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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Bevorstehenden mehr als die meisten, und was er um sich sammelte, kontrastierte gar nicht schön mit dem, was insgesamt an Mangel da war, stündlich erzeugt wurde – soweit es mich betrifft, dachte er, weiß ich viel zu gut, was uns bevorsteht: der Golf von Persien, das kaspische Becken, das Südchinesische Meer, das Nilbecken, die Wasserkriege um den Jordan, den Tigris, Euphrat und Indus, die zunehmenden bewaffneten Auseinandersetzungen um Mineralien und Holz ... Wir werden einander ums Nötigste und Einfachste abschlachten; wir werden einander rauben, was wir gemeinsam fördern, technisch aufbereiten, bewahren, durch gleichberechtigte Bevölkerungspolitik vernünftig nutzen könnten.

    »Ein Fuchs«, sagte er.
    »Ja, du solltest ein Fuchs werden. Das Buschige, das wird dir stehen, glaub's mir.«
    Was sie bei diesem Getändel verschwieg und was Ryu sowenig ahnte wie der Löwe, war, daß solche Unterhaltungen, die von seiten der Komponistin scheinbar immer ganz voraussetzungslos und ein bißchen zerstreut initiiert wurden, in Wirklichkeit dem vorsichtigen Abgleich dienten, der strategischen Überprüfung, ob der Tauschhandel noch in Kraft war, denn Cordula Späth wußte genau, daß sie über den Tisch gezogen wurde, mit ihrer vollen Einwilligung allerdings: Unsterblichkeit und alle anderen gimcracks und gadgets , die man ihr zum Luxus überließ, wogen in tausend Jahren nicht auf, was sie ins Projekt investierte.
    »Ein Fuchs, hübsch. Und du?« Er hatte nicht vor, jemals einen der Bälle zu fangen, die sie ihm herüberwarf; alles mußte sofort zurückgespielt werden.
    »Ich?«
    »Ja. Was wirst du? Eine Eule, eine Ratte, ein Haifisch?« Er fand sich geistreich, das war seine Achillesferse und würde es noch durch die nächsten anderthalb Jahrtausende bleiben.
    »Nee, ich hab mir was Ehrgeizigeres vorgenommen: Ich glaub, ich werde zur Abwechslung mal was, das die Welt noch nicht gesehen hat. Ein freier Mensch.«

XVIII.
PARADISO
1. Rosen im Wald
    Die beiden kamen zu sich im dornig Ausgeheckten.
    Da waren Stacheln und Ranken, beides tat weh.
    Sie hatten erwartet, auf einem freien Platz wie dem, den sie verlassen hatten, die Erde zu betreten. Von Freiheit keine Spur, nicht einmal richtiges Licht, nur Splitter davon. Ein betäubend intensiver Geruch von Rosen drang auf Feuer ein, nicht allein in die Nase, auch als Geschmack im Mund; sie atmete hastig und sackte zappelnd ab in Blüten, Zentifolien, wo Sanftes ihre Wangen und Hüften berührte; sie wand sich und stieß gegen Knäuel wie aus Stacheldraht, zog sich Verletzungen zu, fluchte: »Scheißdreck, was, wo ist denn was hier?«
    Padmasambhava antwortete nicht, weil er keine Antwort wußte: Wo war denn was hier? Alles allseits.
    Er versuchte, die eigene Beengung zu überwinden, indem er sich die Haken und Stacheln wegdachte, die an seiner Haut herumrissen, wann immer er sich drehte, rührte. Er faßte kratzend, scharrend nach unten, wo Mauerwerk war, bemoost, ganz grob und dunkelgrün. Aber er konnte das Dickicht nicht fortwünschen; es war dem Befehl nicht gehorsam, weil es über den Zugriff seines Kopfes auf die Techniken, die der von Cordula Späth erfahren hatte, irgendwie hinausreichte, um eine Ecke im Raum oder zwei, in eine höhere Region.

    Richtig, die Ursprungswelt, die zu zahlreichen Dimensionen: Diesen Garten, diesen Rosenhag hatten wohl Keramikaner angelegt, auf Geheiß ihrer kalten Göttin.
    Padmasambhava hörte, wie sich Feuer in den Schlingen und Dornenreißverschlüssen verstrickte, wie sie kämpfte, spuckte, leise aufschrie. Er nahm sich, den ersten Schrecken bezwingend, fest vor, den Kopf nicht zu verlieren: Gut, ich kann das hier nicht zerstäuben wie die falschen Affen auf dem Mars, aber den Gesetzen der Physik und Chemie muß es gehorchen wie alles andere, das in die Erfahrung hineinreicht. Also werd ich's verbrennen können. »Feuer? Schwester? Wieviel Hitze verträgst du?« rief er hinüber. Die immer noch Kämpfende lachte grimmig: Selbstredend, sollte das heißen, sehr viel.
    Wir wissen solche Sachen sowieso voneinander, dachte Padmasambhava, überrascht und erfreut, und warum? Weil wir nicht nur je wir selbst sind, sondern irgendwie auch noch die und der andere.
    Wir sind einander; falls dieser Satz so geht – er spürte, wie die alten Flügel zuckten, sich auseinanderfalten wollten, und wie die Krallen endlich Halt fanden an der Mauer unter ihm. Er wurde wärmer, aus Willensanstrengung. Bald glühte er, und dann glühten auch Gestrüpp und

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