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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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recht gehabt habe, daß man das gesellschaftliche Leben in den Burgen umwälzen, jedenfalls verjüngen müsse, auf zu erwartende Konflikte mit Katahomenleandraleals Erde ausrichten, und wenn sich sonst niemand bereit fände, weil die andern Burgen beschlossen hätten, die Zeitenwende »bei albernen Spielen zu verbummeln«, dann wollten er und seine Leute jedenfalls ...
    In den südlichen Burgen wurde ein Hintergrundrascheln leiser Paranoia vernehmbar, das von usurpatorischen Gelüsten des Herrn Bogdanov zu wissen glaubte, ihn einen »gefährlichen Emporkömmling« nannte und bereits die Tradition des Weltunterwerfungswahns wiederauferstehen sah, die auf der Erde, so Eon Nagegerg Bourke-Weiß, ein Anführer der Bogdanovgegner, »zu unterschiedlichen Zeiten von Ungeheuern wie Alexander, Cäsar, Rhodes, Hitler und Cyrus Golden« verkörpert worden sei.
    Bis auf den Löwen hielt man die meisten dieser Schreckgespenster für größtenteils mythische Gestalten; bald befaßte sich vornehmlich die Unterhaltungssphäre mit ihnen, wie vormals mit Odysseus, Herakles, Jason und Ödipus.

    Padmasambhava kam in den Netzen dagegen kaum mehr vor, sie schien Helfer zu haben, die ihr Bild löschten und sie abschirmten. Nur daß sie jetzt männlich war, beschäftigte die unseriöseren der Klatschforen ein Weilchen. Lodas Osier nahm das ohne Amüsement wahr. Er sah darin, obwohl Geschlechtswechsel im Burgenleben nicht wesentlich seltener waren als die einseitige Festlegung etwa auf Hetero- oder Homosexualität, einen verspäteten persönlichen Affront, zumal der neue Mann sich nicht Männern, sondern angeblich einer Frau zugewandt hatte.
    »Also muß ich deine Zukunft verhindern, bevor sie anfangen, dir mehr zu glauben, als du es verdienst«, wiederholte Lodas Osier vor dem Splitterbild der Echse, die er geliebt hatte, seinen verrückten neuen Eid.
    Dann fuhr er fort: »Du gehst abgewandt von uns durch unsere Burgen, verhüllst dich, als littest du, aber du leidest nicht. Du bist Gift, und ich muß dich aus der Wunde saugen, die du uns zugefügt hast.«
    Lodas Osier hatte nämlich beschlossen, daß seine Schuld war, was geschah.
    Er wollte Buße tun, und das erforderte, daß er Padmasambhava und sich selbst beseitigte. Also begann er, eine Höllenmaschine zu bauen.

    Später, als die gezündet worden war und die marsianischen Kommunikationskanäle monatelang von nichts anderem so sehr summten und glühten wie von den Auseinandersetzungen darum, wie er sie gebastelt und woher er die Rohmaterialien beschafft haben mochte, fand Sankt Oswald für die ästhetische Bewertung der Angelegenheit durchaus treffende Worte: »Das war, was die Alten eine herausragende Performance genannt haben würden. Kinder, eine Parton-Bombe, darauf muß man erst mal kommen – virtuelle Teilchen, Fluktuationen aus Quarks, Antiquarks und Gluonen, und dann in einer Art Judo ... ganz abgesehen vom optomechanischen Auslöser: ein Kopf, der sozusagen ... hochgeht, wenn er Padmasambhava die Straße runterstrolchen sieht, was für ein Gleichnis auf die Macht der Eifersucht. Was da explodiert ist, war die pure Ranküne – und es steckte nicht sehr viel weniger Verstand drin als in der Befreiung. Muß man sich mal vorstellen – dieselbe Menge Denkschmalz, der eine schafft ein neues biologisches und moralisches Universum, der andere will bloß seiner Ex eine reinhauen. Was Intelligenz doch für putzige Formen annehmen kann. Ich komme aus dem Staunen nicht heraus.«
    »Dann bleib halt drin, du Seppel«, maulte Cola.
6. Du hast mich gerettet
    Cordula Späth hatte jetzt mehr Zeit für ihren Schützling.
    Padmasambhava kam bald der Verdacht, daß diese neue Zuwendung auf etwas wie einen Abschied hinauswollte.
    Den Morgen des Tages, als es krachte, verbrachten sie gemeinsam.
    Sie hatten schon die Nacht über beieinandergelegen, mal träge vögelnd, dann in matt glücklichen Umarmungen, gehalten beiderseits von sehr viel Liebe. Am Morgen gingen sie ins große Bad der Burg II, wo neuerdings auch Wohnen möglich war. Die das taten, nannten sich Meerjungfrauen oder Poseiniden und waren fischverwandt aus Überzeugung.
    Cordula und Padmasambhava schwammen mit ihnen, bis sie alle Lieder kannten, die es dort gab.
    Dann gingen sie, nicht abgetrocknet, raus an die Sonne, auf eine große blaue Wiese.
    Padmasambhava erkannte den Verrückten gleich, als er sich, aus einem Gebüsch tretend wie ein alberner Räuber, ihnen näherte, die rasierten Arme ausgebreitet, um wen eigentlich zu

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