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Die Abenteuer des Röde Orm

Die Abenteuer des Röde Orm

Titel: Die Abenteuer des Röde Orm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frans Bengtsson
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ich kenne sie alle beide«, sagte er. »Dieser hier ist Vater Sebastian, ein Mann von gewaltiger Frömmigkeit, er, den unser toller Magister aus der Knechtschaft auslösen sollte. Gott selbst hat ihn nun befreit und ihn in die Schar der heiligen Märtyrer in seine hohen Himmel aufgenommen. Und dieser hier ist Bruder Nithard von Reims, der sich einst mit Bischof Poppo bei König Harald aufhielt. Später ging er nach Schonen, und man hat nie wieder von ihm gehört; vielleicht ist er auch in Knechtschaft geraten. An seinem Ohr erkenne ich ihn. Er war immer feurigen Geistes und eiferte für die rechte Lehre; und einst, an des Kaisers Hof, biß ihm ein Mönch der Kaiserin Theophano von Konstantinopel ein Ohr ab, denn sie waren wegen der Ausgießung des Heiligen Geistes miteinander in Zwist geraten. Er pflegte zu sagen, daß er sein Ohr im Kampf gegen die Ketzerei dahingegeben habe und daß er im Kampf gegen das Heidentum gern auch seinen Kopf hergeben würde. Und nun ist es wirklich so geworden.«
    »Wenn er sich das gewünscht hat, so ist es ja gut«, sagte Orm. »Ich aber glaube, daß die Finnveder diese Männer nicht kopflos gemacht haben, um ihnen einen Gefallen zu tun, wie heilig sie auch gewesen sein mögen; und ihre Köpfe haben sie uns geschickt, um uns Schmach und Verdruß zu bereiten. Es ist der Lohn dafür, daß wir Östen und seine beiden Männer tauften und sie dann laufen ließen, statt sie umzubringen, als sie in unserer Hand waren. Nun bedauerst du das gewiß ebensosehr wie ich.«
    »Eine gute Tat bleibt immer gut und soll nicht bedauert werden, was sie auch nach sich zieht«, sagte Vater Willibald. »Und diese heiligen Köpfe werde ich daheim in meiner Kirche begraben, denn von ihnen wird viel Kraft ausgehen.«
    »Eines geht bereits von ihnen aus, nämlich Geruch«, sagte Orm düster. »Aber mag sein, daß du recht behältst.«
    Und auf Vater Willibalds Befehl half er mit, Gras und belaubte Zweige einzusammeln und sie in den Sack zu tun. Dann wurden die beiden Köpfe sorgfältig darauf niedergelegt und der Sack zugebunden.

Das Thing am Kraka-Stein
    Am folgenden Morgen wurden von jeder Schar je zwölf Männer gewählt, die sich darauf zu den Plätzen begaben, die den Gewählten von alters her zustanden; jede Zwölfzahl – unter sich zusammenhaltend – bildete mit den anderen vor dem Stein einen Halbkreis, und hinter ihnen stand der Volkshaufe, um den Worten der weisen Männer zu lauschen. Die zwölf Virden saßen in der Mitte, und ihr Häuptling erhob sich zuerst. Er hieß Ugge, der Stammler, der Sohn des Oar: ein alter Mann, der in ganz Värend als der weiseste galt. Das Reden war ihm seit jeher schwergefallen, aber niemand zweifelte daran, daß er um so besser zu denken verstand; und man erzählte sich, daß man ihm schon in jungen Jahren Weisheit angemerkt habe; denn da sei es vorgekommen, daß er drei Tage lang, ohne ein Wort zu sagen, im Thing saß und nur ab und zu den Kopf schüttelte.
    Dieser trat nun an den Stein heran und wandte sich den Thingmännern zu.
    »Kluge Männer sind jetzt hier zusammengekommen«, sagte er, »sehr kluge Männer aus Göinge und Värend und Finnveden, wie die alte Sitte der Väter will. Das ist gut so, und ich grüße euch: möge unser Ratschluß gesegnet sein und eure Klugheit uns allen zum besten dienen. Wir sind hier versammelt, um über den Frieden zu beraten. Es ist Menschenart, daß die einen so, die anderen anders denken. Ich bin alt und habe viel erlebt, und mein Denken hat Klarheit gewonnen. Mir scheint, daß Frieden eine gute Sache ist: besser als Fehde, besser als Brandstiftung, besser als Totschlag. Zwischen uns hat jetzt drei Jahre lang Frieden bestanden, und das hat keine Nachteile gehabt. Und es wird auch nicht nachteilig sein, wenn der Frieden noch länger dauert. Wer Klage zu führen hat, der soll gehört werden und einen Urteilsspruch in seiner Sache erhalten. Und Männer, die einander zu töten wünschen, mögen das hier am Stein tun, wie das Thingrecht und alter Brauch es bestimmen. Am besten aber ist Frieden.«
    Die Virden blickten stolz umher, als er seine Rede geendet hatte, denn sie taten sich auf ihren Häuptling und seine Weisheit nicht wenig zugute. Darauf erhob sich nun der Thinghäuptling der Göinger. Er hieß Sone, der Heil-Seher, und war so alt, daß zwei Männer, die ihm zunächst saßen, ihm unter die Arme griffen, als er sich zum Aufstehen anschickte; aber er stieß sie ärgerlich von sich und stolperte schnell auf den Stein zu, wo er

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