Die Abenteuer des Röde Orm
können. Und ihr braucht keine Furcht zu haben vor uns, denn ihr seht wie gute Leute aus, und nur, wenn man sich gegen uns stellt, brauchen wir Gewalt. Einige eurer Ziegen werden ja wohl draufgehen, aber das ist das Schlimmste, was ihr von uns auszustehen habt, und wir denken nicht, lange zu bleiben.«
Als die Alten das alles verstanden hatten, nickten sie und lächelten freundlich, und ihr Sprecher sagte, daß sie nicht selten Seefahrer auf der Insel beherbergten und noch durch keinen Böses erfahren hätten.
»Denn wir selber tun niemandem Unrecht«, sagte er, »und wir besitzen nichts als unseren Rübenacker und unsere Hütten; außerdem ist die ganze Insel dem heiligen Finnian Untertan, und er ist mächtig bei Gott und hält seine Hand über uns. Und unsere Ziegen hat er dieses Jahr reich gesegnet, so daß es an Nahrung nicht fehlen wird. Seid daher willkommen; nehmt fürlieb mit dem wenigen, was wir zu bieten haben; uns Alten, die wir meist allein hier sitzen, macht es Freude, weitgefahrenen Männern zuzuhören.«
Die Sklaven wurden nun an Land gebracht, das Schiff zog man auf das Ufer herauf, und Orm und seine Leute hielten nun auf der Insel des heiligen Finnian Rast und kamen mit den Mönchen gut überein. Sie fischten mit ihnen und taten manchen guten Fang, und sie fütterten die Sklaven, bis sie nicht mehr so elend aussahen. Und Orm und die anderen mußten den Mönchen viel von ihren Abenteuern erzählen. Denn obwohl das Übersetzen Mühe machte, wollten die Alten doch gern Neuigkeiten aus fernen Ländern erfahren. Aber am meisten von allem bewunderten sie die Glocke, die größer war als irgendeine, von der sie auf Irland hatten reden hören. Sie sagten, es sei ein gewaltiges Wunder, daß St. Jakob und St. Finnian durch ihre Glocken einander aus der Ferne zugerufen hätten; und zuweilen schlugen sie bei ihrem Gottesdienst an die Jakobsglocke statt an ihre eigene und hatten Freude an dem großen Klang, der über das Meer hinging.
Von Orms Aufenthalt bei den Mönchen des heiligen Finnian und wie zu Jellinge ein Wunder geschah
Während ihres Aufenthaltes bei den Mönchen des heiligen Finnian berieten Orm und seine Mannen eifrig darüber, was am besten zu tun sei, nun da die Sklaven wieder wohlauf waren und die Reise fortsetzen konnten. Orm wie auch die anderen wollten alle heim; die Gefahr, Seeräubern zu begegnen, war gering, da sich jetzt nur noch wenige Schiffe draußen auf hoher See hielten, und später würde Winterwetter die Fahrt erschweren, so daß die Sklaven sie dann vielleicht nicht überstehen könnten. Es schien daher das klügste zu sein, sie möglichst bald zu verkaufen. Um das zu besorgen, konnte man entweder nach Limerick fahren, wo viele Leute Orms Vater kannten, oder auch nach Cork segeln, wo Olof-mit-denEdelsteinen seit je einen schwunghaften Handel mit Sklaven betrieb. Sie erkundigten sich bei den Mönchen, welches von beidem wohl das beste sei.
Als die Mönche begriffen hatten, was sie erfahren wollten, redeten sie miteinander, und viele lächelten, und dann sagte ihr Wortführer: »Man merkt, daß ihr von weit her seid und nicht viel von dem wißt, wie es nun auf Irland steht. Weder in Limerick noch in Cork wird es euch leichtfallen, Handel zu treiben. Brian Borhumba hat nun die Macht auf Irland, und selbst weitgereiste Fremde wie ihr haben wahrscheinlich von ihm gehört.«
Orm sagte, sein Vater habe oft von einem König Brian erzählt, der Krieg gegen die Wikinger in Limerick geführt habe.
»Jetzt führt er nicht mehr Krieg gegen sie«, sagte der Mönch. »Zu Anfang war er Häuptling der Dalcassier, da bekriegten ihn die Wikinger von Limerick. Darauf wurde er König von Thomond; da war er es, der die Wikinger von Limerick bekriegte. Dann jedoch wurde er König über ganz Munster; da erstürmte er Limerick und tötete die meisten Wikinger, und die übriggebliebenen flohen. Und nun ist er der größte Held auf Irland, ist König über Munster und Herr über Leinster, und alle Fremden, die in ihren Küstenstädten sitzen, zahlen ihm Steuern. Und jetzt führt er Krieg gegen Malacchi, den Oberkönig von Irland, um dessen Gemahl und die Herrschaft zu gewinnen. Olof-mit-den-Edelsteinen zahlt ihm Steuern und muß ihm zur Heerfahrt gegen König Malacchi Krieger senden; und sogar Siegfried Seidenbart von Dublin, der von allen Fremden auf Irland der mächtigste ist, hat ihm zweimal Steuern gezahlt.«
»Das sind große Neuigkeiten«, sagte Orm, »und dieser König Brian scheint ein
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