Die Abenteuer des Röde Orm
bloß wegen einer Frau, die bemalte Augen habe, mich ohne einen Verwandten zurückzulassen. Er aber bestand auf seinem Willen und war taub für vernünftige Rede. Jene Frau, sagte er, sei makellos in allem und gleich einer Feuerflamme, und er könne nie und nimmer von ihr lassen. Und überdies werde er im Dienst des Schatzmeisters Ansehen und Reichtum gewinnen und es nicht mehr nötig haben, bloß ein armer Bogenschütze zu sein. Und es sei keine Gefahr, daß er sich verrate und umgebracht werden würde; denn ich solle bedenken, daß er ja halb Byzantiner sei und daher vieles, was Frauen und anderes angehe, besser verstünde als ich. Da wurde ich zornig und verfluchte seine Mutter, und so schieden wir.
Das war mir ein großer Schmerz. Aber ich dachte: er werde zurückkommen, wenn die Frau seiner oder er ihrer überdrüssig geworden sei, und später, am Ende meiner Dienstzeit, werde er mit mir heimkehren, sich hier eine Frau nehmen und sein byzantinisches Blut vergessen.
Die Zeit ging hin, und Kaiser Basilius, der größte aller Heerführer, die je von Miklagärd ins Feld gerückt sind, fing wieder Krieg an gegen die Bulgaren. Die sind gute Krieger, aber auch große Räuber, die ihre Nachbarn arg plagen, so daß sie vielen Kaisern zum Ärgernis gereichen. Nun hatte Kaiser Basilius einen Eid geschworen, daß er ihr Reich zerstören, sie selbst ausrotten und ihren König an eisernen Ketten am Tor seiner Stadt aufhängen werde. Er zog mit einem großen Heer in ihr Reich, und auf seinen Befehl segelte die rote Flotte ins Schwarze Meer, dessen Küsten zu verwüsten.
Aber zwölf der besten Schiffe wurden zu einem besonderen Auftrag ausgewählt, und unter diesen war auch das meine. Wir nahmen Mannschaft vom Heer an Bord, soviel wie die Schiffe tragen konnten, und segelten längs der Küste nordwärts bis zur Mündung des Donauflusses, der größer ist als alle anderen Ströme. Der Anführer der zwölf Schiffe hieß Bardas; er war auf dem größten Schiff, und als wir nebeneinander in drei Schiffsgliedern stromauf ruderten, hörte ich sagen, der Schatzmeister der Flotte sei bei ihm an Bord. Darüber freute ich mich, und ich hoffte, meinen Sohn, wenn er lebte, wiederzusehen. Aber warum der Schatzmeister mit uns gekommen war, konnte niemand sagen.
Wir hörten zum Kampf blasen und gelangten zu einer von Bulgaren gebauten Veste; sie lag hinter Erdwällen und Pfahlwerk auf einem Hügel, nicht weit vom Fluß. Ringsum dehnten sich Einöden und Sümpfe, und nichts war zu sehen als Vögel und Schilf. Wir alle verwunderten uns, daß der Kaiser uns hierhergeschickt hatte. Aber die Soldaten wurden an Land gesetzt, um die Veste zu stürmen, und mit ihnen gingen auch die zu den Schiffen gehörenden Bogenschützen. Die Bulgaren kämpften tapfer auf ihren Wällen, und erst am zweiten Tage gewannen wir die Oberhand. Ich bekam einen Pfeil durch den Arm und kehrte zu meinem Schiff zurück; man zog ihn mir heraus und behandelte die Wunde, und als es Nacht wurde, saß ich auf Deck und sah die Veste brennen und die Leute des Schatzmeisters mit Gefangenen, die schwere Lasten trugen, zurückkehren. Das Schiff, auf dem Bardas und der Schatzmeister waren, lag am weitesten flußabwärts und der Veste am nächsten; darauf kamen zwei andere Schiffe, darauf das meine, und dann, flußaufwärts, hintereinander, die übrigen. Eine Weile nachdem es dunkel geworden war, entstand Unruhe und Lärm auf einem der flußab liegenden Schiffe, und von anderen rief man herüber und fragte, was vor sich gehe. Ich glaubte, daß Bardas einige Plünderer züchtigen ließ. Bald legte sich das Lärmen, und es ward still, und ich, der ich mit Schmerzen im Arm schlaflos dasaß, hörte bloß das Geheul von Wölfen, die Fraß witterten.
Da schwamm ein Mann an das Schiff heran. Ich hörte ihn im Wasser, konnte aber nichts sehen, und weil die Bulgaren auf mancherlei verfallen können, nahm ich einen Speer zur Hand und fragte: wer er sei? Aber die Antwort machte mich froh, denn ich hörte die Stimme meines Sohnes. Ich nahm ihn an Bord, und er saß keuchend da. Ich sagte: »Es tut gut, dich wiederzusehen; ich hatte das kaum gehofft.« Er antwortete mit leiser Stimme: »Bardas ist auf dem Schiff getötet worden, und viele mit ihm. Der Schatzmeister und sein Vater fliehen mit dem Golde. Es ist mehr Gold, als noch je gesehen ward. Wir müssen ihnen nach und es an uns bringen. Hast du Bogenschützen an Bord?«
Ich gab ihm zu trinken, so daß er leichter atmete. Ich sagte, daß
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