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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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seit der Befreiung im Sonnensystem rumkrauchen. Das bedeutet aber wieder nicht, daß nicht irgendwo noch ein paar Käfer krabbeln oder Lurche schnorcheln, in die du keinen Zutritt hast ähm ... zu denen du keinen Zugang findest, weil ein sozusagen rezessives Gesamtgenom sich in der betreffenden Nische irgendwie gehalten hat. Und in die Vergangenheit wirst du auf diese Weise, als purer Datenstrom, auch nicht ohne weiteres reisen können, denn die Tiere, und sowieso Pflanzen, die damals, also vor dem Löwen, existiert haben, sind nicht mit den Pfaden versorgt, die du bereisen könntest.«
    »Aber die Architekturen hat man zunächst in der Naturgeschichte gefunden, bevor man ...«
    »Nein, siehst du, es war ein klassischer Dreischritt: Man hatte zunächst die Vorstellung, daß man das Prinzip ›Gebäude als Metapher für Erinnerung‹ auch auf die Anlage eines Gesamtbewußtseins übertragen kann. Methode der Loci, ars memoriae – eine mittelalterliche Mnemotechnik.«
    »Mittel ... während der Gente?«
    »Nein, entschuldige, ich drücke mich immer noch menschlich aus ... das war im zweiten Drittel der Langeweile. Die Menschen hatten manchmal Schwierigkeiten damit, daß sie so gute Geschichtenerzähler waren. Da mußte dann, damit der Erzählbrei nicht auseinanderlief, ein bißchen mehr Statik rein, oder Stärke, Rückgrat, Gerüst – wie du merkst, bin ich ihnen immer noch verbunden, vielleicht, weil ich die Menschenform so lange bewohnt habe, daß ich wirklich nicht mehr migrieren will. Geschichten: Das ist immer zwischen Skylla und Charybdis, denn jede wirklich gute Geschichte muß sehr persönlich sein – also gibt es keine universalen Regeln – und gleichzeitig um subjektübergreifende Geltung bemüht, um Zuhörer zu finden, ohne die eine Geschichte keine Geschichte ist. Sie machten sich ihre Köpfe zu Kathedralen, Palästen, in denen jede Erinnerung ihren Ort hatte. Als nun gegen Ende der Langeweile das Prinzip der computationalen Äquivalenz entdeckt wurde – weniger geschwollen: daß der öde Dualismus, hier Geist, dort Natur, ein reiner Blödsinn gewesen war, weil man sowohl Bewußtseins- wie Naturvorgänge einfach als das Ablaufen von Programmen beschreiben kann, als Rechenvorgänge im Rahmen gewisser Regeln, da war schon klar, daß man nur noch die, na, ehren wir die Relativitätstheorie, indem wir es Lorentztransformationen nennen – also, die Lorentztransformationen finden mußte zwischen den ... Ebenen. Die allerdings nichts von den sogenannten psychophysischen Gesetzen haben durften, weil man das seit dem anomalen Monismus überwunden hatte – Epiphänomenalismus, Emergenz, das waren alles tastende Versuche gewesen, dem Problem der Verkörperung von sogenannter Intelligenz gerecht zu werden, aber eben immer von der fetischisierten Intelligenz her gedacht statt von der raumzeitlichen Körperlichkeit. Vom Kopf auf die Füße gestellt haben das dann die Gente, die Weissagung wurde erfüllt: Aus der richtigen Epistemologie läßt sich, per Inferenz, tatsächlich die richtige Ontologie schälen – an diesen Punkt gelangte man, als die Setzlingstechnologie erfunden wurde, dank Izquierda, Friede ihrer ...«
    »Und die Keramikaner?«
    »Ah, there's the rub , nicht wahr? Was die alles können, weiß keine und keiner. Nicht mal ich – ich war seither nicht mehr auf der Erde und nur ein Fingerhütchen Zeit in der Zukunft von Mars und Venus, wo sie nicht ...«
    »Aus Selbstbeschränkung? Hast du dir das auferlegt, oder sind die ähm Buchsen der Zukunft ab irgendeinem Zeitpunkt so wenig für deine Stecker geeignet, die Schlösser so unpassend für deine Schlüssel, die Ösen für deine Haken, wie die der Vergangenheit für mich?«
    »Warum findest du das nicht selbst heraus? Ob ich absichtlich nicht ins übernächste Millennium getaucht bin oder ob es nicht geht? Du wirst da ja vermutlich noch around sein, in der, hm, einen oder anderen Form.« Padmasambhava ließ sich nicht ablenken: »Zu den Keramikanern noch mal ...«
    »Wir haben sie nie hinreichend präzise abhören können – nicht mal Livienda und ich, damals im Urwald, Wange an Wange mit Katahomenleandraleal. Katahomenleandraleal und die Keramikaner haben sich aus allem ausgeklinkt, was wir über Kommunikation ... oder Musterprozessierung ... sagen wir, als Oberbegriff: über Musik wußten. Izquierda hat richtig Angst gekriegt, so hatte ich sie noch nie ... Wie war's denn vorher? Die meisten Tiere, die irgendwie in Sozialverbänden lebten, hatten die

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