Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Die Abenteuer des Sherlock Holmes

Titel: Die Abenteuer des Sherlock Holmes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
Gefährten einen ärgerlichen Blick zu. »Ich nehme an, Sie wissen schon wieder alles«, knurrte er.
    »Nun ja, die Tatsachen habe ich eben erst gehört, aber mein Urteil ist fertig.«
    »So, tatsächlich! Dann glauben Sie also, daß der Teich im Hyde Park keine Rolle in dieser Sache spielt?«
    »Ich halte es für sehr unwahrscheinlich.«
    »Dann erklären Sie mir vielleicht freundlicherweise, wie es kommt, daß wir dies darin gefunden haben?« Er öffnete bei den letzten Worten seine Tasche und schüttete ein Hochzeitskleid aus Moirée, ein Paar weiße Satin-Schuhe sowie Brautkranz und Schleier auf den Boden; alle Objekte waren verfärbt und von Wasser durchtränkt. »Da«, sagte er; er warf einen neuen Hochzeitsring auf den Haufen. »Da haben Sie eine kleine Nuß, die Sie knacken dürfen, Meister Holmes.«
    »Oh, interessant«, sagte mein Freund; er blies blaue Kringel in die Luft. »Das haben Sie aus dem Teich gefischt?«
    »Nein. Ein Parkhüter hat das gefunden; es trieb nahe am Rand des Teichs. Es wurde identifiziert als ihre Kleider, und mir schien, daß, wenn die Kleider dort sind, der Leichnam nicht weit entfernt sein kann.«
    »Vermöge der gleichen brillanten Logik hat sich jeder Leichnam in der Nähe seiner Garderobe auffinden zu lassen. Und was, bitte sehr, wollten Sie mit all dem erreichen?«
    »Irgendein Indiz für Flora Millars Beteiligung am Verschwinden.«
    »Ich fürchte, da werden Sie Schwierigkeiten haben.«
    »So, das fürchten Sie also?« rief Lestrade ein wenig bitter. »Ich dagegen fürchte, Holmes, daß Sie mit Ihren Deduktionen und Schlußfolgerungen nicht besonders praktisch sind. Sie haben innerhalb von zwei Minuten die gleiche Menge stümperhafter Fehler gemacht. Diese Kleid belastet Miss Flora Millar.«
    »Wie das?«
    »Im Kleid ist eine Tasche. In der Tasche ist ein Kartentäschchen. Im Kartentäschchen ist eine Mitteilung. Und hier ist diese Mitteilung selbst.« Er warf sie auf den Tisch vor sich. »Hören Sie sich das an. ›Treffen, wenn alles fertig ist. Sofort kommen. F.H.M.‹ Nun ist meine Theorie schon die ganze Zeit gewesen, daß Lady St. Simon von Flora Millar aus dem Haus gelockt worden ist und daß diese, zweifellos mit Bundesgenossen, für ihr Verschwinden verantwortlich ist. Hier ist, unterzeichnet mit ihren Initialen, eben jene Mitteilung, die ohne Zweifel an der Haustür unauffällig in ihre Hand gedrückt wurde, und die sie in die Reichweite der Übeltäter gelockt hat.«
    »Sehr gut, Lestrade«, sagte Holmes lachend. »Sie sind wirklich hervorragend. Lassen Sie mich das mal sehen.« Er nahm das Papier ganz lässig auf, aber sogleich wurde seine Aufmerksamkeit gefesselt, und er stieß einen leisen Schrei der Befriedigung aus. »Das ist wirklich wichtig«, sagte er.
    »Ha, finden Sie?«
    »Sehr sogar. Ich beglückwünsche Sie wärmstens.«
    Lestrade erhob sich triumphierend und verrenkte den Hals, um Holmes über die Schulter zu blicken. »Wieso denn«, rief er, »Sie sehen sich ja die falsche Seite an.«
    »Im Gegenteil, das ist die richtige Seite.«
    »Die richtige Seite? Sie sind verrückt! Da, auf der anderen Seite, das ist die Mitteilung, geschrieben mit Bleistift.«
    »Und auf dieser Seite hier ist etwas, das aussieht wie ein Teil einer Hotelrechnung 43 , und das interessiert mich sehr.«
    »Damit ist nichts anzufangen. Ich habe mir doch alles längst angesehen«, sagte Lestrade. »›4. Okt., Zimmer 8 Shilling, Frühstück 2 Shilling 6 Pence, Cocktail 1 Shilling, Mittagessen 2 Shilling 6 Pence, Glas Sherry 8 Pence.‹ Ich sehe da nichts Interessantes.«
    »Das glaube ich Ihnen. Trotzdem ist es sehr wichtig. Was die Mitteilung angeht, die ist auch wichtig, oder zumindest die Initialen, deshalb beglückwünsche ich Sie noch einmal.«
    Lestrade stand auf. »Ich habe schon genug Zeit verschwendet«, sagte er. »Ich glaube an harte Arbeit, nicht daran, daß man am Feuer sitzt und feine Theorien ausspinnt. Guten Tag, Mr. Holmes, und wir werden sehen, wer als erster auf den Grund dieser Sache kommt.« Er sammelte die Kleidungsstücke auf, stopfte sie in die Tasche und ging zur Tür.
    »Ein kleiner Hinweis für Sie, Lestrade«, sagte Holmes gedehnt, bevor sein Rivale verschwand. »Ich will Ihnen die wahre Lösung des Problems verraten. Lady St. Simon ist ein Mythos. Solch eine Person gibt es nicht, und es hat sie nie gegeben.«
    Lestrade sah meinen Gefährten traurig an. Dann wandte er sich mir zu, tippte dreimal an seine Stirn, schüttelte feierlich den Kopf und eilte

Weitere Kostenlose Bücher