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Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Die Abenteuer von Aguila und Jaguar

Titel: Die Abenteuer von Aguila und Jaguar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Allende
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Fieber, wollte aber gerne helfen, als seine Mutter ihm erklärte, was geschehen war. Sie betteten ihn an einen Platz, wo alle ihn sehen konnten, und mit schwacher, aber deutlich vernehmbarer Stimme redete er auf seine Kameraden ein, sich gegen Mbembelés Schreckensherrschaft zu erheben. Sie hätten nichts zu befürchten, der Kommandant sei verjagt. Die Wachleute sehnten sich nach einem normalen Leben mit ihren Familien, aber ihre Furcht vor dem Kommandanten saß tief, und sie waren darauf gedrillt, seinen Befehlen zu gehorchen. Wo war er? Hatte der Spuk der schwarzen Katze ihn verschlungen? Wenn sie auf Nzé hörten und der Kommandant zurückkam, würden sie im Brunnen der Krokodile enden. Sie glaubten nicht daran, dass Königin Nana-Asante am Leben war, und selbst wenn sie es wäre, würde sich ihre Macht nicht mit der Mbembelés messen können.
    Die Pygmäen, die nun wieder alle beisammen waren, hielten den Augenblick für gekommen, in den Wald zurückzukehren, den sie fortan nie mehr verlassen wollten. Beyé-Dokou streifte sein gelbes T-Shirt über, nahm seinen Speer und trat zu Alex, um ihm das Amulett zurückzugeben, das ihn, wie er glaubte, vor Mbembelés mörderischen Fäusten bewahrt hatte. Auch die übrigen Jäger verabschiedeten sich von diesem machtvollen Freund mit dem Geist eines Leoparden, und sie wirkten tief bewegt, denn es war ein Abschied für immer. Alex hielt sie zurück. Sie dürften noch nicht gehen, sagte er. Selbst im tiefsten Dickicht, in dem außer ihnen kein Mensch überleben konnte, wären sie nicht in Sicherheit. Flucht war keine Lösung, denn irgendwann würden sie doch aufgespürt oder selbst einer Verbindung zum Rest der Welt bedürfen. Sie mussten die Sklaverei ein für alle Mal beenden und wie früher freundschaftlich mit den Bewohnern von Ngoubézusammenleben, und dafür musste man Mbembelés Macht endgültig brechen und ihn samt seinen Soldaten aus der Gegend vertreiben.
    Unterdessen war für Kosongos Ehefrauen, die seit ihrem vierzehnten oder fünfzehnten Lebensjahr in den Harem eingesperrt gewesen waren, der Sturz des Königs bereits ausgemachte Sache, und sie genossen in vollen Zügen ihre neue Freiheit. Ohne sich im Geringsten um die ernsten Fragen zu scheren, die den Rest der Bevölkerung in Atem hielten, hatten sie ihr eigenes Freudenfest organisiert: Sie trommelten, sangen und tanzten, streiften sich den Goldschmuck von Armen, Hälsen und Ohren und warfen ihn, toll vor Glück, in die Luft.
    So waren also alle im Dorf beschäftigt, standen in Grüppchen zusammen auf dem Platz, als Sombe in ihre Mitte fegte, gerufen von dunklen Mächten, die alte Ordnung, die Strafen, die Angst wiederherzustellen.
    ~
    Ein Funkenregen wie bei einem Feuerwerk kündete von der Ankunft des schrecklichen Zauberers. Die Menschen auf dem Platz schrien auf. Sombe war seit Monaten nicht im Dorf erschienen, und mancher hatte im Stillen gehofft, er sei vielleicht für immer in die Welt der Dämonen gegangen. Aber da war er, ein Abgesandter der Hölle, beeindruckender und zorniger denn je. Voller Entsetzen wichen die Menschen zurück, und er nahm den Dorfplatz in Besitz.
    Sombe war weit über die Grenzen des Landstrichs bekannt, von Dorf zu Dorf hatte sich die Kunde von seinen Taten in einem großen Teil Afrikas verbreitet. Es hieß, er könne durch Gedanken töten, durch den Hauch seines Atems heilen, die Zukunft lesen, die Naturgewalten bezwingen, Träume beherrschen, die Sterblichen in einen Schlaf ohne Wiederkehr stoßen und mit den Göttern sprechen. Auch behauptete man, er sei unbesiegbar und unsterblich und verwandele sich nach Belieben in jedes Geschöpf des Wassers, der Erde und der Luft. Er drang in die Körper seiner Feinde ein und verschlang sie von innen, trank ihr Blut, pulverisierte ihre Knochen und ließ nichts übrig von ihnen als die Haut, die erdanach mit Asche füllte. So erschuf er Zombies, lebende Tote, deren grausiges Los es war, ihm zu dienen.
    Der Zauberer war hochgewachsen und wirkte durch seine unglaubliche Aufmachung noch gewaltiger. Er trug eine Leopardenmaske, die sein Gesicht verbarg, darüber saß wie ein Hut der Schädel eines Büffels mit mächtigen Hörnern, der seinerseits von einem Bündel Zweige gekrönt wurde, als wüchse ihm ein Baum aus dem Kopf. Um Arme und Beine trug er Gehänge aus Reißzähnen und Klauen von Raubtieren, um den Hals Ketten aus Menschenfingern und um die Hüfte eine Reihe Fetische und Kalebassen mit Zaubertränken. Sein übriger Körper war

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