Die Abenteuer des Röde Orm
dem Fluß gezogen. Nur Svarthövde hatte gesehen, wie er gestorben war, und er hatte nicht viel zu berichten. Er und Are waren beim Fischen gewesen, und dabei sei es nicht anders hergegangen als sonst, nur daß Are ihm einige Male über Wange und Haar gestrichen habe. Nach einer Weile sei er aufgestanden und habe dreimal das Kreuz geschlagen; und dann sei er mit schnellen Schritten ins Wasser gegangen und dort, wo es plötzlich tief wurde, verschwunden, ohne wieder zum Vorschein zu kommen. Svarthövde habe nichts tun können, um ihn zu retten, und es habe lange gedauert, bis sein Leichnam gefunden wurde.
Äsa hatte sich, nachdem dies geschehen war, zu Bett gelegt und wäre am liebsten gestorben. Orm setzte sich zu ihr und tröstete sie, so gut es gehen wollte. Niemand, sagte er, dem es ergangen sei wie Are, hätte am Leben noch Freude haben können, und es verstehe sich von selbst, daß er sich fortgesehnt habe aus seinem Elend, hin zu Gott, nun da er die Angelegenheit mit dem Golde zu Ende geführt habe.
»Bedenke doch«, sagte er, »daß Gott ihn nun wieder sehend macht und daß er seine Hand und seine Zunge wiederbekommt; ja, vielleicht hat er auch schon seinen Sohn dort oben getroffen. Alles das ist kein geringer Gewinn, und jeder Kluge hätte es ebenso gemacht.«
Äsa stimmte ihm zu, fand aber doch, daß solche Trauer schwer zu verwinden sei, und es dauerte drei Tage, bis sie wieder auf den Füßen war. Are wurde bei der Kirche begraben, dicht neben dem Platz, da Vater Willibald die beiden Köpfe der von Osten in Öre getöteten heiligen Männer bestattet hatte. Äsa wollte neben Are begraben werden, und sie meinte, bis dahin werde es nun nicht mehr lange dauern.
Toke ritt heim, um sich reisefertig zu machen, und vor Mittsommer fanden sich sowohl er wie auch Olof Sommervogel wieder auf Gröning ein; jeder mit einer Gefolgschaft von tüchtigen Männern. Olof hatte viel zu besorgen gehabt; seine beiden Frauen hatte er reich entschädigt und vom Hofe verbannt, obschon eine von ihnen damit nicht zufrieden war und sich stark widersetzt hatte. Nun hinderte ihn nichts, Ludmilla in allen Ehren zu heiraten, und er sprach wieder den Wunsch aus, nun gleich Hochzeit zu machen. Aber Orm blieb bei dem, was er gesagt hatte, und hielt es für verkehrt, vor der Reise an dergleichen zu denken.
»Sie ist dir ja doch verlobt«, sagte er, »und damit mußt du dich bescheiden. Ein neugebackener Ehemann taugt wenig auf einer Langfahrt. Wir haben unseren Handel abgeschlossen und dabei soll es bleiben. Zuerst holen wir das Gold, und wenn das getan ist, bekommst du meine Tochter zum Lohn für deine Hilfe. Hier ist es nicht Brauch, zu zahlen, noch bevor etwas geleistet wurde.«
Olof Sommervogel war ein Mann, der in allem rechtlich dachte, und er konnte nicht leugnen, daß, was Orm gesagt hatte, wirklich stimmte. Er selbst hatte nichts dagegen vorzubringen als seine Vernarrtheit in das Mädchen, und die war für alle höchst belustigend. Denn kaum daß Ludmilla in seine Nähe kam, veränderte sich seine Stimme, und er mußte nach Atem ringen; ja, er sagte selbst, daß ihm derartiges noch nie widerfahren sei. Ludmilla dachte, was die Hochzeit betraf, nicht anders als er, aber sie konnte Orm anmerken, daß Überreden nutzlos bleiben würde. Olof und sie waren sich jedoch bald klar, daß sie die Köpfe nicht hängen zu lassen brauchten, denn sie waren sich ja in dieser Sache einig.
Vor der Abreise bestimmte Orm genau, wie es auf dem Hof gehalten werden sollte. Rapp, sagte er, müsse daheim bleiben und in allem nach dem Rechten sehen, wenn auch dieser bis zuletzt darüber brummte und mitfahren wollte. Orm ließ ihm genug Leute, um den Hof bewirtschaften und auch verteidigen zu können. Aber Ylva sollte über alles die letzte Entscheidung haben, und nichts Wichtiges durfte vorgenommen werden, ohne daß man sie gefragt hatte. Harald sollte daheim bleiben, denn Orm wollte seinen Erstgeborenen nicht den Gefahren dieser Reise aussetzen, zu der auch Harald selbst keine große Lust zeigte; aber Ulf Frohsinn durfte mitkommen und schließlich auch sogar Svarthövde, nachdem er Orm und Ylva lange mit seinen Bitten in den Ohren gelegen hatte. Mehr als einmal hatte Ylva vor Trauer und auch vor Zorn und Raserei Tränen vergossen, weil Svarthövde in dieser Sache so halsstarrig war. Sie fragte, was ein Dreizehnjähriger wohl unter Kriegern solle? Aber nichts half. Er sagte, wenn man ihm nicht den Willen lasse, würde er von Hause fortlaufen und mit
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