Die Abenteuer des Röde Orm
die glücklichste Stunde seines Lebens gewesen.
Das sind Kindereien, aber der Gedanke an solches ist jetzt die einzige Freude, die mir blieb. Mit der Zeit wurde es anders; und ich lasse viel beiseite, was zu lang zum Erzählen ist. Aber nach ungefähr fünf Jahren, als ich Hauptmann in der Leibwache war, kam Symbatios wieder zu mir in die Kammer und weinte, aber diesmal nicht vor Freude. Er war an diesem Tag in die entfernteste Kleiderkammer gegangen, wo die Krönungsgewänder aufbewahrt werden, um dort, wo nur selten jemand eintritt, nachzuschauen, ob es dort etwa Mäuse gebe. Statt der Mäuse habe er jedoch Halvdan und Zoe in einem neuen Spiel beieinander gefunden, das ihn über die Maßen erschreckt habe und auf einem Bett vor sich gegangen sei, das aus den Krönungsgewändern, die die beiden aus den Truhen hervorgezogen, bestanden habe. Sie hatten da schnell nach ihren Kleidern gegriffen und waren ihm, der sprachlos dastand, entschlüpft; und die Prunkgewänder von purpurfarbener Seide aus Sererland seien so arg zerknittert gewesen, daß er sich nun keinen Rat wußte. Er habe sie, so gut er konnte, geglättet und sorgsam in die Truhen zurückgelegt. Nur eines, sagte er, habe er zu erwarten, wenn das alles entdeckt würde, nämlich: geköpft zu werden; und es sei ein Glück, daß die Kaiserin krank darniederliege, so daß niemand an etwas anderes denken könne und alle Hofbeamten sich in ihrem Gemach aufhielten. Daher auch habe es an Aufsicht über die Prinzessinnen gefehlt, was Zoe sich zunutze gemacht habe. Und sicherlich sei alles nur ihre Schuld; denn niemand könne glauben, daß ein zwölfjähriger Knabe von sich aus auf dergleichen verfallen wäre. Aber was nun geschehen sei, ließe sich nicht ändern, und dieses Unglück halte er für das schlimmste, was ihn je im Leben getroffen habe.
Ich lachte über diese Geschichte und sagte mir, daß mein Sohn nach seinem Vater geartet sei. Und ich versuchte den Alten damit zu trösten, daß Halvdan noch gar zu jung sei, um der Prinzessin Zoe – so sehr die beiden sich auch bemühen mochten – einen kleinen Kaiser zu machen; und daß der Schaden, den die zerknitterten Prachtgewänder genommen, kaum allzu groß sein dürfte. Aber der Alte hörte nicht auf zu klagen. Er sagte, es gelte nun für uns alle das Leben: für ihn und seine Frau, für meinen Sohn und für mich; denn Kaiser Konstantin werde uns alle töten lassen, wenn er vom Geschehenen erfahre. Und niemand möge glauben, daß Zoe, weil sie mit Halvdan überrascht worden, nun etwa ängstlich geworden sei. Sie sei jetzt fünfzehn Jahre alt, und ihr Sinn gleiche eher dem eines wild entflammten Teufels als dem einer schamhaften Jungfer; daher werde sie es gewiß bald wieder mit Halvdan versuchen; sie habe ja sonst nur Frauen und Verschnittene um sich. Dann werde alles bald entdeckt werden; die Prinzessin würde von einem Bischof verwarnt, wir anderen aber mit Halvdan getötet werden.
Während er so redete, wurde mir bange. Ich dachte an die vielen von der Leibwache, die zu meiner Zeit vor meinen Augen verstümmelt und getötet worden waren, wenn der kaiserliche Zorn sie getroffen hatte. Wir suchten meinen Sohn auf und hielten ihm vor, was er getan; aber ihm fiel es schwer, das Geschehene zu bereuen. Es sei dies nicht das erste Mal gewesen, und er sei kein Kind, das man habe verlocken müssen, sondern er habe in dieser Sache nicht weniger getaugt als Zoe. Ich begriff, daß nichts sie voneinander fernhalten konnte und daß, wenn sie so fortfahren würden, unser aller Unglück gewiß sei. Darum sperrte ich ihn beim Leinenkleiderbewahrer ein und ging zum obersten Hauptmann der Leibwache.
Er hieß Zacharias Lakenodrako und wurde oberster Schwertträger genannt; das ist bei den Byzantinern ein hoher Ehrenname. Er war ein alter Mann, schön und von hoher Gestalt; er trug rote und grüne Edelsteine an den Fingern und seine Rede war ernst und klug und dazu von großer Verschlagenheit wie bei allen, die in Miklagärd zu hoher Stellung gelangt sind. Ich verbeugte mich vor ihm ehrfurchtsvoll und sagte, da es mir in der Leibwache nicht mehr behage, wolle ich für die Zeit, die ich dem Kaiser noch dienen müsse, auf ein Kriegsschiff versetzt werden. Er bedachte sich und fand die Sache schwierig, meinte aber zuletzt, wenn ich ihm einen Dienst erweise, könne er mir den Willen tun. Es sei sein Wunsch, sagte er, daß der Archimandrit Sophron, der Beichtvater des Kaisers Konstantin, gründlich verprügelt werde; denn jener sei
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