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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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geblieben, autonom, autotom, und ich hatte ein Keyboard. Als Kopfkissen sozusagen.«
    »Wache Pfoten. Achthundert subjektive astronomische Äonen lang ... von Milch ernährt und ... wache Pfoten.« Der Frosch war fassungslos. Wenn es nicht gegen jede Art Anstand, in der er je unterrichtet worden war, verstoßen hätte, wäre er zu Boden gesunken, hätte sich auf den Rücken gedreht, mit den Gliedmaßen gezappelt und Dmitri als einen gentilgewordenen Gott angebetet.
    Der schloß wegwerfend: »Keine große Sache. Ich war ja schon beim Reingehen in den Innenraum schnell und wurde drinnen immer schneller. Hab dann, wie die Menschen sagen, mein Pferdchen gesattelt, ohne die Sicherungen, und bin wieder raus.«
    »Das Schiff ...«
    »Ja, der Tanker, ich weiß schon, der hätte in der Zwischenzeit zerstört werden können. Leckgeschlagen, abgesoffen, Feierabend. Das Risiko war ich eingegangen. Als ich wieder rauskam, aus dem Tankerbauch, war ...«
    »Der Hafen? Der brennende Hafen?«
    »Schutt und Asche«, sagte der Wolf, »nichts als rauchende Ruinen«; und kippte sein Glas hinunter, als wäre nur Wasser drin.

    Weil es dazu nicht viel zu sagen gab, versank der Stromfrosch auf ein Weilchen in andächtiges Schweigen.
    Der Wolf wandte sich wieder dem Schwingspiegel zu. Auf die Zandererklärung folgten soeben Nachrichten und Kommentare. Der Frosch fand im Berichteten ein neues Thema: »Glaubst du das alles? Diese Geschichte vom Dschungel, von den Keramikungeheuern, von ... Katahomen ... leandraleal?«
    Dmitri zog die rechte Braue hoch. Der Stromfrosch, doch kein Blödian, verstand genau, was das bedeuten sollte, und hätte also brav geschwiegen, wenn nicht in diesem Augenblick eine Zusammenfassung der Worte von Westfahl Sophokles Gaeta gebracht worden wäre, samt einer Ausdeutung per Laufband, wie wohl Polyarchen, Dachse und Libertäre darauf reagieren würden.
    »Also ... ich weiß ja nicht«, sagte der Barkeeper säuerlich, »man sollte manchmal fast glauben, die Befreiung wär vergessen. Libertäre? Polyarchen? Das sind Decknamen für eine antileonische Fronde, ich trau bloß Georgescu ...« Ehe Dmitri etwas erwidern konnte, mischte sich eine neue Stimme ein: »Läuft der Zanderzirkus immer noch? Entkommt man dem Unsinn denn nirgends?«

    Die Stimme war weiblich.
    Dmitri Stepanowitsch drehte sich nicht nach ihr um, nicht obwohl, sondern gerade weil er sofort die schönste Neugier verspürte. Der Stromfrosch dagegen blies sich auf: »Was wollen Sie? Immerhin ist das dort die für alle Gente wichtigste ...«
    »Was ich will, ist ein gutes Obstwasser, das mir den Rachen säubert und mich vergessen läßt, was Gente sind, was Fische, was Frösche«, sagte die Fremde und rieb sich, als sie auf einem der weinroten Barhocker Platz nahm, riskant an der Flanke des Wolfs. Sie roch ganz weich, nach bester Bosheit, Dmitri mochte sie sofort gern lieben. Im gekippten echten Spiegel, aus altem Glas, überm Schatzkästlein mit den geistigen Getränken, sah der Wolf aus den Augenwinkeln die Reflexion eines seltenen Wesens: luchsisch, katzig, er tippte auf eine rezente Modifikation nahe am Lynchailurus. Die Augen aber waren die eines Reptils, und dazu paßte auch die lange Zunge, mit der die Geheimnisvolle im Glas, das der Frosch ihr brüsk vors Gesicht knallte, nach der teuersten Verruchtheit leckte, die es in den drei Städten gab.

    »Wenn ihr den Blödsinn ausmacht, oder wenigstens auf Sport umschaltet, geb ich einen aus«, schnurrte die Luchsin. Als niemand drauf einging, wurde sie noch milder: »Ich heiße Clea Dora und bin in diese Stadt gekommen, um mich zu vergnügen. Man hat mich getäuscht. Die Stadt ist sterbensöde.«
    »Wo glaubt man denn, sie wär's nicht? Von woher bist du angereist?« fragte der Wolf, ohne sie anzusehen.
    »Aus dem Orient«, flüsterte die Fremde ihm ins Ohr, »sagt man nicht sowieso, da kommt der Luchs her?«
    »Und der Luxus«, quakte ungefragt der Stromfrosch, noch unsicher, ob die Unterhaltung jetzt lustig werden sollte. »Laß mich doch eben noch dabei zuschaun, wie der Fisch da«, Dmitri Stepanowitsch bewegte den Kopf knapp in Richtung des Schirms, sein schlaustes Lächeln galt bereits der Fremden, »diese naßforschen Ungeheuerlichkeiten gegen den Löwen wieder ein bißchen zurücknimmt und seine Rede versöhnlich ausklingen läßt. Das hab ich vorhin schon so genossen.«
    »Und dann?« fragte Clea Dora.
    »Dann helf ich dir, dich zu vergnügen, und rette den Ruf der Stadt.«
2. Polytope, besser als

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