu er am besten taugte, aber es war schwer, eine Beschäftigung für ihn zu finden, welche die Kosten seines Unterhalts auch nur notdürftig deckte. Er verstand sich auf gar nichts und wußte mit Werkzeugen nicht umzugehen.
Orm sagte ihm: »Es steht schlimm für dich; denn bald wirst du in Smaland Knecht sein, und bloß mit Singen wirst du dir das Leben nicht angenehm machen können. Es wäre für dich am besten, während du hier bist, dies und jenes zu
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