Die Abenteuer des Röde Orm
mit dem Rudern besser ging. Orm ließ seine Leute nun abwechselnd den Takt schlagen, und sie fanden, daß der Klang der Glocke am besten war, wenn sie einen lederumwundenen Knüttel benutzten. Sie hatten nun viel Vergnügen daran.
Aber bald bekamen sie wieder Wind, und es war nun nicht mehr nötig zu rudern. Der Wind nahm zu und wurde Sturm, so daß es anfing, gefährlich auszusehen. Grinulf sagte, das sei gerade, was man habe erwarten können, denn sie hätten die Reise angetreten, ohne dem Meervolk zu opfern. Doch andere widersprachen und erinnerten daran, daß Almanzurs Schiffe ihnen gleich nach einem solchen Opfer Unglück gebracht hätten. Grinulf meinte, das sicherste sei, nun Allah zu opfern, und einige waren derselben Meinung, aber Toke sagte, er glaube nicht, daß Allah auf den Meeren viel zu sagen habe. Da sagte Orm: »Ich glaube, daß niemand genau wissen kann, wie mächtig jeder Gott ist, und welchen Nutzen er für uns haben mag; und am besten wäre es vielleicht, weder den einen noch den anderen zu vernachlässigen. Und soviel ist sicher, daß es einen gibt, von dem wir auf dieser Reise bereits Nutzen gehabt haben, und das ist St. Jakob. Denn seine Glocke gibt dem Schiffe ruhige Fahrt, und auch mit dem Rudern hat sie uns geholfen.«
Die Männer meinten, das sei recht gesprochen. Sie brachten nun Ägir, Allah und St. Jakob ein Opfer von Fleisch und Getränken, und danach war ihnen besser zumute.
Sie wußten jetzt nicht genau, wo sie waren; nur dies stand fest, daß sie sich ein gutes Stück von Asturien entfernt hatten. Sie wußten aber, daß sie zuletzt immer Land finden würden, Irland, England oder die Bretagne, wenn sie, wie der Sturm sie getrieben, nach Norden hielten und dabei nicht zu weit nach Westen gerieten. Daher blieben sie auch im Sturm guten Mutes; einige Male sahen sie die Sterne, und es schien ihnen, daß sie recht fuhren.
Am meisten Mühe machten ihnen die Sklaven; denn obschon sie nun nicht mehr an den Rudern zu tun hatten, wurden sie doch elend vor Angst und Seekrankheit, so daß alle grün aussahen und mit den Zähnen klapperten, und einige von ihnen starben sogar. Um warme Kleider war es auf dem Schiff schlecht bestellt, und es wurde täglich kälter, denn nun ging es schon tief in den Herbst hinein. Der schlechte Zustand der Sklaven machte Orm und seine Leute besorgt, und sie pflegten sie, so gut sie konnten, und gaben ihnen, wenn sie zu essen vermochten, vom Besten; denn gelang es, diese Sklaven glücklich an Land zu bringen, so waren sie später viel wert.
Endlich ließ der Sturm nach. Sie hatten nun einen Tag lang schönes Wetter und guten Wind und hielten gen Nordost; und im Sonnenschein wurden die Sklaven wieder munter. Doch am Abend legte sich der Wind ganz, und Nebel breitete sich über sie. Er wurde dichter und dichter und war kalt und tropfend, so daß alle froren, die Sklaven aber am meisten. Kein Windstoß kam, und das Schiff lag still und wurde von der langen Dünung gehoben. Orm sagte: »Nun steht es schlimm für uns, denn liegen wir still und warten auf Wind, so sterben die Sklaven vor Kälte; und lassen wir sie rudern, so sterben sie wahrscheinlich auch, da sie so elend sind. Und so lange weder Sonne noch Sterne zu sehen sind, haben wir nicht viel, wonach wir uns beim Rudern richten können.«
»Mir scheint es am besten, daß wir rudern lassen«, sagte Rapp, »das macht warm. Und laß uns nach der Dünung steuern, denn der Sturm kam von Süden, und solange der Nebel dauert, haben wir nichts anderes, wonach wir uns richten können.«
Rapps Rat wurde für gut befunden, und die Sklaven mußten zu den Rudern greifen, obschon sie schwach waren und sehr klagten. Die Männer wechselten wieder an der Glocke ab, und es schien nun, als klänge sie noch schöner als zuvor und gäbe einen nachhallenden, langen Ton bei jedem Schlag, so daß sie ihnen im Nebel eine gute Gesellschaft war. Mitunter ließen sie die Sklaven auch eine Weile ruhen und schlafen, sonst aber ruderten sie die ganze Nacht.
Der Nebel war immer noch ebenso dicht, und sie steuerten nach der Dünung.
Am Morgen stand Ögmund am Steuer, und Rapp schlug an die Glocke. Die übrigen Männer schliefen. Plötzlich horchten beide auf und sahen einander an und horchten wieder; ein schwacher Klang kam aus der Ferne. Sie staunten und weckten die anderen; alle lauschten. Der Klang ließ sich unablässig vernehmen, und er schien ihnen entgegenzukommen.
»Es klingt, wie wenn noch andere als wir mit einer Glocke
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