Die Abenteuer des Röde Orm
gedingt hatte; so ritt er denn mißmutig mit den andern heim, wobei er vor sich hinmurmelte, daß dieses Bulgarengold ihn noch in Armut und Elend bringen werde.
»Eines habe ich jetzt gelernt«, sagte Harald Ormsson, »daß viel Silber nötig ist, um Gold zu gewinnen.«
»Das ist recht gesagt«, entgegnete Toke, »und machst du so weiter, wie du begonnen hast, dann wirst du noch ebenso weise wie dein Großvater. >Von Odins Armring tropft jeden Mittwoch ein neuer Ring herab< sagten die Alten, so daß er mittlerweile zu recht vielen gekommen sein muß; aber hätte er den ersten nicht gehabt, so wäre er jetzt ohne einen einzigen. Schwing dich nie zum Wiking auf, wenn du nicht viel Silber hast und versuche dich auch nicht als Pelzhändler, das ist mein Rat. Nur Dichter können mit leeren Händen Reichtum gewinnen, aber dann müssen sie sich auf bessere Weisen verstehen als andere. Das ist das Ärgerliche bei diesem Beruf.«
Auf dem Heimwege ritten sie zu Sone, dem Seher, denn Orm hatte dort Geschäfte.
Sones Hof war groß und geräumig, und überall wimmelte es von seinen Söhnen und deren Kindern. Er selbst war nun über die Maßen alt; vor sich hinmurmelnd saß er am Feuer. Orm grüßte ihn ehrfürchtig, und nach einer Weile erkannte ihn Sone; er nickte ihm freundlich zu, fragte nach Neuigkeiten und begann von seiner Gesundheit zu reden. Die sei nun nicht mehr so gut wie einst, jedoch nicht so, daß er zu klagen hätte, und er sei froh, daß sein Verstand nicht gelitten habe; der tauge immer noch mehr als der anderer Leute.
Eine Schar seiner Söhne war hereingekommen, um die Gäste zu begrüßen und Neuigkeiten zu hören; es waren kräftige Männer jeden Alters. Als nun ihr Vater auf seinen Verstand zu sprechen kam, riefen sie: was der Alte da sage, sei dummes Zeug; von Verstand sei bei ihm jetzt nichts mehr vorhanden, nur Zunge und leeres Geschwätz seien noch übrig. Das ärgerte Sone; er hob drohend seinen Stock und brachte sie zum Schweigen.
»Sie reden einfältig«, sagte er zu Orm. »Sie glauben nämlich, es habe mich meinen ganzen Verstand gekostet, sie zu zeugen, so daß für mich selbst nichts mehr übriggeblieben sei. Aber es ist leicht zu merken, daß dies nicht stimmt; denn viel Verstand ist ihnen nicht zugefallen. Mitunter jedoch kommt es vor, daß ich ihre Namen verwechsle oder auch sie ganz und gar vergesse, und im Ärger darüber reden sie schlecht von mir. Aber in Wahrheit verhält es sich so, daß es sich gar nicht lohnt, diese Namen im Gedächtnis zu haben.«
»Ich bin sowohl deinetwegen als auch um deiner Söhne willen hierhergekommen«, sagte Orm. »Um ein Erbe zu holen, unternehme ich eine Langfahrt gen Osten, ins Gardareich. Ein Schiff habe ich schon gekauft. Es kann eine Fahrt werden, auf der kampftüchtige Leute nottun. Deine Söhne habe ich immer als herzhafte Männer rühmen gehört, daher meine ich, es wäre günstig, wenn einige von ihnen mit mir kämen. Ich zahle, wie sich’s gebührt, und geht alles gut, so mag es sein, daß bei der Rückkehr Silber ausgeteilt wird.«
Als Sone das hörte, lebte er auf. Eine bessere Neuigkeit sei ihm lange nicht zu Ohren gekommen, sagte er, und er würde gern eine Schar seiner Söhne mitschicken. Sie könnten es gut brauchen, einmal in die Welt hinauszukommen, um auf diese Weise gesittet und verständig zu werden. Und außerdem würde dann das Gedränge um ihn her nicht mehr so groß sein.
»Nun, da ich alt bin, sind es ihrer zu viele«, sagte er. »Nimm die Hälfte von ihnen mit, davon werden wir beide Nutzen haben, aber nimm nicht von den ältesten und nicht von den jüngsten, sondern ein halbes Schock von den mittleren. Auf einem Schiff sind sie noch nie gewesen, aber wo es Kampf gibt, da taugen sie.«
Einige der Söhne waren sofort bereit; andere wurden nachdenklich und wollten sich erst später entscheiden. Sie hatten davon gehört, wie Orm die beiden Berserker erschlagen hatte, und er schien ihnen ein Häuptling nach ihrem Sinn zu sein. Nun beratschlagte man bis spät in den Abend, und zuletzt wurde es so, daß elf sich zur Fahrt entschlossen. Sie versprachen, sich gegen Mittsommer bereit zu halten; dann wollte Orm sie abholen.
Toke schien das eine gute Werbung, denn diese Männer sahen danach aus, als würden sie ihren Mann stehen. Auch Orm war zufrieden, und als sie am nächsten Morgen weiterritten, war sein Mißmut geschwunden.
Daheim kam man ihnen mit einer traurigen Nachricht entgegen: Are war tot. Man hatte seine Leiche soeben aus
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